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October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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Cait Sidhe verlieben sich nicht oft. Meist geben sie sich kurzen, heißen Affären hin, die für beide Seiten nichts bedeuten, und vor allem verlieben sie sich nie in Wechselbälger, wenn es sich vermeiden lässt. So ist es einfacher. Sich in jemanden zu verlieben, der altert und stirbt, während man selbst ewig lebt, ist kein Überlebenstrieb, deshalb haben die Cait Sidhe gelernt, Abstand zu wahre n … doch das bedeutet auch, dass sie sich umso inniger verlieben, wenn es passiert. Julie ist nur zur Hälfte Cait Sidhe, und ich habe noch nie erlebt, dass sie jemanden so ansah wie diesen Ross. Ich musterte ihn mit etwas mehr Interesse und versuchte herauszufinden, woher sein Fae-Blut stammte.
    Er musste an Blicke dieser Art gewöhnt sein, denn er lächelte und verriet: »Der Vater meiner Mutter war ein Roane.«
    »Oh, ich verstehe«, gab ich zurück. Roane sind freundlichere Verwandte der Selkies. Sie neigen nicht so sehr zu Rachsucht, und ihre Magie ist angebore n – wie die Cait Sidhe sind sie Gestaltwandler, keine Hautwandler wie die Selkies.
    Julie ließ ein weiteres Grinsen in meine Richtung aufblitzen. »Das ist mein Mann.«
    »Das ist schön«, sagte ich. Das Licht wurde heller, als wir uns der Straße näherten, wo mein Taxi hoffentlich noch wartete. Ich wollte nach Hause, fünf Liter Orangensaft trinken und etwas essen, bevor ich anfing, Leute anzurufen, um sie wissen zu lassen, dass ich noch lebte. Ich verzog das Gesicht. Sylvester musste in einem Zustand äußerster Panik sein, und Devin erging es wahrscheinlich kaum besser.
    Hinter uns knackte ein Zweig. Ich drehte mich herum und zuckte zusammen, als der Verband an meiner Schulter die Ränder der noch frischen Schussverletzung zusammenzog. Da war aber niemand. Ich verharrte einen Augenblick, bevor ich mich meiner verwirrten Eskorte zuwandte. Die Zeit nutzte ich sowohl, um zu Atem zu kommen, als auch, um die Dunkelheit nach möglichen Gefahren abzusuchen.
    Julie blickte belustigt drein, Ross hingegen wirkte verängstigt. Ich versuchte, ihn zu beruhigen und sagte: »Ich bin bloß etwas nervös.«
    »Ich rieche zwar nichts«, erklärte Julie, »aber der Wind weht auch von uns weg. Ich glaube nicht, dass wir verfolgt werden.« Beunruhigt sah Ross sie an, und der getigerte Wechselbalg lächelte. »Schon gut, Schätzchen, uns passiert nichts. Du hast ja mich und Tobes bei dir. Was könnte da schon geschehen?«
    Man soll das Schicksal nie herausfordern. So etwas nimmt es sehr ernst. Ich setzte dazu an, mich umzudrehen, als der zweite Zweig knackt e – diesmal viel, viel näher. Doch ich wusste bereits, dass ich nicht schnell genug sein würde. Man ist nie schnell genug, wenn die Gefahr echt ist.
    Der Schuss hörte sich wie ein Donnerschlag an.
    Ross brüllte. Ich sah nicht zurück, auch nicht, als Julie zu knurren anfing wie der Tiger, der sie gern gewesen wäre. Ich hatte keine Zeit, mir um die beiden Sorgen zu machen; ich hatte überhaupt kaum Zeit zu reagieren. Mir war bereits klar, was geschehen sein musste, und noch während ich mich duckte und den zweiten Schuss über mich hinwegpfeifen ließ, schalt ich mich eine Närrin. Der Powrie, der zuvor versucht hatte, mich umzubringen, hatte gesehen, wie ich in den Bus gestiegen war. Danach brauchte er der Spur nur bis zu Lilys Tür zu folgen und zu warten, bis ich wieder herauskäme. Wir waren mitten in seine Falle getappt.
    Er stand mit gezückter Pistole auf dem offenen Gelände zwischen uns und der tiefer gelegenen Straße. Dichter Nebel wirbelte um seine Knöchel. Knapp zwei Meter Bösartigkeit, aus Muskeln bestehend und mit grinsenden Haifischzähnen bestückt, hätten mich auch ohne Pistole eingeschüchter t … aber dass er sie hatte, stufte ihn definitiv von »mögliche Bedrohung« auf »wahrscheinliche Todesursache« höher.
    Ich stand wie erstarrt da und überlegte krampfhaft, was ich tun sollte, als Julie knurrend über meinen Kopf hinweghechtete und in der Luft eine Drehung vollführte, um ihn mit den Füßen voraus in die Brust zu treffen. Er wankte nach hinten und schlug sie wie eine Hauskatze beiseite. Immer noch knurrend landete sie auf dem Boden, sprang wieder auf die Füße und blickte mich an. Ich erkannte den Wink, als ich ihn sah. Als wir noch für Devin arbeiteten, hatten Julie und ich Seite an Seite gekämpft, und wir waren sogar ziemlich gut darin gewesen. Ich wusste, wie sie sich bewegen würde. Sie wiederum wusste, dass ich ausweichen würde. Wechselmannschaftstaktiken sind die beste

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