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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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eine Blendgranate in den Schoß geworfen hatte, aber es reichte immer noch nicht. Die Hilflosigkeit, gegen die ich angekämpft hatte, und die Wut, als mir die Kontrolle über mein Leben aus der Hand genommen wurde, brachen jetzt mit voller Wucht über mich herein und überwältigten mich einfach. In hundertzwanzig Minuten würde meine Frau nicht mehr leben.
    »Wie soll ich das Scheißding finden, wenn ich nicht weiß, wo es ist?«
    »Dann sind Sie uns nicht mehr von Nutzen. Was bedeutet, dass wir sie auch gleich erschießen können.« Er wandte sich an seine Begleitung. »Also dann.«
    »
Warten Sie!
Okay, okay, ich habe sie.« Ich krümmte mich, während ich atemlos horchte, was am anderen Ende geschah. Doch es fiel kein Schuss. »Ich … ich …« In blankem Entsetzen versuchte ich, mir irgendeine Geschichte aus dem Ärmel zu schütteln, irgendetwas, womit ich uns Zeit erkaufen konnte. Sollte ich es wagen und ihnen sagen, was für Karten ich auf der Hand hatte – die eindeutigen Dokumente, die ich mir von der Festplatte ihres Kopierers geholt hatte? Sollte ich in meiner wilden Panik diesen Trumpf ausspielen, ohne mir zuvor eine Strategie zurechtgelegt zu haben? In welche Situation brachte ich mich damit? Es musste noch eine andere Möglichkeit geben. Es kam mir vor, als hätte ich seit Stunden nicht mehr gesprochen, obwohl es wahrscheinlich nur wenige Sekunden gewesen waren. »Ich habe die CD in unser Bankschließfach gelegt«, rief ich. »Die krieg ich da erst raus, wenn die Banken morgen früh aufmachen.«
    »Sie haben Zeit bis neun Uhr.«
    »Richards ist tot«, erklärte ich. »Und Valentine ist auch tot.« Kaltes Schweigen, während Verrone über die veränderte Situation auf dem Schachbrett nachdachte. Doch ich wartete gar nicht erst ab, bis er den nächsten Zug machte, sondern redete weiter, solange er noch aus dem Tritt war. »Die Polizei sucht mich. Ich brauche ein bisschen Zeit, um mir in Ruhe zu überlegen, wer morgen früh die CD für mich aus dem Schließfach holen könnte.« Immer noch keine Antwort. »Ich brauche einfach noch ein paar Stunden«, fügte ich hinzu.
    Hör auf zu labern – du verhandelst mit dir selbst.
    Verrone hatte das Telefon sinken lassen, während er sich mit DeWitt oder wem auch immer beriet. »Bring sie hinten raus, und pass auf am Zaun. Die Paparazzi müssten eigentlich am anderen Ende der Straße sein, aber sei trotzdem vorsichtig, man weiß ja nie. Hör mal, Schätzchen, wenn da draußen jemand stehen sollte, sind wir einfach Freunde, die zusammen einen Ausflug machen. Das ist die bessere Alternative für uns alle. Wenn du nämlich rumzappelst und schreist, schießen wir jeden nieder, der da draußen rumsteht, und nehmen dich trotzdem mit … Was? Ja, nimm ihn mit, das sieht noch glaubwürdiger aus. Und jetzt ab.«
    Was
sollte sie mitnehmen?
    Es sieht noch glaubwürdiger aus?
    Was zum Teufel hatte das zu bedeuten?
    Jetzt wandte sich Verrone wieder an mich. »Abgemacht. Sie haben Zeit bis morgen Mittag. Und nehmen Sie besser keinen Kontakt zur Polizei auf. Wenn Sie verhaftet werden, sind Sie uns nicht mehr nützlich. Rufen Sie Ihre Frau auf dem Handy an – auf ihrem
richtigen
Handy, nicht diesem Prepaid-Scheiß, mit dem Sie die letzten Tage rumgespielt haben. Wir werden den Anruf durch eine Leitung annehmen, die man nicht zurückverfolgen kann, also machen Sie sich gar nicht erst die Mühe, den Schlauberger zu spielen. Wenn unser Telefon nicht um zwölf Uhr klingelt und Sie gute Nachrichten für uns haben, schießen wir ihr eine Kugel in den Schädel. Aber diesmal wirklich.«
    Die Verbindung brach ab.
     
    Mein Hirn schwankte zwischen kreischender Panik und völliger Leere. Ich weiß noch, dass ich an einem weiteren Konvoi von Polizeiautos vorbeifuhr und mich zwang, vom Gas zu gehen, weil ich nicht riskieren durfte, dass man mich rauswinkte – aber ich weiß auch, dass es mir nicht recht gelang, mein Tempo zu drosseln. Ich bretterte mit quietschenden Reifen auf den Gehweg, so dass die Paparazzi nach allen Seiten davonstoben, brachte den BMW im Matsch unseres Vorgartens zum Stehen und sprang aus dem Auto, ohne die Tür zuzumachen.
    Im nächsten Moment stand ich auch schon tropfnass in der Stille unseres Flurs. Auf dem Boden vor dem Wohnzimmerfenster lag eine zerbrochene Teetasse. Das Prepaidhandy. Und eine lavendelfarbene Mariposa-Blüte.
    Mit klopfendem Herzen kauerte ich mich neben die Blüte. Instinktiv hob ich sie an die Nase – das war ihr Geruch. Am anderen

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