Oder sie stirbt
Handy, damit ich gleichzeitig durch die Kurven steuern und das Empfangssignal im Auge behalten konnte.
Schließlich erschien zumindest ein einzelner Balken. Erst flackerte er und verschwand, aber dann kam er zurück, und das Freizeichen ertönte. Es klingelte und klingelte, und schließlich …
»Ari!«
»Patrick?«
»Sie sind auf dem Weg zu dir! Sieh zu, dass du so schnell wie möglich aus dem Haus kommst!«
Doch sie konnte mich nicht hören. »Ich komm grade aus der Dusche. Ich hab den Pick-up hinters Haus gefahren, damit du nächstes Mal den benutzen kannst, wenn du einen Wagen brauchst. Also lass den gestohlenen BMW irgendwo stehen. Aber hör mal – du wirst es nicht
glauben,
was ich aus diesen Papierschnipseln zusammengeklebt habe.« Im Hintergrund hörte ich ferne Polizeisirenen. »Bleib mal dran. Das ist echt abgefahren.«
Ich hörte an ihrem Atem, dass sie die Treppe hinunterlief, während das Sirenengeheul immer näher kam.
Inzwischen schrie ich ins Telefon, als wäre nicht der Empfang, sondern die Lautstärke das Problem. »Sie haben in der Nachbarschaft falschen Alarm geschlagen, damit die Paparazzi der Polizei hinterherlaufen und unser Haus aus den Augen lassen. Schnapp dir die Waffe und dann nichts wie raus! Lauf zu den Polizisten! Ari?
Ari?
«
Doch sie hörte mich nicht und fuhr unbekümmert fort: »Die Polizeiautos fahren alle an unserem Haus vorbei, die kommen gar nicht zu uns. Sieht aus, als wär irgendwas bei den Weetmans. Ob sie Mike wohl auch einen Mord an einem Filmstar in die Schuhe geschoben haben?«
Jetzt hatte ich gar keinen Empfang mehr. Ungläubig blickte ich auf das Handy in meiner Hand. Lautes Hupen riss mich aus meiner Starre – ich war auf die Gegenfahrbahn geraten. Ich riss das Lenkrad herum und landete halb auf dem rechten Seitenstreifen, verriss das Steuer noch einmal zur anderen Seite, wo ich erneut über die Mittellinie fuhr und um Haaresbreite einen Maserati gerammt hätte. Schließlich gelang es mir, den BMW wieder auf meine Spur zu lenken, dann schlidderte ich um die nächste regennasse Kurve und war endlich aus dem hügeligsten Streckenabschnitt heraus.
Zwei Balken. Drei.
Ich wählte.
Sie nahm ab. »Hallo. Die Verbindung ist grade unterbrochen worden. Ich wollte grade sagen …«
»Raus aus dem Haus!
Sofort!
Renn auf die Straße, renn dahin, wo die Polizisten sind!«
Da kreischte unser durchdringender Einbruchsalarm los. »Mist! Patrick, hier ist jemand …«
Dröhnendes Fußgetrappel. Ariana ließ das Telefon fallen, und ihr Schrei brach abrupt ab. Eine Sekunde später verstummte auch der Alarm.
Der BMW schrammte weiter über die Straße, Steinchen spritzten auf und erinnerten mich daran, dass ich ein Auto lenken musste. Brennender Schweiß lief mir in die Augen. Ohne zu wissen, was ich sagte, schrie ich weiter ins Telefon.
Am anderen Ende hörte man gedämpfte Anweisungen. »Sie soll sich fertig anziehen, wir können sie ja nicht halbnackt hier rausschleifen. Hey, hör auf zu zappeln, sonst brechen wir dir den Arm. Na los, mach schon.«
Dann hörte ich ein Geräusch, als das Handy vom Boden aufgehoben wurde. Eine ruhige Stimme. Das war Verrone. »Jetzt ist Schluss mit den Spielchen.« Als ich seinen ruhigen Tonfall hörte, kam die Erinnerung an seinen gelbstichigen Teint und den hängenden Bart zurück.
»Tun Sie ihr nicht weh.«
»Wir brauchen die CD .«
»Ich habe sie nicht. Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, wenn ich sie hätte, hätte ich sie Ihnen schon gegeben.«
»Sie haben uns gesagt, dass Sie sie haben. Sie haben uns nur zum falschen Versteck geschickt.«
Ich brauchte einen Moment, bis ich begriff, dass die Sirenen, die ich jetzt hörte, nicht nur vom anderen Ende der Leitung kamen, sondern sich gerade auch durch die Hügel näherten. Und nun sah ich, dass mir sechs Polizeifahrzeuge und ein Notarztwagen mit blinkenden Scheinwerfern und heulenden Sirenen entgegenkamen. Instinktiv wich ich in meinem Sitz zurück, aber sie zischten einfach an mir vorbei, auf dem Weg zu Valentine und Richards. Ich musste brüllen, um das Geheul zu übertönen. »Sie hatten mich
entführt!
Ich hätte alles Mögliche gesagt, um wieder freizukommen!«
»Sie haben zwei Stunden, um das Ding zu finden.«
Bei diesem Ultimatum kam mir meine ganze grauenvolle Situation voll zu Bewusstsein. Ich hatte mich abgestrampelt und mich vorangekämpft, trotz einer falschen und einer echten Festnahme, obwohl man mir einen Mord angehängt, mich angeschossen und mir
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