Odins Insel
schenkte dann den Kaffee in vier Tassen.
»Ihr seid also abgehauen …?«, sagte der Fischer und setzte sich hin. »Nein!«, rief Odin. »Mein Freund, Gunnar der Kopf, hat uns lediglich herausgelassen, wie er es mit dem schlafenden Krankenpfleger abgesprochen hat, und dann haben wir Sigbrit Holland gesucht, und jetzt besuchen wir Sie und Ihr gemütliches
Fischerboot, während wir darauf warten, dass Veterinär Martinussen die Vorschriften erfüllt, damit wir zurück nach Smedieby und zu Rigmarole kommen, denn ich befinde mich in einer höchst misslichen Lage.«
Einen Augenblick herrschte Stille, dann sagte Sigbrit Holland zögernd: »Ich habe gedacht…«, sie biss sich schnell auf die Unterlippe. »Ich meine, ich weiß nicht, wie viel Platz Sie haben, aber ich habe gedacht, ob Odin und sein Freund nicht ein paar Tage bei Ihnen bleiben könnten?« Sie sah sich in dem kleinen Steuerhaus um und fügte schnell hinzu: »Es ist nicht so einfach für mich, Sie mit zu mir nach Hause zu nehmen… es wäre auf jeden Fall nur, so lange bis ich etwas anderes arrangiert habe. Höchstens ein paar Tage.«
»Holde Frau, holde Frau. Immer mit der Ruhe.« Der Fischer Ambrosius legte seine Hand auf Sigbrit Hollands Arm. »Eins nach dem anderen. Wir vermuten, dass niemand gesehen hat, wie Sie heute Morgen an Bord der Rikke-Marie gekommen sind?«
Sigbrit Holland schüttelte den Kopf.
»Gut. Odin sollte besser hier bleiben. Der erste Ort, an dem man nach ihm suchen wird, ist zu Hause bei Ihnen.« Der Fischer wandte sich wieder Odin zu. »Sie können so lange hier bleiben, wie Sie Lust haben.«
Odin dankte dem Fischer Ambrosius, aber dann sagte er, dass er diese gastfreundschaftliche Einladung wahrlich nur annehmen könne, wenn auch seinem Freund Gunnar dem Kopf Logis gewährt würde, selbst wenn das vielleicht anmaßend war.
Der Fischer lachte laut.
»Natürlich. Wir haben hier nicht viel Platz, aber wir werden schon eine Koje für Sie und Ihren Freund finden.«
Sigbrit Holland sah auf ihre Uhr, es war bereits zehn Minuten nach neun.
»Ich muss gehen«, sagte sie und stand auf.
»Wo brennt’s, holde Frau? Erzählen Sie uns erst, was Sie in den Karten gefunden haben?«
»Bis 1550 hatte ich kein Glück.« Sigbrit Holland öffnete die Tür, und ein kalter Windstoß blies ins Steuerhaus.
»Das ist nicht gut, gar nicht gut.« Der Fischer fuhr sich mit der Hand durch seinen kurz geschnittenen Bart. »Geben wir dem Pferd die Sporen, Sie wollten den Ball haben, jetzt gehört er Ihnen. Holde Frau, Sie müssen versuchen, etwas zu finden, egal was, nur irgendetwas, was beweist, dass diese Insel existiert. Und je eher, desto besser. Es wird nicht lange dauern, bis man herausfindet, wo Odin ist.«
»Spielen Sie Fußball?«, warf Gunnar der Kopf zufrieden ein.
»Nein, nicht so, wie Sie sich das vorstellen«, Sigbrit Holland lächelte schief.
»Das macht nichts. Ich bin auch kein großer Spieler mehr.«
Gunnar der Kopf schwieg, und seine Augen füllten sich mit Tränen.
Odin war in Gedanken woanders. Was der Fischer Ambrosius über das Pferd gesagt hatte, das laufen sollte, erinnerte ihn an etwas.
»Ich wäre Ihnen äußerst dankbar, wenn Sie Veterinär Martinussen daran erinnern könnten, sich mit den Vorschriften ein wenig zu beeilen«, sagte er und zog an seinem Bart. »Ich bin wahrlich nicht wenig in Eile.«
»Das löst sich alles«, sagte der Fischer freundlich.
»Ja, alles wird bald in Ordnung kommen«, stimmte Sigbrit Holland ihm zu. Dann schloss sie die Tür hinter sich, und der Fischer Ambrosius zeigte Odin und Gunnar dem Kopf ihre Kojen.
»Fühlen Sie sich wie zu Hause«, sagte er, nachdem er ein paar Decken und Kissen aus einer Kiste geholt hatte.
Nun verhielt es sich so, dass die Königin von Südnorden nicht nur intelligent war und ein besonderes Interesse an Geschichte hatte, sie hatte auch in diesem sonst so egalitären Land eine Ausbildung genossen, die besser und länger als die der meisten anderen war. Und da sie keine Macht, sondern nur formelle Pflichten zu erfüllen hatte und sich nicht nach kürzeren oder längeren Zwischenräumen der Wahl stellen musste, verfügte die Königin über ein großes Maß freier Zeit, die sie nutzte, um verschiedene Dinge zu studieren, die für das Land oder sie selbst von Interesse waren, was oft auf ein und dasselbe hinauslief.
Gegen Mittag, während Odin noch immer süß unter Deck des grün-orangenen Fischerboots schlummerte und Sigbrit Holland sich beeilte, von der
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