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Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Strand zu bewegen. Falls einer der Rotschöpfe dort auf mich wartete, sollte er eine Weile hören, wie das Schlauchboot weiter nach Norden fuhr. Logischerweise würde er ihm dann entweder folgen oder zum Pier zurückkehren.
    Außerdem stieg vielleicht inzwischen ein Hai, ein wirklich riesiger Hai, ein mutierter Riesenhai von beispielloser Größe aus der Tiefe, um mich mit Haut und Haaren zu verschlingen.
In diesem Fall musste ich mir keine Sorgen mehr um Annamaria, die braven Bürger von Magic Beach und das mögliche Ende der Welt machen.
    Fast mühelos im Auftrieb des Salzwassers schwebend, blickte ich in den formlosen und sich doch ständig verändernden Nebel hinauf. Die einzigen Geräusche waren mein Atem und ein leises Wasserklatschen in den Ohren. Vorläufig hatte ich mich an die Kälte gewöhnt, und solange sie mir nicht bis in die Knochen gedrungen war, kam ich mir vor wie in einem entspannenden Wellnessbecken.
    Da ich durch nichts abgelenkt wurde, wäre dies theoretisch ein idealer Augenblick gewesen, um den Traum von der roten Flut in der Erinnerung noch einmal ablaufen zu lassen und dabei auf bedeutsame Einzelheiten zu achten, die mir bisher nicht aufgefallen waren. Am liebsten wäre mir ein Neonschild gewesen, auf dem Monat, Tag und Stunde der Katastrophe standen, dazu deren exakter Ort und Ablauf.
    Leider funktionieren meine prophetischen Träume nicht so. Ich verstehe selbst nicht, weshalb ich eine Fähigkeit besitze, die mich moralisch verpflichtet, ein vorausgeahntes Unheil zu verhindern - was ich jedoch nicht gezielt tun kann, weil ich die Katastrophe nicht klar genug sehe.
    Da es eigentlich meine Kräfte übersteigt, diesen Verpflichtungen nachzukommen, und da meine paranormalen Erfahrungen meist ziemlich beunruhigend sind, laufe ich Gefahr, unter extremen Stress zu geraten. Deshalb habe ich den Teil meines Lebens, der nichts Übernatürliches an sich hat, stark vereinfacht. So wenig Hab und Gut wie möglich. Keine Verpflichtungen wie etwa eine Wohnungsfinanzierung oder Raten für ein Auto. Ich meide das derzeitige Fernsehprogramm, die derzeitige Politik und die derzeitige Kunst, weil mir das
alles entweder zu hektisch, zu fiebrig und zu albern ist oder zu zornig und bitter.
    Gelegentlich ist mir selbst mein früherer Job als Grillkoch in einem gut besuchten Lokal zu kompliziert geworden. Ich habe dann darüber nachgedacht, ob ich auf eine weniger anspruchsvolle Arbeit im Reifen- oder Schuhhandel ausweichen sollte. In die Tat umgesetzt habe ich das zwar nie, aber wenn mich jemand dafür bezahlen würde, dem Gras beim Wachsen zuzuschauen, dann würde ich das gern tun.
    Ich besitze keine Kleidungsstücke außer T-Shirts, Jeans und - für kühles Wetter - Sweatshirts. Das heißt, ich muss keine Entscheidungen treffen, wie ich mich heute oder morgen anziehe.
    Pläne für die Zukunft habe ich auch nicht. Mein Leben ergibt sich unterwegs.
    Ein Geisterhund ist das perfekte Haustier für mich. Der muss nämlich nicht gefüttert, getränkt und gekämmt werden. Auch Hundehäufchen stellen kein Problem dar.
    Aber zurück zu meinem Traum. Während ich mich durch den Nebel auf den unsichtbaren Strand zutreiben ließ, war ich zuerst tatsächlich nicht in der Lage, der Erinnerung daran neue Einzelheiten zu entlocken. Dann jedoch wurde mir klar, dass Annamaria im Traum nicht dieselben Kleider getragen hatte wie im wirklichen Leben.
    Schwanger war sie dagegen auch im Traum gewesen. Mit rundem Bauch hatte sie über dem leuchtend roten Meer geschwebt, Gewitterwolken hinter sich.
    Ich hatte an einem von flackerndem Licht übergossenen Strand gestanden, während sie mitten in der Luft auf mich zukam, von der Schwerkraft befreit, die Arme vor der Brust gekreuzt, die Augen geschlossen.
    Ich erinnerte mich, dass ihr Gewand sich bewegt hatte. Es
hatte nicht geflattert wie durch die Druckwellen einer Explosion, sondern so, als wäre es bei dem gemächlichen Flug durch die Luft sanft gebläht worden.
    Es war kein normales Kleid und auch kein Mantel gewesen. Voluminös, aber nicht übertrieben. Eine Art Robe, die sie vom Hals bis zu den Handgelenken und Knöcheln einhüllte.
    Ihre Knöchel waren gekreuzt, die Füße nackt.
    Der Stoff des Gewands war weich und glänzend wie Seide und hing in anmutigen Falten herab, doch irgendetwas daran war merkwürdig.
    Merkwürdig - oder außergewöhnlich.
    Ich war mir sicher, dass der Stoff zuerst weiß gewesen war und sich dann verändert hatte. In welche Farbe er sich verwandelt hatte,

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