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October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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»Geht voraus.«
    Sie schlenderten den Pfad hinab zu dem Gemeinschaftsweg, der meine Wohnung mit den Post- und Wäscheräumlichkeiten verband. Ich folgte ihnen mit wenigen Schritten Abstand und behielt sie im Auge. Dabei konzentrierte ich mich dermaßen auf ihre wackelnden Schwänze, dass ich gar nicht bemerkte, als der Pfad von den Wegen abwich, die ich kannte. Ein Zischlaut riss mich aus meiner Konzentration, und ich schaute auf.
    »Oh Mann.«
    Wir standen in einer schmalen Gasse, die ich aus der Gegend um den Golden Gate Park fast erkannt e – fast, aber nicht ganz. Der Raum hatte sich so verzogen, dass gewölbte Krümmungen und geknickte Winkel entstanden waren, wodurch alles irgendwie falsch wirkte. Jedes freie Fleckchen besetzten Katzen, von verwöhnten Haustieren bis zu räudigen Hinterhofkriegern. Etwas, das wie ein Luchs aussah, kauerte im hinteren Bereich der Horde und fauchte mit den anderen. Der Anblick erinnerte mich daran, dass die Größe wenig zählt, wenn man zahlenmäßig unterlegen ist.
    »October.«
    Ich drehte mich um und ließ die Hände in den Hosentaschen, während ich sagte: »Hallo, Tybalt.«
    Der König der Katzen lag ausgestreckt auf einem Matratzenstapel, der die Mündung der Gasse blockierte, zu beiden Seiten flankiert von großen, zornig wirkenden Glückskatzen. Etwa ein Dutzend Cait Sidhe in menschlicher Gestalt lungerten an den Wänden und auf dem Boden rings um ihn herum, in Lumpen gekleidet. Die meisten sahen so aus, als liefen sie nicht oft auf zwei Beinen. Cagney und Lacey mischten sich unters Volk und verschwanden in der Masse, womit sie mir wohl sagen wollten, dass sie mich nun hergebracht und ihre Aufgabe damit erfüllt hatten. Mehr Hilfe würde ich nicht erhalten.
    »Du bist hier«, stellte Tybalt fest, wobei er sich eher belustigt als überrascht anhörte. Durch die Höhe seins »Throns« ragte er über mir auf, was es ihm gestattete, auf mich herabzublicken, ohne dass er oder ich sich den Hals verrenken mussten. Er hatte die Kleider gewechselt und trug nun eine eng anliegende Jeans sowie ein schwarzes Seidenhemd. Gut. Mit etwas Glück hatten sie die alten Kleider noch nicht gewaschen. Die Höflinge rings um ihn beobachteten mich mit Raubtieraugen. Du bist entweder ein Raubtier oder Beute, sprach aus ihren Mienen, und wir werden dich so oder so töten. »Warum bist du hier? Das ist nicht dein Hof.«
    »Dies ist der Hof der Katzen; ich habe offizielle Belange mit seinem König zu erörtern. Das bedeutet Waffenstillstand.«
    »Offizielle Belange?«
    »Ja, offizielle Belange«, bestätigte ich. Ihn auf seinem eigenen Gebiet zu beleidigen könnte das Letzte sein, das ich je tat. »Der Angriff im Par k … «
    Er runzelte die Stirn. »Was ist damit?«
    »Das war kein willkürlicher Überfall. Jemand hat dafür bezahlt, und ich muss in Erfahrung bringen, wer es gewesen ist.«
    »Glaubst du etwa, ich wüsste es?«, fragte er. Ein Raunen ging durch die Menge, tief und gefährlich.
    »Nein. Ich denke, er wusste es.«
    Das brachte ihn offensichtlich zum Nachdenken. Er setzte sich ein wenig auf und richtete all seine Aufmerksamkeit auf mich. »Er ist aber tot, October.«
    »Und ich bin Amandines Tochter. Du weißt, was sie tun konnte.« Ich straffte die Schultern und stellte mich etwas aufrechter hin. Es half, mein Grauen zu verbergen. »Als der Angriff erfolgte, habe ich dir gesagt, dass ich sein Blut brauche. Ich kann damit Antworten finden.«
    »Das würdest du tun?« In Tybalts nach wie vor stirnrunzelnde Miene schlich sich etwas, das an Respekt erinnerte.
    »Ich habe das schon öfter gemacht.« Ich achtete sorgsam darauf, nicht zu erwähnen, wann. Das halbe Königreich schien über Evenings Fluch Bescheid zu wissen. Es war also unnötig, ihn in den Kreis der Wissenden eintreten zu lassen.
    »Ist das sicher?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Nein, ich glaube nicht.« Er erhob sich und ging zum hinteren Ende der Gasse. Die Katzen machten Platz, um ihn hindurchzulassen. Hinter ihm schlossen sich die Ränge wieder. »Ich bin gleich zurück. Warte auf mich.« Als er die tiefsten Schatten erreichte, breitete er die Hände aus, und die Finsternis öffnete sich wie ein Vorhang, sodass er hindurchschreiten und verschwinden konnte.
    Ich beobachtete immer noch die Schatten, als etwas gegen meinen Rücken prallte. Die Wucht schleuderte mich zu Boden, bevor ich reagieren konnte. Die Pistole in meiner Tasche wurde mir so heftig gegen den Oberschenkel gepresst, dass ich wusste, es würde ein

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