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Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Titel: Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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wiederzusehen. Dennoch war ich natürlich entschlossen, die Verpflichtung, die ich in Gegenwart unseres Herrn Königs und so vieler bedeutender Männer übernommen hatte, treu zu erfüllen. Wann immer ich auf eine Spur oder einen Hinweis stoßen sollte, ich würde ihr folgen. Wenn es sein musste, bis in die Hölle. Doch so weit brauchte ich gar nicht vorzudringen. Es genügte schon, dass ich bis in die Vorhölle kam. Dies war eine Grafschaft zwischen Weser und Aller.
    Es war der dritte Tag, nachdem wir die sehr unscharfe Grenze zwischen dem fränkischen Austrien und den sächsischen Gauen überschritten hatten. Gegen Abend wollten wir das Gut eines Grafen Volz erreichen, das in unserem Itinerar als besonders gastliche Stätte empfohlen war.
    Wir hatten zwei Nächte in elenden, schmutzigen Herbergen verbracht, Seite an Seite mit den Wirtsleuten und ihrem Vieh, weniger schlafend als halb betäubt vom Gestank und von Wanzenstichen. Nun freuten wir uns, an einen Ort zu kommen, wo uns, wie wir hofften, Ruhe, ein gutes Mahl und ein wenig Bequemlichkeit erwarteten.
    Am Ufer der Weser zogen wir nordwärts. Rechts war der graue Strom, der reichlich Wasser führte. Wir haben hier einen regnerischen Sommer und auch an diesem Tag erlebten wir mehrere Wolkenbrüche. Der elende Trampelpfad, dem wir folgten, war völlig aufgeweicht. Wir mussten unsere Reittiere führen, deren Hufe nur mühsam Halt fanden. An manchen Stellen sanken wir bis zu den Waden ein. War der Weg überhaupt nicht mehr passierbar, wurden Äxte und Messer gezückt und wir kämpften uns seitlich durch das Unterholz. So verrann kostbare Zeit.
    Der Grafensitz liegt auf der anderen Seite des Flusses, etwa vier bis fünf Meilen östlich. Nach Auskunft eines Händlers, der uns mit seinem Treck entgegen kam, sollten wir gegen Mittag eine Herberge erreichen, deren Wirt uns mit dem Fährboot hinüber bringen würde. Doch es war bereits spät am Nachmittag, als wir endlich zwischen den Bäumen das langgestreckte niedrige Haus erblickten.
    Unten am Wasser bewegten sich Leute. Wir erkannten nicht gleich, was vorging, weil uns die Sicht durch Buschwerk versperrt war. Dann sahen wir, dass Männer ein Boot zu Wasser ließen. Sie stießen es in Stromrichtung vorwärts. Ein rauer Zuruf ertönte. Sie sprangen hinein und begannen, aus Leibeskräften zu rudern.
    „Zum Teufel!“, rief Odo. „Das ist die Fähre! Wir müssen sie aufhalten. Sonst wird es für heute zu spät!“
    Er rannte hinunter zum Wasser, schwenkte die Arme und brüllte: „Zurück!“
    Aber das Boot war schon von der Strömung erfasst und trieb rasch zur Mitte des Flusses. Es war ein langes, flaches Boot mit hoch aufragendem Vordersteven. Der bärtige Fährmann stemmte sich gegen das Steuerruder, um nicht allzu weit abgetrieben zu werden. Dabei schrie er etwas, das wegen des starken Windes nicht zu verstehen war, und deutete zum anderen Ufer. Dort wartete ein bunter Haufen von Männern, Frauen, Kindern und Tieren.
    Odo war wütend und zog sein Schwert.
    „Hol über, Kerl! Das ist ein Befehl im Namen des Königs! Willst du, dass ich dich auf diese Klinge spieße?“
    Auch ich war inzwischen zum Ufer hinunter gestapft.
    „Was schreist du noch?“, rief ich. „Es ist zu spät. Wenn sie zurück sind, wird es dämmern. Wie sollen wir dann noch da drüben vier oder fünf Meilen hinter uns bringen?“
    „Das schaffen wir, Vater! Ich hab keine Lust, zum dritten Mal in einer stinkenden Herberge zu nächtigen. Wir setzen heute noch über, aber vorher werde ich diesem Schuft von Fährmann, der es wagt, den Befehl eines Königsboten …“
    Er verschluckte die Drohung und schwieg überrascht. Aus dem Hause war eine Frau getreten, rotwangig, rund, mit blonden Löckchen, einen rasch übergeworfenen Umhang um die Schultern, den sie im Gehen mit einer Fibel befestigte. Ihre Röcke raffend, unter denen sie Strümpfe und Schuhe mit glänzenden Schnallen trug, eilte sie uns geschäftig entgegen
    „Heil Euch, edler Herr! Und auch Euch, Vater!“, sagte sie, indem sie ganz unbefangen vor uns stehen blieb und von einem zum anderen blickte. „Gewiss seid Ihr müde von der Reise und sehnt Euch nach einem trockenen Plätzchen. Tretet ins Haus ein! An einer guten Mahlzeit soll es nicht fehlen. Auch Eure Tiere wird man versorgen. Erweist uns die Ehre und folgt mir!“
    Die Frau hielt diese kurze Ansprache in der eigentümlichen Art, mit der sich die Sachsen in der lingua theotisca ausdrücken. Am ersten Tag verstand ich fast gar

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