Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Plastikbeutel und gefroren, aber ich halte es trotzdem kaum aus, mir sofort die Hände zu desinfizieren. Das werde ich jedoch nicht tun.«
    »Sie wollen doch nicht etwa einen kalten Entzug machen?«
    »Nein, nein. Ich werde es mir ganz allmählich abgewöhnen. Ich hatte einen Bruder, der heroinsüchtig war und einen kalten Entzug gemacht hat. Das war fürchterlich.«
    »Ich weiß, Sir. Der junge Anthony Perkins.«
    »Diese Erfahrung hat ihn dermaßen ruiniert, dass er später die Kleider seiner Mutter getragen und Leute mit dem Messer abgestochen hat. Deshalb werde ich meinen Gebrauch von Desinfektionsgel reduzieren, ohne ein solches Schicksal zu riskieren.«
    Er grinste, und ich auch.
    »Pass gut auf dich auf, Junge!«
    »Das tue ich, Sir. Sie auch.«
    Ich ging auf die Tür zu.
    »Odd?«
    Ich drehte mich um.
    »Wir hatten viel Spaß miteinander diesen Monat, nicht wahr?«
    »Ja, Sir. Ganz bestimmt.«
    »Gut. Sehr gut. Ich hatte gehofft, dass du das auch so empfindest.«
    »Die Welt ist heutzutage oft recht düster, Sir, aber nicht hier in diesem Haus. Es war ein Vergnügen, für Sie zu arbeiten. Sie kennenlernen zu dürfen.«
    Als ich die Tür öffnete, sagte er. »Junge?«
    Wieder sah ich mich um.
    »Wie wäre es mit … einer Umarmung?«
    Ich stellte den rosa Geschenkbeutel auf den Boden und ging zu ihm. Seine Körpergröße und die starke Ausstrahlung,
die er im Leben ebenso besaß wie früher auf der Leinwand, verschleierten seine Gebrechlichkeit.
    Als er sich wieder gefasst hatte, fragte er: »Erinnerst du dich an den Sohn, den ich im Krieg verloren habe?«
    »Sie meinen Jamie, den Sohn, den Sie nie hatten.«
    »Ja, genau den. Also, wenn ich eine Frau namens Corrina geheiratet hätte und wir einen Sohn namens Jamie bekommen hätten und ich den im Krieg verloren hätte, dann weiß ich jetzt irgendwie, wie sich das angefühlt hätte.«
    Er hatte mich mit vielem überrascht. Nun war ich von mir selbst überrascht, weil ich unfähig war, etwas zu erwidern.
    Erst als ich wieder an der Tür stand und den Beutel mit dem Geld aufgehoben hatte, brachte ich heraus: »Ich werde ganz fest versuchen, eines Tages wiederzukommen, Sir.«
    »Jeder nennt mich Hutch.«
    »Ja, Sir. Ich werde versuchen wiederzukommen, und wenn das klappt, dann gehen wir gemeinsam in einen Secondhandladen.«
    Er biss sich auf die Lippen und nickte. »Tja. Also, dann. Ich werde mir jetzt einen Keks nehmen.«
    »Essen Sie auch einen für mich.«
    »Großartig! Ja, das werde ich bestimmt tun. Ich nehme mir zwei.«
    Ich trat hinaus und schloss die Tür.
    Da ich nicht sofort weitergehen konnte, blieb ich ein paar Sekunden lang stehen, unendlich dankbar dafür, dass es in meinem Leben trotz all seiner Schrecken immer wieder wirklich schöne Augenblicke gab.

43
    Die Ledertasche mit den vier Bombenzündern war so schwer geworden, dass ich meine ganze Kraft und Entschlossenheit brauchte, um sie in die Garage zu schleppen und im Kofferraum des Mercedes zu verstauen.
    Ich öffnete den Reißverschluss und sah im Licht der Kofferraumbeleuchtung, dass die Tasche nicht mehr enthielt, als ich an Bord des Bootes hineingetan hatte.
    Während ich losfuhr, verließ ich mich darauf, dass meine magnetischen Fähigkeiten mich ohne einen größeren Blechschaden durch den Nebel leiteten und zu einem Münzfernsprecher führten.
    Auf diesen Straßen, die mir ebenso geheimnisvoll wie verschleiert vorkamen, fuhr womöglich Hoss Shackett durch die Gegend, voller Verzweiflung und Zorn. Entweder hoffte er, doch noch den Plan zur Zerstörung von vier Städten zu verwirklichen, oder er floh vor dem Arm der Justiz - oder er suchte nach demjenigen, der ihm Sand ins Getriebe gestreut hatte.
    Der Sandstreuer, der eine äußerst lebhafte Fantasie besaß, machte sich unweigerlich Sorgen wegen des Chiefs, denn er war sich definitiv im Klaren, dass eine eventuelle Begegnung nicht mit Hoss Shackett dem Netten stattfinden würde, sondern mit jenem Hoss Shackett, der kleine Kätzchen fraß und sich anschließend mit deren Knochen in den Zähnen herumstocherte.

    Der Nachteil meines Magnetismus besteht darin, dass er mich gelegentlich ausgerechnet zu einer Person führt, der ich lieber ausweichen würde. Das liegt daran, dass jede Anstrengung, die betreffende Person aus meinen Gedanken zu verbannen, von meiner Sorge zunichtegemacht wird, doch auf sie zu treffen. Selbst wenn es mir gelingt, sie aus dem Bewusstsein zu verdrängen, grübelt das heimtückische Unterbewusste weiter über sie nach.

Weitere Kostenlose Bücher