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Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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eine furiose Darstellung geliefert. Die Schauspielerei ist ein herrlicher Beruf, Junge. Wenn man genügend Zeit damit verbringen kann, andere Leute zu spielen, dann muss man nicht zu viel über seinen eigenen Charakter und seine Motive nachdenken.«
    »Um meine Haut zu retten, musste ich heute auch jemand anders sein. Ich habe mich Harry Lime genannt.«
    »Ganz schön mutig! Schließlich bist du kein Orson Welles, junger Mann.«
    »Da möchte ich nicht widersprechen.«
    »Fast hätte ich die Hauptrolle in Der dritte Mann bekommen, aber ich kann es Joseph Cotten nicht übelnehmen, dass er mich ausgestochen hat. Er war großartig.«
    Ich setzte mich auf den Fußschemel. »Mr. Hutchison …«
    »Sag Hutch zu mir. Das tut jeder.«
    »Ja, Sir. Also, wie Sie wissen, bin ich hier nicht mit einem großen Koffer angekommen …«
    Er beugte sich vor. »Gleich morgen gehen wir in einen Secondhandladen und kaufen ordentlich was für dich ein!«, sagte er mit funkelnden Augen. »Seit wir vorhin darüber gesprochen haben, bin ich ganz begeistert von der Idee.«
    »Äh, tja, darauf wollte ich eigentlich nicht hinaus. Ich gehe jetzt rauf, um mir ein sauberes Sweatshirt anzuziehen. Und ich hab’s derart eilig, dass ich hoffe, es macht Ihnen nicht allzu viel aus, meine anderen Sachen zu entsorgen.«
    Er begriff, ohne richtig begreifen zu wollen. »Was für eine merkwürdige Bitte«, sagte er.

    »Ich muss noch heute Nacht weg von hier.«
    »Aber weshalb?« Er hob die Hand, mit der er damals Deborah Kerr gehalten hatte. »Ach, ich weiß schon. Der große Klotz mit Kinnbart oder der rothaarige Kerl mit den schlechten Zähnen. Soll das heißen, dass ihr eure Meinungsverschiedenheiten nicht beilegen konntet?«
    »Nicht ganz, Sir.«
    »Und jetzt begibst du dich auf die Flucht.«
    »Genau.«
    »Ich war auch einmal auf der Flucht.«
    »Erbarmungslos verfolgt von Henry Fonda«, sekundierte ich.
    »Erbarmungslos, aber lässig, wie Henry eben war. Ich glaube, es wäre besser gewesen, wenn er mich niedergeknallt hätte.«
    »Aber Sie waren unschuldig!«
    »Ja, aber manchmal sterben auch die Unschuldigen. Gelegentlich hat das Publikum was Tragisches ganz gern.« Er runzelte die Stirn. »Junge, du bist mit einer einzigen Reisetasche hier angekommen, und jetzt gehst du und nimmst nur die Sachen mit, die du am Leib trägst.«
    »Es reise eben lieber mit leichtem Gepäck.«
    »Achte wenigstens darauf, immer Hosen zu tragen.«
    »Das habe ich vor, Sir.«
    »Sag Hutch zu mir. Das tut jeder. Diese Sachen aus dem Secondhandladen, die du dalässt … sind die mit einer Verpflichtung verbunden?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Wenn man sich in einem solchen Laden einkleidet, die Sachen aber nicht mehr braucht, ist man dann vertraglich verpflichtet, sie an jemanden weiterzugeben, der noch ärmer ist als man selbst?«

    »Ach so. Nein, nein, Sir, Sie können das Zeug einfach in den Abfall werfen.«
    »Dann ist die Sache einfach. Ich dachte, es gäbe vielleicht irgendwelche Regeln, zu denen du dich verpflichtet hättest. Dann würde ich mich nämlich gern daran halten.« Er zog sich den Schal vom Schoß und wollte aufstehen.
    »Noch eines«, sagte ich. »Es tut mir leid, dass ich Sie dar um bitten muss.«
    Niedergeschlagen sank er in den Sessel zurück. »Du willst die restlichen Kekse mitnehmen, die du heute gebacken hast.«
    »Aber nein. Die gehören Ihnen.«
    »Ach, gut. Ausgezeichnet. Wunderbar!«
    »Sir, ich frage mich, ob ich wohl eines Ihrer Autos borgen könnte.«
    »Natürlich. Schließlich bist du ein großartiger Fahrer.«
    »Ich kann es nämlich nicht riskieren, die Stadt mit dem Bus oder dem Zug zu verlassen.«
    »Weil man die öffentlichen Verkehrsmittel überwacht.«
    »Genau. Wenn ich mit Ihrem Auto nach Santa Barbara fahre, kann ich es dort zu Ihrem Neffen bringen, und der könnte dafür sorgen, dass Sie es wiederbekommen.«
    Sorgenvoll runzelte Hutch die Stirn. »Aber was tust du danach?«
    »Das entscheide ich unterwegs. Für mich ist das ganz in Ordnung so.«
    »Hört sich furchtbar an.«
    »Nein, Sir. Es ist abenteuerlich, aber furchtbar ist es nicht.« Ich erhob mich von meinem Schemel. »Jetzt muss ich mich aber wirklich umziehen und dann los.«
    Jedes von Hutchs langen Beinen schien zwei Gelenke zu haben, als er das eine Bein vom anderen nahm und sich erhob.
»Ich warte in der Küche mit dem Autoschlüssel auf dich.«
    »Ach«, sagte ich, »und eine Taschenlampe? Ich brauche nämlich eine. Das wär’s. Um mehr werde ich nicht

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