Odins Insel
Schweißperlen in seinem Schnurrbart gesehen hatte, war sie erbarmungslos gewesen.
»Wir sitzen in derselben Kiste. Wenn der Kapitän abstürzt, stürzt die Besatzung mit ab. Das gilt auch für dich, Valdemar«, rief sie nach hinten dem Fotografen zu, einem übergewichtigen Mann mittleren Alters, dessen Fotoausrüstung auf dem Sitz neben ihm ausgebreitet lag.
»Für mich nicht, ich kann schwimmen«, lachte er.
»Wie ihr seht, liebe Freunde, habe ich das Paradies noch immer nicht zwischen den Wolken gefunden, aber vielleicht gelingt es uns heute, die Hölle zu finden!«, fuhr Alvilda fort.
»Ja, du solltest besser aufpassen, Balder«, fügte der Fotograf hinzu. »Der Teufel lässt sich nicht gern am Samstag stören.«
Der zweite Pilot rutschte hin und her. Er versuchte unbeeindruckt zu wirken, aber seine Augen schweiften unruhig zu dem grünen Meer unter ihnen. Der Fotograf fuhr fort:
»Selbst die alten Heiden haben das gewusst, damals, als sie die Tage nach ihren Göttern benannt haben, alle bis auf den Samstag. Der Samstag ist der Waschtag des Teufels. Mal sehen, ob der Böse uns heute eine gehörige Dusche verpasst!«
Alvilda und Valdemar lachten, und Balder zwang einen rauen Laut heraus, der demonstrieren sollte, dass er sich ebenfalls amüsierte.
»Da sind sie!«, rief Alvilda plötzlich.
Und richtig, am nordöstlichen Horizont konnten sie deutlich die schwarz-grauen Klippen aus dem Meer in einem leichten Nebel aufsteigen sehen, und kurz darauf nahmen die Klippen die
Form einer Ellipse an, die den gelb-grauen Nebel an sich zu drücken schien. Alvilda notierte sich die Zeit, acht Uhr dreiundzwanzig. Sie hatten nicht mehr als neun Minuten gebraucht, um hierher zu fliegen, und mit höchstens einer Stunde Aufklärungsarbeit würden sie die Räder bald wieder auf der Erde haben.
Sie näherten sich der Nebelwolke, und Alvilda beschloss, sie westlich zu umfliegen. Sie brachte das Flugzeug auf 4500 Fuß Höhe hinunter, dann auf 3000 Fuß, 2000 Fuß.
»So, jetzt ist es an der Zeit, dir deinen Lebensunterhalt zu verdienen, Valdemar«, sagte sie. »Ich halte mich westlich von der Küste. Mach du nur deinen Pakt mit dem Teufel.« Alvilda lachte glücklich; wie sie das Fliegen liebte!
Der Fotograf hatte bereits begonnen, Bilder von den Klippen zu schießen, die aus dieser Höhe klein und unbedeutend aussahen. Es dauerte nur einen Augenblick, dann waren sie an ihnen vorbei, und Alvilda wendete das Flugzeug und flog noch ein-, zweimal an der Küste entlang.
»Ich versuche, in den Nebel hineinzufliegen«, sagte sie. »Haltet euch fest, seid ihr bereit, dem Teufel zu begegnen?«
Der Fotograf lachte und griff nach der zweiten Kamera. Balder sagte nichts, seine Augen waren starr auf das Instrumentenbrett gerichtet. Dann wurde alles um sie herum flimmernd gelblich grau. Alvilda verringerte die Flughöhe noch ein wenig, dann noch ein wenig, aber noch immer war nichts als Nebel zu sehen, und bevor sie etwas unter sich erkennen konnten, waren sie bereits wieder aus dem Nebel heraus, und da war nur Wasser.
»Und noch einmal«, sagte Alvilda und drehte das Flugzeug. Sie atmete tief durch und verringerte dann die Flughöhe noch einmal um 150 Fuß, dann umarmte sie der Nebel, und um weitere 150 Fuß, und von einem Augenblick zum andern waren sie in der klaren Luft, und eine hellgrüne Landschaft mit einer glänzenden Insel in der Mitte sprang ihnen wie durch ein Wunder entgegen.
»Das sieht weiß Gott nicht wie die Hölle aus!«, rief Valdemar und fotografierte, so schnell er konnte.
»Seht mal da drüben«, rief Balder und zeigte auf eine kleine Reihe Häuser und Höfe an der Spitze der Insel.
»Ein Dorf! Das muss das Dorf sein, aus dem der kleine alte Mann kommt«, sagte Alvilda.
»Dreh das Flugzeug, hinter uns ist noch eins«, fuhr der Fotograf fort.
Aber nun passierte etwas Merkwürdiges. Genau in dem Moment, in dem Alvilda das Flugzeug drehte, ging ein Beben durch seinen Rumpf. Balder wurde bleich, sagte jedoch keinen Ton. Alvilda versuchte wieder aufzusteigen, aber die Nase des Flugzeugs schien plötzlich wie mit Blei gefüllt. Wie sehr sie auch an dem Steuerrad riss und zerrte, die Nase hing weiter vornüber. Das Flugzeug bebte noch einmal und begann unruhig zu zittern, als würde es in den Seiten gekitzelt.
»Nur ruhig. Mama wird ihr Schiff schon wieder flottkriegen«, rief Alvilda, obwohl keiner ihrer Kollegen etwas gesagt hatte. Der Fotograf machte weiter Bilder von dem Dorf, während er versuchte, dem
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