Odins Insel
Holland endlich Glück hatte. Eine Frau aus einem kleinen Museum in Altnorden rief an, um ihr mitzuteilen, dass sie etwas übersehen hätte – das Museum befand sich tatsächlich im Besitz eines kleinen Gemäldes von einem kleinen Schiff mit Namen Frigg, nicht von der Freia II, aber der Name des Kapitäns war mit Hans Adelstensfostre angegeben. Natürlich hat er auf einem anderen Schiff anheuern müssen, dachte Sigbrit Holland.
»Und wann wurde es gemalt?«
»1628«, sagte die Frau.
»Sie wissen nicht, wie glücklich Sie mich gerade gemacht haben«, rief Sigbrit Holland und dankte der Frau für ihre Hilfe.
Sigbrit Holland fuhr direkt an der Bank vorbei, über die Brücke nach Firö und parkte am Anfang des südlichen Kanals. Sie schloss das Auto ab und lief in kleinen Schritten den Kai hinunter zu dem grün-orangenen Fischerboot.
Der Fischer Ambrosius stand mit bis zu den Ellenbogen mit Öl beschmierten Armen auf dem Deck; er ölte den Motor der Rikke-Marie.
Sigbrit Holland erzählte ihm von dem Gemälde.
»Holde Frau, Sie wollen also, dass wir nach Norden und nicht nach Süden segeln?«, sagte er und streckte den Rücken. »Und nicht nur das, Sie wollen auch, dass wir durch die Archive und Bibliotheken laufen, um nach einem Kapitän zu suchen, von dem Sie vermuten, dass er irgendwann im 17. Jahrhundert nach Altnorden gegangen ist. Und all das nur wegen eines kleinen Gemäldes. «
»Wenigstens ist es etwas Reales, wonach man sich richten kann!«, rief Sigbrit Holland, aber der Fischer schüttelte den Kopf. »Sie scheinen offenbar der Meinung zu sein, dass es mehr Sinn macht, herumzurennen und nach dummen alten Sprüchen zu suchen«, fuhr sie fort und konnte es nicht lassen, die Stimme zu heben.
Der Fischer Ambrosius war mit dem Motor fertig und trocknete sich langsam und ruhig Hände und Arme ab. Als er damit fertig war, legte er den Lappen weg und trat vor sie. Er sah ihr direkt in die Augen.
»Immer mit der Ruhe, holde Frau. Es gibt mehr als einen Grund, nach Süden und nicht nach Norden zu segeln. Aber vor allem ist Altnorden zu nah, das Risiko erkannt zu werden, ist zu groß.«
Sigbrit Holland sah beiseite. Sie wusste sehr wohl, dass das nicht ganz unwahr war. Andererseits meinte sie, dass Kapitän Hans Adelstensfostre das Risiko wert war.
»Entschuldigung«, sagte sie leise. »Aber sehen Sie denn nicht, wie wichtig das ist? Kapitän Hans Adelstensfostre ist einer der wenigen Menschen, von denen wir mit Sicherheit wissen, dass sie auf der Insel gewesen sind. Und er ist kurz, nachdem alle Aufzeichnungen über die Insel gelöscht wurden, aus Südnorden verschwunden. Ich bin sicher, dass das nicht nur ein Zufall ist.«
Der Fischer zuckte mit den Schultern und antwortete nicht. Er ging auf die gegenüberliegende Seite der Rikke-Marie und begann nach dem Tauwerk des Rettungsbootes zu sehen.
Sigbrit Holland blickte auf ihre Armbanduhr; es war bereits sieben.
»Ich hoffe, das ihr das nicht brauchen werdet.« Sie zeigte auf das Rettungsboot.
»Wir werden schon zurechtkommen.« Der Fischer Ambrosius sah sie nicht an, sondern fuhr unverdrossen mit seiner Arbeit fort.
»Glauben Sie, dass Sie lange fort sein werden?«
»Möglicherweise.« Wieder zuckte der Fischer mit den Schultern. Dann richtete er sich auf und nickte in Richtung Erlöserkirche. »Das hängt unter anderem von unseren Freunden da drüben ab.«
Sigbrit Holland wartete, dass er noch etwas sagte, aber der Fischer beugte sich nur wieder über das Rettungsboot.
»Wie sehen Ihre Pläne genau aus?«, fragte sie.
»Mit der alten Dame hier kommen wir nicht so schnell vorwärts. Wir legen Samstag gegen Mittag ab, wenn die meisten Segler draußen sind, und segeln dann die Küste hoch und machen in Sand Havn fest für die Nacht. Sonntagmorgen segeln wir so weit nach Norden, wie wir kommen, und legen an einer der kleinen Inseln an und dann, wenn wir die Nordspitze des Landes passiert haben, geht es südwärts Richtung Großes Reich und weiter, so weit es nötig sein wird.« Der Fischer war mit dem Rettungsboot zufrieden und wendete sich schließlich Sigbrit Holland zu. »Und dann können wir nur noch warten und sehen, was Brynhild Sigurdskaer für uns findet.«
Sigbrit Hollands Frustration kehrte zurück.
»Ambrosius, wie können Sie diese Albernheiten ernst nehmen,
wenn Sie einer realen Spur nicht folgen wollen?« Sie musste einfach schreien. »Und nach all der Arbeit, die ich geleistet habe, falten Sie nur die Hände im Schoß und warten,
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