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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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in Godeholm eintraf, und diese Dankbarkeit würde sich
bestimmt in Medaillen und Ehrensbezeugungen von Frauen, die vor seinen Füßen ohnmächtig wurden, bezahlt machen …
    In dieser Nacht sangen die Vögel für Lennart Torstensson ein Lied von einer Kuh, geschaffen aus dem Dampf, der durch das Aufeinandertreffen unendlicher Kälte und lodernder heißer Flammen im Nichts entstanden war. Die Kuh ließ ihre Milch in reißenden Strömen zu einem Ungeheuer fließen, das aus demselben Dampf erschaffen war, wie sie selbst. Als der wieder heldenhafte Lennart Torstensson erwachte, schrieb er die Worte aus dem Lied in sein Notizbuch: Ach, hier beginnt der endlose Streit der Welt.
    Die seltsamen Träume verwirrten ihn. Es konnte nicht ganz normal sein, so etwas zu träumen: eine Kuh mit Namen Audhumla und ein Ungeheuer mit Namen Ymer! Der heldenhafte Lennart Torstensson überlegte lange, was das wohl bedeuten konnte. Dann holte er entschlossen sein Notizbuch heraus und legte es in die Butterbrotdose, und die Butterbrotdose legte er in die Tiefkühltruhe – niemand, nicht einmal ein Einbrecher, sollte die seltsamen Träume des heldenhaften Lennart Torstensson wiederfinden.
     
    Am Nachmittag des folgenden Samstags spazierte ein völlig unauffälliger Mann am Rathaus von Fredenshvile vorbei, wartete einen Augenblick auf Grün, überquerte dann die Straße und ging weiter die Fußgängerzone Richtung Gerichtsgebäude hinunter. Es war ein warmer Tag, und das besondere Gefühl, das sonnige Tage Ende August den Südnordländern immer einflößten, es könne vielleicht das letzte Mal in diesem Jahr sein, hatte Jung und Alt auf die Straße gelockt.
    Der völlig unauffällige Mann schlich sich an den Schaufensterscheiben entlang. Seine Schultern waren nach vorn gebeugt, und er presste den rechten Arm gegen die Brust, als wolle er das rechteckige Paket schützen, das er in einer weißen Plastiktüte bei sich trug. Es erforderte Konzentration und Geschicklichkeit, nicht mit den geschäftigen Menschenströmen zusammenzustoßen, die sich in alle Richtungen schlängelten, und der völlig unauffällige Mann schwitzte vor Anstrengung. Er bog in eine Seitenstraße
ein, doch schien er nur vom Regen in die Traufe zu kommen, denn dort lief er genau in einen Zug erregter Demonstranten hinein. Wiederauferstandene Christen gegen ungläubige Nordnordländer , stand auf einer Fahne. Sie haben den Großen Mann entführt und sie sollen dafür bezahlen , verkündete eine andere. Und Die Regierung hat den Großen Mann an Nordnorden verraten , stand auf mehreren Spruchbändern, während die Demonstranten verschiedene Parolen brüllten.
    Als er zum Marktplatz vor dem Gerichtsgebäude kam, blieb der völlig unauffällige Mann stehen und blickte sich um. Der Marktplatz war groß und voller Menschen, aber es sah nicht so aus, als würde ihn jemand bemerken. Mit demonstrativer Gleichgültigkeit betrat der völlig unauffällige Mann ein Telefonhäuschen direkt vor dem Gerichtsgebäude. Das Telefonhäuschen war halb offen, und einen Augenblick schien es den völlig unauffälligen Mann zu stören, dass es keine Tür hatte, die er hinter sich schließen konnte. Er starrte misstrauisch durch die Glasfassade des Häuschens, als glaubte er, beobachtet zu werden. Dann griff er in plötzlicher Entschlossenheit nach dem Hörer.
    Der völlig unauffällige Mann hielt mit der linken Hand den Hörer ans Ohr, als würde er mit jemandem reden, während er mit der rechten Hand vorsichtig das Ende des rechteckigen Pakets aus der weißen Plastiktüte zog. Er sah auf seine Uhr, drückte auf einen kleinen Knopf auf dem Paket, schob es zurück in die Tüte und stellte die Tüte neben seine Füße. Dann legte der völlig unauffällige Mann den Hörer auf und reinigte nachlässig seinen Daumennagel, während er sich erneut umsah. Niemand schien ihn bemerkt zu haben, und so glitt er unauffällig aus dem Telefonhäuschen und eilte zurück durch die Fußgängerzone, so schnell er das, ohne zu laufen, konnte. Aber auch ohne zu laufen war der völlig unauffällige Mann bereits weit weg, als einige Minuten später zwei junge Mädchen das Telefonhäuschen betraten.
    Die Mädchen lachten und drehten sich in ihren dünnen Kleidern um sich selbst, als wollten sie sich dem Sommer schenken.
    »Sag ihm, dass wir hier auf ihn warten. Das ist am einfachsten«, sagte das eine der Mädchen.

    Das andere lachte und nahm den Hörer ab. Sie wählte eine Nummer, und ihre Freundin rückte näher an sie

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