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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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entfernt liegenden Fischerdorf an der südlichsten Spitze Altnordens wieder an Bord gegangen. Sie hatten begonnen in der Nacht zu segeln und tagsüber in kleinen unauffälligen Fjorden anzulegen. Die Suche nach Odin schien intensiviert worden zu sein, und der Fischer Ambrosius wollte lieber nachts auf Klippen und Schären achten, die wenigstens in den Seekarten eingezeichnet waren, als zu riskieren, dass die Rikke-Marie am Tag von den falschen Leuten erkannt wurde.
    »28. Jun. 1615. Zu Urö, Messingblaten und Stangen von Eisen geladen. 1. Jul. 1615. Zu Fredenshvile, Salzhaeringe geladen. « Der Eremit hustete. »5. Jul. 1615. ISU mit Holz geladen. «
    »ISU«, wiederholte Sigbrit Holland langsam. »Was ist das?«
    »Das muss eine Abkürzung sein«, bemerkte der Fischer Ambrosius. »Hast du 1615 gesagt?«
    »Ja, es war der 5. Juli 1615.« Sigbrit Hollands Gesicht hellte sich auf. »Du hast Recht, das war genau zu der Zeit, zu der man von der Insel wusste. Vielleicht ist sie es?«
    Der Fischer Ambrosius drehte den Kopf.
    »Aber warum ISU?«, fragte er.
    »Insel sowieso. Insel südlich von … Insel südlich von Urö, natürlich! «
    Der Fischer nickte.

    »Ja, das klingt ziemlich wahrscheinlich.« Er zog an seiner Pfeife, dann nahm er sie aus dem Mund. »Dann hatte die Insel damals noch keinen Namen.«
    »Nein, abgesehen davon, dass sowohl der südnordische wie auch der nordnordische König einen hatte, den er ihr geben wollte.«
    Der Fischer Ambrosius rieb sich das Kinn.
    »Eine Insel kann nicht lange bekannt sein, ohne einen Namen zu bekommen«, sagte er langsam. »Also muss sie erst kurz bevor die Könige um sie Krieg geführt haben, entdeckt worden sein.«
    »Deshalb wussten natürlich nur wenige von ihr«, sagte Sigbrit Holland. »Und noch weniger waren dort.« Sie lächelte breit. »Deshalb konnte man ihre Existenz also in Vergessenheit geraten lassen.«
    »Und deshalb war Kapitän Hans Adelstensfostre in Gefahr«, fügte der Fischer Ambrosius trocken hinzu.
    »Weisheit ist eine gefährliche Lanze«, bemerkte Odin, als ihm klar wurde, dass er seinen eigenen Speer bestimmt zusammen mit den anderen Sachen verloren hatte, die vor Smedieby und dem Meteorsturm und den Unheilsbotschaften gewesen waren.
    »Ja, Kapitän Adelstensfostre dürfte der einzige Kapitän gewesen sein, der jemals mit der Insel Handel getrieben hat. Deshalb musste er verschwinden.«
    »Das wussten wir aber schon, holde Frau«, seufzte der Fischer.
    Das diesige graue Morgenlicht verriet, dass der Tagesanbruch näher rückte. Es war höchste Zeit, einen versteckten Ankerplatz zu finden.
    »Wir haben es geglaubt, wir haben es nicht gewusst«, beharrte Sigbrit Holland. »Jetzt wissen wir auch, dass diese Frachtbücher das Leben für den Kapitän gefährlich machten. Nicht seine Tagebücher. «
    »Er hat die Einfahrtsroute noch nicht erwähnt«, unterbrach der Eremit rau und fuhr ohne Vorankündigung fort zu lesen. »18. Juli 1615, von Fredenshvile, lebendig Rint geladen.«
    Sigbrit Holland beugte sich über ihr Notizbuch. Vielleicht würde der Kapitän die Route, die er benutzt hatte, um zu der Insel
zu kommen, irgendwann beschreiben oder wenigstens erwähnen. Selbst wenn es sich nur um eine Notiz über den Stand der Sonne, der Sterne, das Profil der Klippen oder um die Angabe, ob er von Osten oder von Westen gekommen war, handelte, würde ihnen das helfen.
    »16. Aug. 1615, 4 Schaaf, eherne Nadeln und Holz geladen. 18. Aug. 1615 zu Fredenshvile, Salzhaeringe geladen. 15. Sept. 1615, zu Fiordenhaffn, 2 Ladungen Salzes und eine grosße Ladunge Bleis. 17. Sept. 1615 zu Urö, 2 Tonnen an Rocken, Eisen und Kupfer, Wolle und Linnen. 19. Sept. 1615. ISU, Wolle und Linnen, Hanf und 1 Tonne Holzes, 1 Ladunge Salz. XX. Sept….« So ging es lange weiter, dann fand der Eremit noch eine Fußnote. »König Hermod Skjalms Schiffe sind in der Meeresenge. Der Handel mit ISU ist geendiget« , las er.
    »Wo Fehden walten, wird das Volk arm und der Dummkopf vermögend«, sagte Odin und hatte das Gefühl, den Unheilsbotschaften sehr nahe gekommen zu sein.
    Der Fischer Ambrosius drosselte das Tempo der Rikke-Marie. Er hatte eine Landspitze entdeckt, die ihnen als Versteck dienen konnte. Sigbrit Holland zog die große Windjacke des Fischers an und ging auf Deck hinaus. Der Morgennebel schlug ihr wie eine feuchtkalte Umarmung entgegen, und sie löste schnell das Ankerspill. Sobald sie sich versichert hatte, dass der Anker sich fest in den Boden gebohrt hatte, eilte sie

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