October Daye: Winterfluch (German Edition)
einen neuen Job fände, würden an die Stelle der Fae-Probleme deutlich weltlichere Schwierigkeiten treten, und zwar schon sehr bald. Vielleicht konnte ich lernen, mich als Barkeeperin zu betätigen. Die arbeiteten doch nachts, oder?
Der Rosenkobold hockte auf meiner Schulter, als ich den Weg zu meiner Wohnung entlangging. Die Schutzbanne waren nicht neu gewoben worden, als ich sie zuletzt verlassen hatte, vorwiegend deshalb, weil ich da von Manuel und Dare aus der Wohnung getragen wurde. Ich zögerte und überlegte, was mich im Inneren erwarten mochte, dann schloss ich die Tür auf, öffnete sie und schaltete das Wohnzimmerlicht ein. Bloßes Warten beantwortet selten die Frage, was sich unter der Couch versteckt.
Es blieb kaum Zeit, das Chaos zu betrachten, dass vom Angriff des Doppelgängers zurückgeblieben war, bevor zwei zornige braune und cremefarbene Schemen fauchend unter dem Kaffeetisch hervorschnellten. Der Rosenkobold sammelte sich, sprang zu Boden und rasselte mit seinen Dornen. Die Katzen wichen verwirrt zurück und starrten mich missbilligend an. Ich war nicht nur weg gewesen, ich kam auch noch mit eine m … na ja, mit etwas zurück, und dieses Etwas bedrohte sie.
Lachend schloss ich die Tür hinter mir. »Cagney, Lacey, beruhigt euch. Das is t … « Ich verstummte und versuchte, mir einen passenden Namen auszudenken. »Das ist Spike. Er ist hier zu Besuch.« Der Rosenkobold schaute zu mir auf, rasselte abermals mit den Dornen und tschilpte.
Die Katzen ließen sich nicht so einfach beschwichtigen. Jaulend umkreisten sie uns beide. Spike drehte sich im Kreis, folgte ihren Bewegungen und rasselte, wann immer sie ihm zu nahe kamen. »Spike, Mädels, hört jetzt auf damit. Ihr könnt später raufen.« Alle drei hielten inne und wandten sich mir zu. Ich hatte gerade Katzen dazu gebracht zu gehorchen. Wunder gibt es doch immer wieder.
Ich kauerte mich hin, um sie anzusehen, und sie erwiderten meinen Blick sonderbar ruhig. Wenn sie solche Dinge tun, frage ich mich bisweilen, ob sie in Wirklichkeit Cait Sidhe sind, die bei mir eingeschleust wurden, um mich im Auge zu behalte n – doch in diesem Gedankengang lauert der Wahnsinn. Sie sind bloß Katzen, und letztlich kennen alle Katzen dieselben merkwürdigen Pfade.
»Ich muss mit eurem König reden«, erklärte ich. Sie blinzelten mit schimmernden Augen und starrten mich so ausdruckslos an, wie es nur Katzen können. Ich seufzte. »Ich muss zu Tybalt. Ich weiß, dass ihr ihn finden könnt.«
Sie ließen keine Anzeichen erkennen, mich verstanden zu haben. Lacey begann, Cagneys Ohr zu putzen, und ignorierte mich völlig. Spike schaute zwischen den beiden hin und her und rasselte verwirrt mit den Dornen. Ich harrte aus. »Leute, zwingt mich nicht, Druck anzuwenden«, sagte ich. »Ihr wisst doch, dass ihr mich zu ihm bringen müsst, wenn ich es verlange. Ihr könnt den Hof der Katzen finden. Ich kann es euch auch befehlen, aber ich bitte euch lieber darum.«
Die Katzen wechselten einen Blick. Lacey gab ihre Putzbemühungen auf. Katzen mögen vielleicht nicht die klügsten Geschöpfe der Welt sein, aber sie erkennen eine Aufforderung sogar dann, wenn sie von einem Wechselbalg stammt. Katzen und Fae unterhalten eine besondere Beziehung, durch die sie zumindest teilweise in unsere Welt gezogen wurden. Sie wissen durchaus, wann sie um etwas ersucht werden. Die beiden streckten sich, um mir ihr Desinteresse zu verdeutlichen, dann setzten sie sich in Richtung der Tür in Bewegung.
Ich stieß den unbewusst angehaltenen Atem aus. Sie würden mich hinführen. Cagney wartete an der Tür und stieß ein bestimmendes Jaulen aus. Der Tonfall war einfach zu deuten: »Komm mit oder lass es bleiben.« Ich setzte dazu an, den Katzen zu folgen, dann drehte ich mich noch mal um und hob die Pistole unter dem Saum der Vorhänge auf. In meiner Hand fühlte sie sich schwer an, und die Nähe des Eisens darin verursachte ein Brennen, doch jeder Schutz war besser als gar keiner. Und wenn Eisenkugeln nicht mehr genügten, dann war es wohl vorbei.
Spike rasselte. Ich blickte kopfschüttelnd zu ihm zurück. »Bleibst du?« Er rasselte wieder. »Bleib. Halt Wache.« Das schien zu ihm durchzudringen. Er nahm Beobachtungshaltung an und richtete die Augen auf das Fenster. Gut. Eine ganze Woche voll Tod, Eisen und Dämonen, und nun wurde mein Haus auch noch von einem beweglichen Rosenbusch bewacht.
Die Katzen warteten draußen. Ich steckte die Pistole in die Hosentasche und nickte.
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