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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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heran, um mitzuhören. Das Telefon schellte dreimal, bevor der Hörer abgenommen wurde.
    »Hey«, sagte ein Junge, aber statt einer Antwort erklang ein Klick, die Verbindung wurde unterbrochen, und so bekam er nichts mit von dem Geräusch von Glas, das zersplitterte, und einem Mädchenschrei, aus dem bald viele andere wurden.

IX Bifröst
    Die Götter eifrig Midgard bewachten
Riesen küssten die Frau, den Mann
     
    Der Fenriswolf war groß wie ein Baum
die Midgardschlange füllte das Meer
das Feuer Surturs unmäßig war
Nidhogg in die Mitte der Wurzel biss
    – was sollten die Götter tun?
     
    Des Holzes Flamme, Wind und Wasser
dicht verwoben zum Bogen der Haut
Asgard, Midgard lang ist die Fahrt
nun eine Wallfahrt ohne Zeit
     
    Über die Bifröstbrücke alle Gottheit stapfte
um Rat zu halten unter Yggdrasil
»Riesen nahen, das ist schlimm
Bosheit herrscht, kämpfen wir nicht«
     
    Gebraucht wurden Waffen, das war gewiss
ein fehlerfreier Hammer gemacht für Thor
Tyrs eine Hand hielt das treffende Schwert
Heimdal sagte: der Wall schützt
Frej und Freia auf die Liebeskunst setzten
Balder streng der Gerechtigkeit huldigte
bis Odin die Rede unterbrach
    – Weisheit ist das, was wir brauchen
     
    Die Prophezeiung der Völva ist nur schwer
zu umgehen

    O din zurückkommen lassen?« , wiederholte der Staatsminister ungläubig. »Ist das alles, was da steht?«
    »Das ist alles. Es waren viele tausend.« Der Justizminister bezog sich auf die klitzekleinen weißen Zettel, die sich bei der Bombenexplosion wie Konfetti verteilt hatten. »Alle sind mit derselben Schrifttype geschrieben, auf demselben Papier, in genau dieselbe Größe geschnitten, und alle haben den gleichen Text. Abgesehen davon, dass …«, der Justizminister zögerte.
    »Abgesehen wovon?«
    »Abgesehen davon, dass auf einigen zurück auf Nordnordisch und nicht auf Südnordisch steht.«
    Der linke Mundwinkel des Staatsministers verzog sich krampfartig.
    »Was Sie nicht sagen!«, sagte er sarkastisch und hob die Kaffeetasse. »Was glauben Sie, wer dahinter steckt?«
    »Das kommt darauf an«, sagte der Justizminister ein wenig nervös. »Entweder ist der Täter ein Nordnordländer oder der Täter will, dass er für einen Nordnordländer gehalten wird.«
    »Klar.« Mit kleinen präzisen Bewegungen knickte der Staatsminister zweimal seinen linken Daumen. »Von wie vielen Konfettistücken sprechen wir?«
    »Ich bin nicht ganz sicher, ungefähr sechzehn, siebzehn Stück. Die Polizei sucht die Umgebung noch ab.«
    »Aber sechzehn, siebzehn von vielen tausend. Das sieht mehr nach einem Fehler als nach einer gut durchdachten Strategie aus.«
    Sie saßen in den gut gepolsterten Ledersesseln in der Bibliothek
des Staatsministers. Entlang der Wände standen Regale, die vom Boden bis zur Decke mit ungelesenen Büchern gefüllt waren, und die dunklen Parkettböden waren zum Teil mit dicken rötlichen Teppichen ausgelegt. Ein kleiner, blank polierter Mahagonitisch mit Kaffeetassen und gefüllten Cognacgläsern und einem aufgebauten Schachspiel stand zwischen den Ministern. Hätten sie gespielt, wäre es ein Sonntagnachmittag wie jeder andere gewesen. Aber sie spielten nicht.
    »Zwei Tote, acht Verletzte. Das sind weniger als bei den religiösen Zusammenstößen«, bemerkte der Justizminister trocken.
    »Das ist ein geringer Trost.« Der Staatsminister sah plötzlich müde aus. »Wenn ich ganz ehrlich sein soll, ist es mir völlig gleichgültig, wie viele Fanatiker einander umbringen, aber wenn sie anfangen, unschuldige Passanten zu töten, haben wir ein Problem. Im Frühjahr sind Wahlen, und das hier ist genau das, woraus die Opposition Kapital schlagen kann.«
    »Das ist ein Albtraum. Absolut absurd.« Der Justizminister nahm sein Glas.
    »Aber jetzt ist das Maß voll!«, rief der Staatsminister und sprang so abrupt hoch, dass der Justizminister den Cognac in die falsche Kehle bekam. »Wie weit ist die Polizei?«
    »Leider nicht besonders weit«, hustete der Justizminister. »Die Konfettistücke sind die beste Spur. Sie sind aller Wahrscheinlichkeit nach von ein und derselben Person hergestellt worden. Lasst Odin zurückkommen! « Der Justizminister hustete wieder und trank noch einen Schluck von der gold-braunen Flüssigkeit. »Von der Bombe war nicht mehr viel übrig, das Aufschlüsse darüber hätte geben können, wo die Materialien gekauft worden sind. Das einzig Merkwürdige außer den Konfettistücken ist der Zeitpunkt; ich meine, wer platziert schon eine Bombe an

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