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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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gleich nach der Verlobung habe man Hochzeit gefeiert.
    „Man war dankbar für die Werbung?“ fragte Odo, als habe er nicht richtig gehört.
    „Oh ja!“ erwiderte Herr Garibald. „Herr Meginfred rechnete es sich zur Ehre an, mit den Herren vom Rabennest verwandt zu werden!“
    „Und die Braut? War sie ebenfalls dankbar? Wenn Euer Bruder älter als Ihr war, konnte er kaum ihren Wünschen entsprechen.“
    „Sie bewunderte seine Güte, seinen Verstand und seinen Heldenmut. Das war die Grundlage ihrer Liebe.“
    „War sie auch damals schon Witwe?“
    „Wie kommt Ihr darauf? Sie war Jungfrau!“
    „Doch immerhin schon zwanzig Jahre alt.“
    „Sie war wählerisch, wollte nicht jeden. Und ihr Vater ließ ihr den Willen.“
    „Gab er ihr auch eine gute Mitgift?“ erkundigte ich mich.
    Herr Garibald zögerte mit der Antwort und nahm einen Schluck aus seinem Becher. Dann erwiderte er:
    „Meinem Bruder kam es nicht auf die Mitgift an. Wir sind wohlhabend.“
    „Dann zahlte er wohl einen hohen Brautpreis?“
    Jetzt war unser Gastgeber leicht aus der Fassung gebracht.
    „Ihr stellt die Frage, mein christlicher Herr, als handle es sich dabei um ein Unrecht. Ist es nicht auch bei euch Franken üblich, dem Muntwalt einen Brautschatz zu überreichen?“
    „Wieviel hat sie gekostet?“ fragte Odo unverblümt.
    „Wie soll ich das jetzt noch wissen! Ich habe mich nicht darum gekümmert, mein Bruder regelte das allein. Aber die Herren vom Rabennest waren nie kleinlich. Ihrem Vater, der leider verarmt und etwas heruntergekommen ist, wurde jedenfalls aus der Not geholfen. Dafür war sie meinem Bruder sehr dankbar und liebte ihn um so mehr.“
    „Auch dies war die Grundlage ihrer Liebe.“
    „Gewiß. Und ich möchte hinzufügen, meine Herren, daß wir sie niemals ihrer Armut wegen verachtet, sondern immer ihrer vornehmen Herkunft wegen geehrt haben.“
    „Ist sie so vornehm, daß man sie tragen muß?“
    „Das nicht. Sie hat sich vor einiger Zeit die Füße verletzt und ist seitdem etwas unsicher auf den Beinen. So sitzt sie meistens und geht ihrer Lieblingsbeschäftigung nach, der Weberei. Sie macht sehr hübsche Stoffe. Natürlich darf sie im Rabennest bleiben, wir schicken sie nicht zu ihrem Vater zurück, denn dort würde sie nichts Gutes erwarten. Ich habe sogar die Munt {8} übernommen! Auch die beiden Knechte dort habe ich ihr überlassen, als Träger. Der unglückliche Bardo pflegte sie selbst auf seinen Armen zu tragen … so liebte er sie.“
    Herr Garibald seufzte tief, doch nicht aus Kummer, wie mir schien, sondern erleichtert, weil es ihm gelungen war, uns auf alle Fragen so klar und zufriedenstellend Bescheid zu geben.
    „Nun macht Ihr uns allerdings noch neugieriger“, sagte Odo. „Wenn es so war, wie Ihr behauptet … warum mißgönnte dieser Irmo seiner Schwester ihr Glück? Welchen Grund hatte er, ihren Gemahl zu töten?“
    „Das will ich Euch sagen!“ antwortete Herr Garibald hitzig.
    Er sagte es uns aber nicht, weil er in diesem Augenblick einen bewaffneten Knecht sah, der von draußen hereinkam und stracks auf ihn zuging.
    „Was gibt's?“
    „Da sind Männer am Tor und begehren Einlaß.“
    Ein so später Besuch im Rabennest war sicher ungewöhnlich und mochte nichts Gutes bedeuten. Herr Garibald zögerte einen Augenblick und schien zu überlegen, ob es besser sei, gleich mit dem Knecht hinauszugehen oder ihn in unserer Gegenwart zu befragen. Er entschied sich für das letztere.
    „Männer, sagst du? Wer ist es? Kennt ihr sie?“
    „Der junge Herr Thankmar ist's und …“
    „So spät? Was will er?“
    „Er und …“
    „Schickt ihn sein Vater?“
    „Ja …“
    „Nun, dann laßt ihn herein!“ Der Hausherr wandte sich mit heiterer Miene wieder an uns. „Rotharis Sohn, Meinrades Verlobter. Der Herr Graf hat wohl von Eurer Ankunft gehört und ist beunruhigt. Schickt bei Nacht seinen Sohn herauf. Grämt sich, weil er den Paß nicht geräumt und Euch Euerm Schicksal überlassen hat. Worauf wartest du? Ich sagte doch, laßt ihn ein! Er soll seinem Vater berichten, wie man im Rabennest hohe Gäste empfängt!“
    Die letzten Sätze waren wieder zu dem Wächter gesprochen. Der hatte sich nicht von der Stelle gerührt.
    „Der junge Herr Thankmar ist nicht allein gekommen“, sagte er.
    „Nicht allein? Wer ist bei ihm?“
    „Der Herr Irmo.“
    So lange hatten nur wenige aufgemerkt. Als jetzt der Name Irmo fiel, verstummten alle Gespräche. Unwillkürlich blickte ich zu der Witwe hin,

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