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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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Paradieses!«
    Da Simon Peter II. sich nicht für einen Dummkopf hielt, hatte er natürlich kurz die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass der Engelsbrief des Großen Mannes eine Fälschung sein könnte. Doch wenn schon die ausgesuchte Kalligrafie den Lieblingsjünger nicht ganz überzeugen konnte, so konnte es der Inhalt, denn die Worte des Großen Mannes passten nur allzu gut zu dem, was er selbst schon seit langer Zeit seinen Anhängern predigte. Der Lieblingsjünger des Großen Mannes und erste Apostel bat den Herrn um Vergebung für seine vorübergehenden Zweifel und rief umgehend die Wiederauferstandenen Christen zu einem Extragottesdienst auf dem Platz vor dem Reichstag zusammen.
    Und ganz wie Bischof Bentsen vorausgesehen hatte, war Simon Peter II. nicht mehr ganz so versessen darauf, dass den Wiederauferstandenen Christen eine Kirche zugeteilt wurde. Der Botschaft des Großen Mannes zufolge waren es nur noch sieben Wochen bis zum Jüngsten Tag und der Auswanderung auf die Insel des Paradieses, und alle Kräfte mussten nun für eine letzte Rettung verdammter und elender Seelen eingesetzt werden – und natürlich für die Befreiung des Großen Mannes aus der Gewalt der nordnordischen falschen Wahren Christen.
    Simon Peter II. streckte den Arm aus und zeigte auf das monumentale Reichstagsgebäude hinter sich.
    »Krieg!«, rief er. »Unsere Regierung muss den heidnischen Nordnordländern, die so schändlich den Sohn des Herrn, den Großen Mann, gekidnappt haben, den Krieg erklären.«
    »Krieg!«, brüllten die nassen Wiederauferstandenen Christen glücklich. »Krieg!«
    »Wir werden im Namen des Herrn in den Krieg ziehen, um den Großen Mann zu befreien und aus den verräterischen Armen der falschen Wahren Christen zu retten«, fuhr Simon Peter II. fort. »Und im Namen des Herrn werden wir in den Krieg ziehen, um die Seelen zu retten, die noch gerettet werden können.«
Er blinzelte leidenschaftlich. »Wenn wir durch die Pforten der Insel des Paradieses schreiten, durch den großen Garten des Großen Mannes, wollen wir in der Güte unserer Herzen den Großen Mann bitten, die Tür nicht ganz zu verschließen vor den Verführten, die erst im letzten Augenblick ihre Liebe zu Gott und dem Großen Mann erkennen.« Simon Peter II. hielt inne, um Atem zu holen, während seine Augen voll Tränen der Großzügigkeit und der himmlischen Freude liefen. »Und wenn wir den Großen Mann gefunden und befreit haben, wollen wir in der Güte unserer Herzen auch denen vergeben, gegen die wir jetzt Krieg führen müssen, denn im Jenseits sollen nur Gott und der Große Mann über Sünder und Heilige richten.«
    »Nur Gott und der Große Mann sollen über Sünder und Heilige richten!«
    Der Lieblingsjünger des Großen Mannes konnte seine Gefühle nicht länger unter Kontrolle halten; die Tränen der Großzügigkeit und der himmlischen Freude strömten aus seinen leidenschaftlich blinzelnden Augen seine Wangen hinunter. »Die Welt wird untergehen, aber die Wiederauferstandenen Christen werden auf der Insel des Paradieses bei Gott dem Allmächtigen und seinem Sohn, dem Großen Mann, sein, und das tausendjährige Reich des Friedens auf dieser Erde errichten. Denn es steht geschrieben: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein und er selbst, Gott, wird mit ihnen sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.«
     
    Aber es steht auch geschrieben, dass der Thron Gottes und des Lammes wird darinnen sein, und seine Knechte werden ihm dienen und sehen sein Angesicht, und sein Name wird an ihren Stirnen sein. Und wird keine Nacht mehr sein, und sie werden nicht bedürfen einer Leuchte oder eines Lichts der Sonne; denn Gott der Herr wird sie erleuchten, und sie werden regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit. Und der heilige Anders Andersen – der schon lange gepredigt hatte, dass der Hirte des Herrn am Jüngsten Tag
die Lämmer des Herrn erlösen wird – verfügte im Geist des Herrn, dass alle Lämmer des Herrn sich den Namen des Herrn auf die Stirn tätowieren ließen, auf dass sie leichter zu erkennen seien, wenn der Tag anbrach. Wie gesagt, so getan, die Lämmer des Herrn trugen nun stolz ihre beschriebenen Stirnen, wie sie bisher ihre kahlen Schädel und grauen Kutten getragen hatten. Der heilige Anders Andersen betete und rauchte noch mehr heiliges

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