Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Sakristei befinden musste. Die Tür war abgeschlossen.
    In der Annahme, dass der brave Reverend und seine Frau den tiefen Schlaf der sündenlosen Gläubigen genossen, benutzte ich den Handgriff von Valonias Pistole, um eine der Scheiben eines Sakristeifensters einzuschlagen. Vorsichtig
streckte ich die Hand hindurch, tastete nach dem Griff, öffnete das Fenster und schwang mich hinein.
    Ich knipste die Taschenlampe an, um mich zu orientieren. Dann ging ich durch die offene Tür in den Altarraum.
    Darauf, das Licht im Kirchenschiff anzuschalten, verzichtete ich lieber. Ich hätte damit riskiert, unerwünschte Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, und in diesem Fall war jede Form von Aufmerksamkeit unerwünscht.
    Außerdem reduzierte ich damit meine Beteiligung am Ausstoß von Treibhausgasen. Nachdem es mir bereits gelungen war, die Detonation von vier Atomwaffen zu verhindern, hatte ich wohl genug für meine CO 2 -Bilanz getan, um mein restliches Leben gehörig über die Stränge zu schlagen, falls ich das wollte.
    Die über dem Altar hängende Skulptur von Bibo oder Jesus oder wer weiß wem blickte nicht anklagend auf mich herab, weil sie keine Augen hatte.
    Ich schritt die Stufen des Altarraums hinunter, trat durch das Tor im Geländer und ging zur dritten Bank, wo ich meine Geldbörse und die von Sam Whittle deponiert hatte.
    Mit dem Führerschein des Taschenlampenmanns konnte ich zwar nichts anfangen, aber meiner würde recht praktisch sein, wenn die Verkehrspolizei mich am Steuer von Hutchs Mercedes stoppte und meine Papiere sehen wollte. Deshalb schob ich mir meine Börse in die Gesäßtasche, während ich die von Whittle an Ort und Stelle ließ.
    Als ich in den Mittelgang trat, gingen die Lichter an.
    Im Altarraum stand an der Sakristeitür Chief Hoss Shackett.

44
    Der Chief sah nicht gut aus. Bei dem Tumult im Verhörraum hatte er Abschürfungen an der Stirn, ein blaues Auge und einen Bluterguss erlitten. Letzterer verdunkelte seine gesamte linke Gesichtshälfte. Seine Nase war früher so gerade und stolz gewesen, wie es sich jeder sadistische Terrorsympathisant gewünscht hätte; nun ähnelte sie eher einer mutierten rosa Zucchini. Selbst sein steifer Bürstenhaarschnitt schien verwelkt zu sein.
    Offenbar hatte jemand mein Portemonnaie im Gesangbuchkasten gefunden und messerscharf geschlossen, dass ich es mir wiederholen würde.
    Diese Vermutung erwies sich als falsch, denn der Chief grollte: »Lime. Harry Lime.« Das hieß, er hatte nicht herausbekommen, dass mein Name Odd Thomas lautete.
    Ich steckte mir die Taschenlampe unter den Gürtel. »Guten Abend, Chief«, sagte ich. Auf das vertrauliche Du, das wir vereinbart hatten, verzichtete ich lieber. »Sie sehen gut aus.«
    »Was tust du hier?«, fragte er, fügte vor dem Fragezeichen allerdings noch einen Schimpfnamen ein, der geschmacklos, aber nicht besonders einfallsreich war.
    »Ich habe gehofft«, sagte ich, »dass Sie noch einen Schokoriegel haben. Vorhin habe ich Ihr freundliches Angebot ja leider ausgeschlagen.«

    Humpelnd, um sein linkes Bein zu schonen, machte er zwei Schritte auf mich zu, blieb dann jedoch stehen, als wollte er mir nicht zu nahe kommen. Wir waren gut zehn Meter voneinander entfernt.
    »Was ist aus dem Schiff geworden?«, fragte er.
    »Ist das eine Rätselfrage, Sir?«
    »Was hast du mit ihnen gemacht?«
    »Mit ihnen? Sprechen Sie jetzt von einem oder von zwei Schiffen?«
    »Diesmal, du Klugscheißer, kannst du dir das mit deiner Amnesie schenken!«
    »Was für eine Amnesie, Sir? Da habe ich wohl was vergessen.«
    Sein rechter Arm hatte schlaff heruntergegangen, weshalb ich angenommen hatte, er sei bei der gewaltsamen Begegnung mit Mr. Sinatra in Mitleidenschaft gezogen worden.
    Nun hob er diesen Arm, mit dem er eine furchterregende Schusswaffe hielt. Das Ding sah so groß aus, als könnte es ihm durch sein Gewicht das Handgelenk brechen, und es schwankte leicht in seiner Hand. Ans Ende des Laufs war ein Schalldämpfer geschraubt.
    Ich zog die kleine Pistole, die ich auf der Brücke des Schleppers konfisziert hatte. Auf dese Entfernung hätte ich allerdings ein Scharfschütze sein müssen, um jemanden wie Hoss Shackett mit einer derart zierlichen Waffe einzuschüchtern.
    »Ich brauche diese Atombomben«, sagte der Chief. »Ich brauche sie, und zwar auf der Stelle.«
    »Eine solche Abhängigkeit kann ich nicht unterstützen. Sie sollten lieber eine Entziehungskur machen. Ich kenne da eine gute Klinik, die -«
    »Treib mich nicht zum

Weitere Kostenlose Bücher