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Odice

Odice

Titel: Odice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anais Goutier
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weitläufigen Anwesens Einlass erbat, erhob sich Sada und setzte Odice die schlichtere der beiden Masken auf, die sie sorgfältig mit dem Halteband und mehreren Haarnadeln befestigte. Die andere Maske nahm sie in die Hand und führte Odice, deren Blickfeld hinter der Maske etwas eingeschränkt war, hinunter in die Küche. Odice erschrak, als sie sich einer fremden, korpulenten Frau in weißer Kochuniform gegenüber sah, die in resoluter Manier den Kochlöffel schwang.
    »Das ist Paulette, die Köchin«, erklärte Sada überflüssigerweise und wies dann im Gegenzug auf Odice. »Paulette, die neue Klientin der Herren.«
    Die pausbäckige Köchin blickte nur kurz auf und nickte Odice zu, ohne sich an ihrem sündigen Aufzug zu stören. Sada und Odice setzten sich an den Küchentisch und warteten erneut, wobei sie auf die Stimmen der Männer in der Empfangshalle lauschten.
    »Wir werden jetzt den Apéritif servieren«, erklärte Sada und stellte ein silbernes Tablett auf den Küchentisch, auf dem sich bereits fünf Gläser mit Creme de Cassis befanden. Sie öffnete geräuschvoll eine Flasche Moët und füllte die Gläser damit auf. Dann nahm sie ein zweites Tablett aus dem Kühlschrank, auf dem bereits aufwendig dekorierte Blätterteigteilchen und Lachs-Canapees arrangiert waren. Das Tablett mit dem Kir drückte sie Odice in die Hand, während sie selbst die Häppchen nahm.
    Odice’ Herz raste, als sie in die Eingangshalle traten. Die Männer standen in zwei Gruppen, wobei Eric auf zwei der Herren einredete, während sich Julien ein paar Schritte entfernt mit einem weiteren Herrn unterhielt. Das Gemurmel der Männer verstummte augenblicklich. Alle Augen waren auf sie gerichtet und Odice scannte die drei Herren ihrerseits mit schnellen Blicken. Sie war erleichtert, als sie keinen von ihnen erkannte. Der Mann, mit dem Julien zusammenstand, war groß, schlank und attraktiv mit graumeliertem Haar, der zweite klein und feist, der dritte eher nichtssagend mit einer markanten Brille auf der Nase. Alle waren geschmackvoll gekleidet, trugen dunkle Anzüge mit weißen Hemden und Krawatten. Nur Eric hatte sich gegen eine Krawatte und stattdessen für ein goldgrundiges Seidentuch entschieden, das perfekt in seinen offenen Hemdkragen drapiert war, über dem er eine brokatbestickte Weste trug. Er hatte eine Hand lässig in die Hosentasche geschoben, während er die andere für ausladende Gesten verwandte. Doch am längsten verweilte Odice’ Blick bei Julien, der in dem schmalen Slimane-Anzug mit der puristischen schwarzen Krawatte einfach umwerfend aussah. Während den Gästen bei Odice’ Anblick fast die Augen aus dem Kopf fielen und Eric sie mit einem kritisch-strengen Blick bedachte, lächelte Julien sie auf diese unverwechselbar charmante Weise aufmunternd an.
    »Ihr steigert euch von Mal zu Mal! Wo habt ihr denn dieses Mannequin aufgetrieben?«
    Julien ignorierte die Frage seines Gesprächspartners und erklärte stattdessen: »Meine Herren, das ist O. Zumindest wird das am heutigen Abend ihr Name sein.«
    Odice zuckte bei dieser Namensgebung unmerklich zusammen.
    »Sie können sie ansprechen und Wünsche an sie richten, aber sie wird nicht mit Ihnen sprechen. Sie können sie bitten, Dinge zu tun, doch Sie dürfen sie nicht berühren. Sie wird uns als Serviererin zu Diensten sein, uns mit ihrer Anwesenheit erfreuen und unsere Augen und Sinne erquicken, aber sie wird Ihnen nicht auf andere Weise zur Verfügung stehen.«
    »Gucken aber nicht anfassen«, fasste Eric Juliens Ausführungen mit einem ironischen Funkeln in seinen dunklen Adleraugen zusammen.
    Lediglich über die Lippen des Dicken drang ein Schnauben der Enttäuschung, die anderen schienen mit dieser Vorgabe vertraut zu sein.
    Damit nahm Julien das erste Glas von Odice’ Tablett und die anderen Herren folgten seinem Beispiel.
    Normalerweise richtete Odice selbst solche Veranstaltungen aus, engagierte dafür ebenfalls Servicepersonal und sorgte als Gastgeberin bei Vernissagen und Finissagen dafür, dass unter ihren Gästen eine ebenso angenehme wie angeregte Gesprächsatmosphäre herrschte. Hier hingegen war sie zur stummen Staffage degradiert, zum herausgeputzten Animiermädchen mit Strapsen und blanken Brüsten. Sie spürte die lüsternen Blicke der Männer, die jeden Zoll ihres Körpers in Augenschein nahmen und sie fühlte sich entsetzlich gedemütigt.
    Die anerkennenden bis obszönen Bemerkungen, die sie über ihre Brüste, ihren Po, ihre Beine, ihre verruchte

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