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October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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Abend zuneigte, war etwas mehr von den Bewohnern des Herzogtums zu sehen. Richtig voll würde es erst bei Einbruch der Nacht werden, wenn noch weitere der Einheimischen erwachten. Vorläufig zeigten sich nur die Faerie-Pendants von »Nachtschwärmern« – jene raren Seelen, die sich für ein Leben am Tag entschieden. Dabei ist Schattenhügel ein guter Ort dafür. Luna bleibt ihrer Gärten wegen tagsüber wach, und Sylvester tut es seiner Frau wegen. Ich erkannte einige der Wichtel, die gerade abstaubten und aufräumten, doch das war schon alles. Wichtel sind ausschließlich Hausgeister und neigen dazu, sich für Generationen an einen Haushalt zu binden. Oft erziehen sie ihre Kinder dazu, sich ihnen dabei anzuschließen.
    Quentin blickte im Gehen stur geradeaus und schenkte der Hausdienerschaft so wenig Beachtung wie der Einrichtung. Ebenfalls ein übliches Merkmal der Ausbildung eines Höflings. Von einem Pagen wird die meiste Zeit über erwartet, dass er sich wie ein lebendiger Einrichtungsgegenstand verhält, und Tische nehmen Sofas nicht wahr.
    Das Schweigen zwischen uns störte mich, also tat ich, was mir ganz natürlich erschien: Ich brach es. »Du lebst hier, oder?«
    »Ja, Mylady. Mein e … meine Eltern haben mich zur Ausbildung bei Herzog und Herzogin Torquill in Pflegschaft gegeben.«
    »Woher stammst du? Dass es Kanada sein muss, merke ich, aber mehr kann ich gar nicht sagen.« Viele Reinblütler verfrachten ihre Kinder an einen hehren Hof, sobald sie stehen können. Das ist aber zu früh, wenn man mich fragt. Fae bringen ihren Kindern bei, Höflinge zu sein, bevor sie sie lehren, eigenständige Personen zu sein.
    Eine Pause entstand, bevor Quentin mit den Schultern zuckte. Die nicht ganz menschlichen Formen seines Körpers ließen die schlichte Geste irgendwie elegant erscheinen. »Meine Eltern haben darum ersucht, mein Heimatlehen nicht zu nennen, weil sie fürchten, dass Fehler, die ich in meiner Jugend unter Umständen begehe, ihre Ehre beflecken könnten.«
    Aua! Anonyme Pflegschaften sind keineswegs beispiellos, aber mir erschienen sie schon immer ein lausiger Weg zu sein, um Kinder loszuwerden, die alt genug geworden waren, um ein Ärgernis zu verkörpern. Normalerweise entledigt man sich auf diese Weise der Wechselbälger, nicht der Reinblütler. »Also, ich bin sicher, du wirst deinen Eltern und ihrem Haus nur Ehre machen.«
    »Das hoffe ich, Mylady.« Er zögerte, bevor er hinzufügte: »Es fühlt sich sehr seltsam an, von zu Hause weg zu sein.«
    Ich versuchte gerade, eine Antwort zu formulieren, als eine Horde kreischender Kinder an uns vorbeirannte und seine Aufmerksamkeit in Beschlag nahm. Es war ein bunt zusammengewürfelter Haufe n – wie meistens bei Fae-Kinder n – , und er bestand fast ausschließlich aus Wechselbälgern, wenngleich in der Mitte des Rudels einige hehre Reinblütler rannten. »He!«, rief Quentin entrüstet. »Kein Laufen in den Gängen!« Ich wandte mich ab und verbarg ein Lächeln hinter vorgehaltener Hand. Ganz gleich, wie elegant und fremdartig er sich auch zu geben versuchte, er war immer noch ein Teenager.
    Der Junge an der Spitze der Gruppe war ein Tylwyth-Teg-Halbblut mit schlammbraunem Haar und Kleidern, die vermutlich älter waren als er selbst. Ohne die Schritte zu verlangsamen, drehte er sich um und streckte Quentin die Zunge heraus. Dann verschwand die Horde um eine Ecke, begleitet von lauten Schreien wie »Peng! Peng! Hab dich getroffen!« und »Nein, hast du gar nicht!«.
    Quentin sah ihnen mit finsterer Miene nach, bevor er die Fassung wiedererlangte. Dann wandte er sich mir zu und sagte: »Tut mir leid, Mylady. Bisweilen werden die Kinder etwas übermütig. Ich verspreche, man wird sie zur Rede stellen.«
    »Schon gut; lass sie ruhig spielen«, gab ich zurück. »Wann hattest du zuletzt Gelegenheit, so herumzutollen?«
    »Mylady?«
    »Ernsthaft. Wann hattest du zuletzt Gelegenheit, einfach nur zu spielen, ohne dir den Kopf über Ehre, Manieren oder dein Aussehen zerbrechen zu müssen?« Ich blieb stehen, lehnte mich an die Wand und beobachtete die Bewohner des Mugels, wie sie durch den Tag schlenderten. Insbesondere jedoch beobachtete ich Quentin. »Wann musstest du dir das letzte Mal keine Gedanken darüber machen, ob deine Freunde Reinblütler oder Wechselbälger sind?«
    Quentin zögerte und wirkte unsicher, ob er überhaupt antworten sollte. Ich zog eine Augenbraue hoch, woraufhin er gestand: »Das ist lange her, Mylady.«
    »Vermisst du dein

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