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October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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aber auch nicht gerade ermutigend«, meinte Sylvester. Sein Tonfall klang so grimmig wie der meine. Aus seinen Augen sprach eine neue Schärfe. Man kann leicht vergessen, dass Sylvester sich das Recht, über Schattenhügel zu herrschen, erworben hat; es war nicht bloß sein Erbe, das ihn auf den Thron brachte. Er war einst ein Held und hat sich alles verdient, was er besitzt. Wenn es eine Bedrohung zu überwinden gilt, verändert er sich, beinah so, als streife er sich eine zweite Haut über, die er die meiste Zeit über vergisst, und wird wieder ein Held. Ein müder, alter Held, der einen Stift statt eines Schwertes schwingt und Paragrafen statt eines weißen Schlachtrosses reitet. Aber trotzdem ist er ein Held. »Ich bin nicht glücklich darüber, dass du dich an Devin gewandt hast, nachdem sie dich rausgeworfen hatte. Du hättest gleich hierherkommen sollen.«
    »Ich war nicht sicher, wie ich empfangen werden würde.«
    »Zweifle nie wieder daran, dass du in meinen Hallen willkommen bis t – und das , Toby, ist ein Befehl.« Die Betonung war subtil, aber bestimmt. Er war mein Lehnsherr. Er befiehlt. Ich gehorche.
    »Ja, Euer Gnaden«, sagte ich und neigte das Haupt.
    »Gut. Also, ich will, dass du dich nach Möglichkeit von der Königin fernhältst; ehrlich gesagt, ich vertraue auch nicht darauf, dass sie sich vernünftig verhält. Komm morgen Vormittag wieder her, damit ich weiß, dass du dich nicht in weitere Schwierigkeiten gebracht has t – verstanden?« Ich nickte. Er fuhr fort. »Es ist ja offensichtlich zu spät, dich davon abzubringen, dich erneut mit Devin einzulassen, aber sei vorsichtig. Ich will nicht miterleben müssen, dass du verletzt wirst.«
    »Ich glaube zwar kaum, dass meine Sicherheit im Augenblick wirklich Priorität hat«, sagte ich und schüttelte den Kopf, bevor ich aufstand, »aber ich werde mich bemühen.«
    »Das ist alles, was ich von dir verlangen kann.« Auch Sylvester erhob sich und setzte dazu an, mich zu umarmen. Ich wich nicht zurück. »Ich schicke die Ritter los, um Erkundigungen einzuholen. Falls sich hier irgendetwas in Erfahrung bringen lässt, werde ich es in Erfahrung bringen. Und falls du Hilfe brauchst, melde dich bei uns. Wir werden für dich da sein.«
    »Ich werde mich melden«, sagte ich.
    Sylvester ließ mich los und musterte mich streng. »Versprich es, Toby.«
    Ich hob die Hände. »Ich verspreche es!«
    Das schien zu genügen, um ihn zufriedenzustellen. Luna stand ebenfalls auf und umarmte mich kurz, ehe sie mich in Richtung der Türen schob. »Wir würden dich den ganzen Tag hierbehalten, wenn wir könnten«, sagte sie. »Aber genau deshalb musst du gehen. Bring zu Ende, was du zu tun hast, und komm dann zu uns zurück.«
    »Ich werde tun, was ich kann«, versprach ich und rang mir ein Lächeln ab, bevor ich mich umdrehte, um zu gehen.
    Quentin stand neben der Tür auf dem Flur und spielte wieder den vollendeten Lakaien. Mehrere Leute harrten einer Audienz, deshalb verließ er seine Stellung nicht, aber er zwinkerte mir zu, als ich an ihm vorbeiging. Ich erübrigte ein verkniffenes, aber erfreutes Lächeln. Er war ein guter Junge, und er lernte. Vielleicht besteht doch noch Hoffnung für uns.
    Da es mittlerweile spät geworden war, füllte ein stetes Rinnsal von Leuten die Gänge, die in gemächlichem Tempo auf den Audienzsaal zuschlenderten. Gut, dass in Faerie Brandschutzinspektoren nicht viel zu sagen haben: Wenn der Verkehr auch nicht so dicht war, dass er mich auf dem Weg zum Ausgang behinderte, so hätte er eine Evakuierung doch durchaus erschwert. Die meisten Leute, an denen ich vorbeimarschierte, bedachten mich mit kauzigen Blicken, weil ich gegen den Strom ging, wenngleich mir eine zerbrechlich wirkende, in eine Wandnische eingekeilte Gwragen ein verschwörerisches Lächeln schenkte, als ich sie passierte. Ich vermute, sie dachte, eine verwandte Seele gefunden zu haben, noch jemanden, der nur weg von der Menge wollte. In gewisser Weise hatte sie damit auch recht, obwohl mein Bestreben auf Dringlichkeit beruhte, weniger auf dem Gwragen eigenen Widerwillen, sich in gesellschaftlichen Feinheiten zu verfangen. Ich erwiderte ihr Lächeln, lief weiter und eilte den letzten Abschnitt des Flurs entlang zum Hinterausgang des Mugels.
    Das Licht des späten Nachmittags blendete mich kurz, als ich zurück in die Welt der Sterblichen trat. Ich hob einen Arm, um die Augen abzuschirmen, und wartete, bis sich die Helligkeit legte. Anschließend sah ich mich um und

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