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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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eingenickt sein, denn als die Tür wieder aufging, zeigte die Wanduhr über Verrones Schulter Viertel nach acht.
    DeWitt saß hinter einem Schreibtisch im Nebenraum. Den Telefonhörer hatte er in seinem riesigen Deltamuskel eingeklemmt, den Kopf stützte er schwer auf die Hand. Er wirkte gestresst.
    Verrone schnappte sich den Stuhl aus der Ecke und zog ihn heran, so dass er sich direkt vor mich setzen konnte. Ich richtete mich auf und rieb mir die Augen. »Was ist? Haben Sie sie gefunden?«
    Nebenan lehnte DeWitt sich gerade zurück und legte die Füße auf den Tisch. Er hatte Fotos in der Hand, aber ich konnte nur deren Rückseite sehen. Gerade fauchte er ins Telefon: »Das weiß ich, aber wir brauchen einen Psychiater. Und zwar
sofort.
« Verrone warf ihm einen Blick zu, woraufhin DeWitt entschuldigend die Hand hob und sich beruhigte.
    Verrone wandte sich wieder mir zu. Sein Benehmen war völlig verändert. Er beugte sich zu mir vor, als wollte er meine Hand nehmen. Seine Lippen waren vorgeschoben, und zwischen seinen Augen war eine Falte erschienen – aus Mitgefühl oder Sorge. Im Handumdrehen befiel mich die grässlichste Angst.
    »Was ist?«, drängte ich. »Jetzt sagen Sie schon.«
    »Ein Wanderer hat Ihre Frau gefunden …«
    Meine Stimme war belegt und kaum wiederzuerkennen.
»Nein.«
    »… in einem Graben in Fryman Canyon.«
    Völlig unfähig, etwas zu fühlen oder zu denken, starrte ich ihn an. Schließlich sagte ich: »Nein.«
    »Es tut mir leid«, fuhr Verrone fort. »Sie ist tot.«

[home]
    47
    D as Foto, das am Tatort aufgenommen worden war, zitterte in meiner Hand. Es war eine Nahaufnahme von Arianas Gesicht, und obwohl ich den Anblick nicht ertragen konnte, konnte ich auch nicht wegsehen. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Haut hatte einen unnatürlichen Grauton. Ihre dunklen Locken lagen auf toten Zweigen. Da ich mich geweigert hatte, Verrone zu glauben, hatte er mir den Beweis gegeben. Meine Frau. Tot in einem Wassergraben.
    Meine Stimme war dünn und klang, als käme sie aus weiter Ferne. »Wie.«
    Verrone schüttelte den Kopf.
    »Wie.«
    »Man hat ihr in den Hals gestochen.« Ihm war unbehaglich, und er befeuchtete sich nervös die Lippen. »Sie sind natürlich verdächtig, aber ich muss zugeben, dass ich Sie eher für unschuldig halte, zumindest so lange, bis der Todeszeitpunkt feststeht und die Spuren ausgewertet sind.« Er zog an dem Foto, und ich ließ es schließlich los. »Meine Frau war … hm … ich habe sie durch einen betrunkenen Autofahrer verloren. Es gibt nie …« Er lehnte sich zurück und zupfte an seinem Hosenbein. Sein Schnurrbart zuckte. »Es gibt einfach nicht die richtigen Worte, die man in so einer Situation sagen könnte.« Er sah mir in die Augen und neigte den Kopf zum Zeichen seines Respekts. »Es tut mir leid.«
    Doch ich konnte seine Worte kaum aufnehmen. »Aber wir hatten doch gerade erst angefangen …« Ich konnte nur mühsam nach Luft schnappen, »… die Dinge wieder in Ordnung zu bringen zwischen uns.«
    Weiter kam ich nicht. Ich drehte mich zur Wand und presste mir die Fäuste gegen das Gesicht. Ich versuchte, meine Brust, meinen ganzen Körper anzuspannen, mich in einen gefühllosen Stein zu verwandeln. Wenn ich nicht zusammenbrach, wenn ich nicht schluchzte, dann war es auch nicht wahr. Aber dann brach ich zusammen und schluchzte. Und es war wahr.
    Ich beugte mich wieder vor, so dass mein gefesselter Arm lächerlich hinter mir in der Luft hing. Verrone legte mir eine warme Hand auf die Schulter. »Atmen Sie«, sagte er. »Einen Atemzug nach dem andern. Mehr müssen Sie im Moment nicht hinkriegen.«
    »Ich werde sie finden. Verdammt, ich werde sie finden. Holen Sie mich hier raus.«
    »Das werden wir auch. Wir werden die Sache aufklären.«
    Doch ich wusste jetzt schon, dass man Beweise finden würde. Die elektronische Stimme hatte mir den Plan ja schon mitgeteilt:
Sie sind ganz schön in Schwierigkeiten. Vielleicht tun Sie Ihrer Frau ja auch was an.
    »Das war alles nur wegen der CD , die ich ihnen gestohlen habe«, sagte ich. »Eine Scheiß- CD hat sie das Leben gekostet. Wie bin ich bloß auf den Gedanken verfallen, ich könnte …«
    »Wir können das benutzen, um sie zu ködern. Wissen Sie, was auf dieser CD war?«
    »Nein. Keine Ahnung.«
    »Haben Sie sie noch?«
    Meine Tränen tropften auf den Boden und auf Verrones Stiefel. Ich blinzelte den Tränenschleier weg und versuchte, mir darüber klarzuwerden, ob ich gerade richtig sah.
    Ich sah das

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