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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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Ambrosius. Es konnte wohl nicht schaden. In ein paar Minuten hatte sie Mittagspause, einen Versuch war es wert!
    Genau um halb eins zog Sigbrit Holland ihren Mantel an und verließ das große Bürogebäude. Firö war eine klitzekleine Insel mitten in einer Wildnis von Kanälen, die durch eine einzige Brücke mit der Hauptstadt von Südnorden, Fredenshvile, verbunden war. Sigbrit Holland ging mit raschen Schritten, aber Schneeregen fiel, und trotz ihres Regenschirms wurden ihre Sachen und ihr Haar schnell nass. Sie überquerte die Brücke und folgte dann dem ersten Kanal in nördlicher Richtung. Sie ging
langsam und sah sich alle Boote genau an. Es gab Hausboote, Motorboote, Segelboote, Fischerboote, Ruderboote und alle möglichen selbst gebauten Mischungen, doch nicht ein einziges hatte Ähnlichkeit mit einem grün-orangenen Fischerboot. Am Ende des Kanals machte sie auf dem Absatz kehrt, lief schnell durch den Matsch zurück und folgte nun dem Kanal in südlicher Richtung. Sie hielt sich so nah am Kai wie möglich, um nichts zu übersehen, aber auch hier gab es kein Boot, das zu der Beschreibung passte, die sie bekommen hatte.
    Als sie sich dem anderen Ende des Kanals, wo das Wasser eine Rechtskurve machte und in dem breiteren Fahrwasser verschwand, näherte, waren nur noch wenige Boote übrig. Sigbrit Holland stolperte über die unebenen Pflastersteine und trat mitten in eine tiefe Pfütze. Sie fluchte still vor sich hin. Warum war sie dieser Sache auf den Leim gegangen und das bei so einem Wetter?
    »Hei, Schatz, was treibst du da?« Zwei Männer mittleren Alters saßen auf einer Bank, ein Sammelsurium leerer und voller Bierflaschen um sich herum, offensichtlich ohne die geringste Notiz von der Dusche von oben zu nehmen.
    Sie konnte genauso gut sie fragen.
    »Die Rikke-Marie? Ja, die gehört doch dem Fischer Ambrosius? «, murmelte einer der Männer. Er zeigte auf die Krümmung des Kanals. Und sobald Sigbrit Holland um die Ecke gebogen war, entdeckte sie hinter einem großen weißen Motorboot ein altes Fischerboot aus Holz. Es war ziemlich heruntergekommen, aber ohne Zweifel grün-orange. An dem Boot war ein Schild befestigt, auf dem in ordentlichen Buchstaben Rikke-Marie stand. Das Boot war vierzehn bis fünfzehn Meter lang, und ein großer Teil des Decks wurde von einem Steuerhaus eingenommen, das aussah, als hätte der Besitzer es irgendwann zu einem bewohnerfreundlicheren Ort umgebaut. Es gab keine Klingel oder etwas Ähnliches am Kai, doch sie hatte nicht vor, die Flinte ins Korn zu werfen, wenn sie schon einmal so weit gekommen war.
    »Hallo«, rief sie versuchsweise. »Hallo, ist jemand zu Hause?«
    Niemand antwortete, und Sigbrit Holland rief noch einmal. Einen Augenblick zögerte sie unentschlossen, sah auf ihre Uhr,
dann sprang sie entschlossen über die Reling auf das Deck hinunter. Die Tür war auf der linken Seite des Steuerhauses ganz hinten im Boot. Sie klopfte dreimal laut an. Es vergingen ein paar Sekunden, dann ertönte eine raue Stimme:
    »Herein!«
    Sigbrit Holland öffnete die Tür und kam in ein kleines, aber sauberes und sehr gemütliches Zimmer. Zwei Topfblumen hingen an einem Haken von der Decke, die Fenster waren von weißen Leinengardinen eingerahmt, und hier und da steckten halb heruntergebrannte Stearinkerzen in mit Sand gefüllten Portweingläsern. Eine Reihe gut polierter Instrumente, die Sigbrit Holland nicht kannte, nahm die ganze hintere Wand ein.
    »Sieh mal an, sieh mal an«, sagte eine Männerstimme hinter ihr. »So feine Gäste haben wir heute, Ambrosius?«
    Sigbrit Holland wirbelte herum.
     
    Der Mann hatte wildes rotblondes Haar und einen kurz geschnittenen Bart, in dem nur eine Ahnung von Grau zu erkennen war. Sein Gesicht war breit und wettergegerbt, die Augen waren tief und grau-blau und jetzt zu einem amüsierten Lächeln zusammengekniffen. Er erhob sich nicht, aber auch so war er von ansehnlicher Größe.
    »Tut mir Leid, dass ich so unangemeldet hereinplatze«, entschuldigte sich Sigbrit Holland nervös. »Aber ich habe ein etwas sonderbares Problem, und jemand, der mir seinen Namen nicht genannt hat, hat mich angerufen und mir gesagt, dass der Fischer Ambrosius mir helfen kann.« Sie trommelte leicht mit den Fingern gegen den Türrahmen.
    Der Mann wartete.
    »Ambrosius?«, fragte Sigbrit Holland versuchsweise, während sie den Blick durch das Steuerhaus wandern ließ.
    »Sprechen Sie, sprechen Sie, holde Frau. Wir sind hier, um zu lauschen. Aber nehmen Sie erst mal

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