Odice
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
Théo lachte leise. »Das ist doch nun wirklich nicht zu übersehen, mein Freund. Der liebevolle Blick, mit dem du sie ansiehst, die Argusaugen, mit denen du sie bewachst. Du wärst ihm doch eben um ein Haar an die Gurgel gesprungen.«
»Es ist meine Aufgabe, auf sie Acht zu geben, Théo.«
»Ja, das ist es, Julien. Diese Verpflichtung übernimmt man für jede Sklavin, für jede Klientin , wie ihr es nennt. Aber hier liegt die Sache doch eindeutig anders. In deinen Augen lag eben nicht Pflichtbewusstsein, sondern Eifersucht, Julien. Gib’s zu, du hast dich in die junge Dame verguckt.«
Er grinste selbstgefällig und nippte an seinem Wein.
»Du kennst mein Verhältnis zu unseren Klientinnen, Théo. Habe ich es jemals an Professionalität mangeln lassen? Ich behandele sie genauso wie jede andere und ich werde sie genauso freigeben wie jede andere.«
»Ja, das wirst du vermutlich. Aber du solltest es nicht, junger Freund.«
Dann trug Sada den Fisch auf.
In diesem Moment erhob sich Monsieur Clément mit hochrotem Kopf von seinem Platz und verließ den Raum, vermutlich, um die Toilette aufzusuchen. Als er zurückkam, blieb er feist grinsend bei Odice stehen und betrachtete sie lüstern aus der Nähe. Sie sah die Beule in seiner Hose und wandte angewidert den Blick ab. Julien und Théo waren in ein ebenso angeregtes Gespräch vertieft wie Eric und der Herr mit der dunklen Brille.
»Du bist also eine von diesen unersättlichen Nymphomaninnen, die sogar unbelebte Gegenstände bespringen, wenn sie keinen Mann zwischen den Schenkeln haben. Ich glaube, du wüsstest es sehr zu genießen, wenn ich dich mal so richtig rannehmen würde, du schöne rossige Stute.«
Odice wurde übel und sie hatte das Gefühl, in diesem furchtbaren Korsett zu ersticken. Monsieur Clément grinste sie anzüglich an und ließ seine kleine fette Hand klatschend auf Odice’ Po sausen, während er die andere zwischen ihre Schenkel schob.
Das war einfach zu viel. Odice holte ihrerseits aus und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige.
Julien und Eric sprangen gleichzeitig auf. Eric betrachtete die Szene mit undurchdringlichem Blick, während seine Lippen eine schmale Linie der Missbilligung formten. Juliens schöne Augen dagegen waren voller Verachtung und tiefster Geringschätzung für Monsieur Clément, den er regelrecht zur Seite schob, um Odice von dem Bock zu helfen.
» M’aidez «, flüsterte sie ihm ins Ohr und er nickte. Dann führte er sie aus dem Raum.
»Aber sie ist doch nur eine Hure. Schlimmer noch, eine Sklavin, die man noch nicht mal bezahlen muss, um Sex mit ihr zu haben. Und sie ist triefnass zwischen den Schenkeln«, hörte Odice Monsieur Clément noch zu seiner Verteidigung sagen, doch was Eric oder seine Partner darauf entgegneten, konnte sie nicht mehr verstehen.
Julien führte sie die Treppe hinauf zu ihrem Zimmer.
»Ich muss mich bei dir entschuldigen«, sagte er, während er sie ebenfalls zum Schminktisch dirigierte und mit geübten Handgriffen die Schnürung ihres Korsetts lockerte. »Wir kannten deine Grenzen und sie wurden an diesem Abend überschritten, das tut mir leid. Monsieur Clément kannte die Spielregeln und er hat sich nicht daran gehalten. Eric hätte ihn nicht einladen dürfen. Er hat als einziger in der Runde keine Erfahrung in diesen Dingen und dein Anblick hat ihn völlig überfordert. Die Schuld lag nicht bei dir, sondern bei ihm und vor allem bei uns.«
»Wird Eric das auch so sehen?«
Odice sah in dem ovalen Spiegel des Schminktischs, wie er skeptisch beide Augenbrauen hob.
»Ich fürchte, nicht ganz. Dein Auftritt könnte ihm einen Deal mit einem millionenschweren Klienten verhagelt haben.«
»Wird er mich heute Nacht dafür bestrafen?«
»Nein, wohl kaum. In Erics und meiner Auffassung ist die Bestrafung einer Sklavin ein Gericht, das am besten kalt serviert wird. Er wird dich nicht züchtigen, solange er ernsthaft zornig auf dich ist.«
Julien hauchte einen Kuss auf ihre Schulter und ließ sie allein.
Kapitel 10
Odice war schon eingeschlafen, als Geräusche an der Tür sie hochschrecken ließen. Schlaftrunken blickte sie zu der Person auf, die unbewegt im Lichtschein des Türrahmens stand. Eric. Für einen Augenblick setzte ihr Herzschlag aus. Er sah aus wie der Teufel persönlich. Zumindest wie der Teufel in der Hollywood-Verfilmung eines berühmten Juristen-Thrillers. Seine großen dunklen Augen funkelten diabolisch, als er lässigen Schritts
Weitere Kostenlose Bücher