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Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Äußersten, Lime! Ich habe nichts zu verlieren.«

    »Ach, Chief, nun untertreiben Sie aber. Sie haben noch viel zu verlieren: Ihre Arroganz, Ihre Selbstgefälligkeit, Ihre Gier, dieses irre Funkeln in den Augen …«
    Als er einen Schuss abgab, kam aus seiner Pistole nur ein gedämpftes Pflopp! , leiser als das Knallen eines Sektkorkens.
    Er hatte wohl vor, mich zu verwunden oder zu töten, doch der Schuss verfehlte weit sein Ziel und schlug in eine der Kirchenbänke zwei Meter links von mir ein. Vielleicht sah er wegen seiner Gesichtsverletzungen alles nur verschwommen.
    Da Hutch es schon für mutig gehalten hatte, mich an die Rolle eines Harry Lime zu wagen, hätte er sehen sollen, wie ich den Chief davon zu überzeugen versuchte, dass ich Superman persönlich war: »Runter mit der Waffe, Shackett! Ich will mit meiner telekinetischen Kraft nicht die Kirche beschädigen, aber wenn Sie mir keine andere Wahl lassen, lege ich los wie vorhin im Verhörraum!«
    Er war so beeindruckt, dass er sorgfältig auf mich zielte und erneut abdrückte.
    Ich duckte mich nicht einmal zur Seite. Einerseits hätte Superman so etwas nie gemacht, weshalb ich meine angeblichen telekinetischen Kräfte damit selbst Lügen gestraft hätte. Und andererseits zielte der Chief so schlecht, dass ich womöglich eher in die Schussbahn geraten wäre als weg davon.
    Aus einer anderen Bank stoben Holzsplitter.
    »Ich gebe Ihnen eine letzte Chance, die Waffe herunterzunehmen«, erklärte ich mit dem Selbstvertrauen des Mannes in blauen Strumpfhosen und einem rotem Umhang.
    »Was im Verhörraum wirklich los war, weiß ich nicht«, sagte Hoss Shackett und kniff die Augen zusammen, während er versuchte, seinen dritten Schuss auf die Reihe zu bekommen. »Aber wenn du die Kraft gehabt hättest, dieses ganze Zeug herumfliegen zu lassen, dann hättest du dich
auch selbst von der Fußfessel befreien können. Das hast du aber nicht getan, du musstest warten, bis ich sie dir abnehme.«
    Ein Superheld hätte auf eine derart platte Argumentation mit einem kurzen, mitleidigen Lachen reagiert, aber dafür hätte ich ein bis zwei Jahre auf der Schauspielschule verbringen müssen. Stattdessen erklärte ich: »Völlig unlogisch. Das würde jedes Kind erkennen.«
    Der dritte Schuss krachte in eine Steinsäule etwa fünfzehn Zentimeter rechts von mir.
    »Jedes Kind, ja?«, knurrte der Chief, während er wieder zielte. »Dann bring das kleine Scheißerchen doch her, damit ich es kaltmachen kann, nachdem ich dich erwischt habe!«
    Als er abdrückte, hörte ich kein Pflopp . Er versuchte es noch einmal, dann ließ er die Waffe sinken und griff nach seinem Munitionsgurt, um nachzuladen.
    Ich sprintete zur Altarschranke, sprang darüber und stürmte die Stufen hoch. Aus einem Abstand von drei bis vier Metern leerte ich das Magazin meiner Damenpistole in Bauch und Brust meines Gegners.
    Die Pistole war gut ausbalanciert und hatte nur wenig Rückstoß, so dass ich die Mündung problemlos daran hindern konnte, nach oben zu zucken. Ein paar Geschosse gingen vielleicht daneben, aber etliche bis sechs schlugen in Shacketts Oberköper ein, das sah ich.
    Der Aufprall ließ den Chief an die Wand zurücktaumeln; sein Körper zuckte bei jedem Treffer. Dennoch brach er nicht zusammen.
    Er stöhnte vor Schmerz, doch ich hatte eigentlich mit einem Schrei und einem letzten Gurgeln gerechnet.
    Mit einer theatralischen Geste, die ich ihm nicht zugetraut hätte, riss der Chief sein Uniformhemd auf, um mir die plattgedrückten
Geschosse zu zeigen, die wie Bleipfützen an seiner kugelsicheren Weste klebten.
    Die sechs Schüsse hatten ihm den Atem geraubt, ihn aber nicht einmal verwundet.
    Das war so unfair.
    Hätte ich gewusst, dass er eine solche Weste trug, so hätte ich auf seinen Kopf gezielt. Den Oberkörper hatte ich genommen, weil er ein wesentlich größeres Ziel darstellte. Einen Kopf konnte man leicht verfehlen, auch aus einer Entfernung von drei bis vier Metern. Das galt besonders, wenn es sich bei dem Schützen um jemanden mit einer ausgeprägten Abneigung gegen Schusswaffen handelte, der in einer extremen Stresssituation eine Spielzeugpistole abfeuerte, die für die Verwendung aus nächster Nähe gedacht war.
    Der Chief hatte ein Ersatzmagazin gefunden. Er nahm das leere aus seinem formidablen Schießgerät.
    Ich ließ meine miserable Knarre fallen, zog mich hastig zurück und sprang über die Altarschranke. Froh darüber, dass ich nicht daran hängen geblieben und kopfüber auf

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