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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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können, aber man hatte mich gewarnt, das lieber nicht zu tun. Er war sowieso schon zu nah.
    Dann klopfte er mit den Knöcheln gegen die Fensterscheibe.
    Mit der Linken drückte ich auf den Fensterheber, und die Scheibe glitt nach unten. Unter meinem Oberschenkel spürte ich die Messerklinge. Ich suchte mir einen Punkt an seinem Oberkörper aus, direkt unter den Rippen. Aber erst musste ich unbedingt noch etwas in Erfahrung bringen.
    Kaum war das Fenster ganz unten, rückte seine zweite Hand in mein Blickfeld und ließ einen faustgroßen Gegenstand in den Wagen fallen. Als er in meinen Schoß fiel, stellte ich fest, dass er erstaunlich schwer war.
    Ich blickte nach unten.
    Eine Handgranate.
    Ich schnappte nach Luft und versuchte, sie zu packen.
    Doch bevor ich sie zu fassen bekam, detonierte sie.

[home]
    46
    M eine Augenlider waren schwer wie Blei. Ich konnte sie nur mit großer Mühe öffnen, aber sobald ich in das grelle Licht der Deckenlampen blickte, schlossen sie sich reflexartig wieder. Meine Rippen schmerzten. Meine Ohren dröhnten. Meine rechte Wange und meine Lippen fühlten sich an, als wäre die Haut nicht mehr ganz da, wo sie sein sollte. Als ich die Hand heben wollte, um sie an meinen pochenden Schädel zu legen, gehorchte sie mir aus irgendeinem Grunde nicht.
    Langsam, ganz langsam, konnte ich schließlich die Augen doch aufschlagen. Die Neonlampen schienen meine ganze Umgebung auszublenden, aber nachdem ich ein paar Mal geblinzelt hatte, sah ich, dass der Raum an sich schon ziemlich grell war – weiße Fliesen, weiße Wände und dazu ein großer Spiegel, der das Gleißen noch verdoppelte. Abgesehen von einem Stuhl in der Ecke, war das Zimmer leer. Einen Moment lang spielte ich mit dem Gedanken, dass ich mich im göttlichen Wartezimmer befand, aber dann sah ich durch den Spalt der angelehnten Tür das LAPD -Poster hinter einem Schreibtisch.
    Ein Vernehmungszimmer.
    War ich wieder in Polizeigewahrsam?
    Ich lag auf einer Metallbank, und mein rechtes Handgelenk war mit Handschellen an eine in der Wand verschraubte Stange gefesselt. Ich war zu fertig gewesen, um zu merken, dass mich das daran gehindert hatte, den Arm zu bewegen.
    Der Gedanke an Ariana durchzuckte mich, und ich setzte mich auf. Ich hatte ein Gefühl, als würde mir jeden Augenblick der Schädel explodieren. Mein ganzer rechter Arm stach und prickelte wie verrückt. Ich zog mein T-Shirt nach oben und klemmte es mir unters Kinn. Die Haut auf meinem Brustkorb war wund. Im Stehen versuchte ich, mich so weit zu recken, dass ich in den Einwegspiegel schauen und das Ausmaß des Schadens in meinem Gesicht feststellen konnte, doch die Handschellen hinderten mich auf den letzten entscheidenden Zentimetern daran.
    Meine Kehle war zu trocken, als dass ich hätte sprechen können, aber ich versuchte trotzdem, um Hilfe zu krächzen. Niemand kam.
    Ich betrachtete das Zimmer. Es hatte eine dicke Stahltür mit einem Schloss, an das ich nicht rankam. Das weiße Rauschen war nicht nur in meinem Kopf – die Klimaanlage lief auf Hochtouren und recycelte die zimmerwarme Luft. Im angrenzenden Raum zeigte die Uhr neben dem LAPD -Poster sieben Uhr – morgens? abends? –, und in einer durchsichtigen Plastikwanne neben einem überquellenden Posteingangsfach lagen meine Geldbörse, meine Schlüssel und das Einweghandy. Das Futter einer meiner Taschen war nach außen gestülpt.
    Glühend heiß schoss ein Gedanke durch mein benebeltes Gehirn –
Sie ist tot
 –, aber ich wehrte mich innerlich sofort dagegen und flüchtete mich in andere Möglichkeiten. Sie hätten sie freilassen können. Oder vielleicht hatte die Polizei sie gerettet, als sie mich fanden. Ich wollte es so verzweifelt glauben.
    Wenn ich die Handschelle an der Stange mitzog bis zum Anschlag, konnte ich vier Schritte an der Wand entlang machen. Doch auch dann konnte ich nichts anfassen. Nachdem ich ein paar Mal geschluckt hatte, funktionierte immerhin meine Stimme wieder. Ich starrte auf den Einwegspiegel. »Wo bin ich?«, krächzte ich heiserer als Marlon Brando.
    Eine Tür, die ich zuvor gar nicht bemerkt hatte, öffnete und schloss sich wieder, und wenig später kam ein Detective aus dem Nebenzimmer, der seine Dienstmarke um den Hals trug. Er war so breit, dass ich seinen Kollegen fast übersehen hätte, der hinter ihm in den Raum schlüpfte.
    Der Große fuhr sich mit der Hand über die blonden kurzgeschorenen Haare und machte eine routinierte Geste Richtung Spiegel. »Okay, wir haben ihn,

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