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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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bejahte.
    „Wer war es?“
    Sehr langsam wandte sie den Kopf. Mit ihrem einen Auge blickte sie auf den Grafen, der gerade mit einem halb unterdrückten Fluch wieder Platz nahm.
    „Er!“
    Einen Augenblick lang hörte man nur die Goldammer, die über unseren Köpfen sang. Odo befühlte seine Nase und nickte gedankenvoll. Der junge Thankmar stand wie zur Säule erstarrt. Garibald seufzte und wandte sich ab.
    Der Graf, von Kopf bis Fuß ein ertappter Sünder, riß die Augen auf, knetete seine beringten Hände und stieß endlich hervor:
    „Was? Wie? Was hat sie da eben gesagt? Ich hätte diese Frau verführt? Das ist unglaublich … das ist lächerlich! Ich verbiete Euch weiterzureden, Lügnerin!“
    „Damals habt Ihr mich vertraulicher angeredet und mir allerlei Schmeichelhaftes gesagt“, entgegnete ihm die Frau Luitgard.
    „Nochmals sage ich, daß sie lügt! Gibt es hier jemand, der das glauben kann?“
    „Wir sind keine Versammlung von Heiligen“, sagte Odo. „Warum sollten wir es also nicht glauben? Wann und wie kam es dazu, Frau Luitgard?“
    „Vor drei Jahren war es, an einem schönen Herbsttag. Ich folgte der alten Frau, von der ich gesprochen habe, um ihr beim Kräutersammeln zu helfen. Wir trennten uns während der Suche, und im Eifer geriet ich tief in den Wald. Plötzlich stand er vor mir, erhitzt, den Jagdspieß in der Hand, erbeutetes Wild am Gürtel.“
    „Ihr kanntet den Herrn Rothari?“
    „Natürlich. Er war ja oft Gast meines Vaters gewesen, als ich noch Kind war und es uns besser ging.“
    „Was tat er?“
    Mit zitternder Ungeduld folgte der Graf dem Verhör. Jetzt rief er abermals dazwischen:
    „Das alles erfindet sie, um mir zu schaden! Merkt Ihr nicht, daß sie voller Ränke und Tücken steckt? Sie will sich rächen, weil ich die Heirat mit meinem Sohn verbiete. Glaubt ihr kein Wort!“
    „Ihr beteuert Eure Unschuld zu laut, Rothari! Laßt doch die Tatsachen für Euch sprechen. Wenn Lügen dabei sind, finden wir sie schon heraus. Weiter, Frau Luitgard!“
    „Er nannte mich einen Engel und eine Fee. Er sagte, daß er mich liebhabe und auf der Stelle um mich anhalten würde, wenn er nur frei wäre. Und dann umhalste und küßte er mich, und obwohl ich mich sträubte, warf er mich schließlich ins Gras.“ (An dieser Stelle stieß der Graf ein Gelächter aus.) „Als ich hinterher weinte, nahm er mir beim Leben meines Vaters und meines Bruders das Versprechen ab, über das Vorgefallene zu schweigen. Beide sind tot, also darf ich reden! Er versprach, mich zur Gräfin zu machen …“
    „Aber damals lebte ja meine Mutter noch!“ rief Thankmar mit einem wilden Blick der Entrüstung auf seinen Vater.
    „Sie war krank“, sagte die Luitgard. „Sie hustete, spie Blut und verließ kaum das Bett. Er glaubte, daß sie bald sterben würde. Anfangs hatte er auch die Idee, mich zu seiner Friedel {25} zu machen. Aber dann sagte er, das sei gegen die christliche Lehre, und ich wollte es auch nicht. So schwor er, gleich um mich anzuhalten, sobald Frau Immina gestorben sei, und dann trug er mir auf, mich auch am nächsten Tag wieder im Wald einzufinden. Ich war töricht genug, ihm alles zu glauben. Damals war ich schon neunzehn Jahre alt und hatte noch immer keinen Bräutigam, weil mein Vater die Mühle gebaut und nichts mehr für meine Mitgift hatte. Er aber, Rothari, versprach, mich auch ohne Mitgift zu nehmen, wenn es nur erst soweit sein würde. Für so viel Edelsinn meinte er aber, schon eine Belohnung im voraus verdient zu haben. Denn traurig sei es bei ihm im Ehegemach mit der kranken Frau. Wir aber könnten schon von den Freuden kosten, die nach der Heirat auf uns warteten. Ich hätte nicht für möglich gehalten, daß mich ein hochgestellter, edler Mann hintergehen könnte. So kam es, daß ich nach seinem Willen verfuhr.“
    „Ich habe sie niemals angerührt!“ schrie der Graf. „Mein Sohn, du wirst doch nicht solche Lügen glauben!“
    „Wir trafen uns täglich an derselben Stelle im Wald“, fuhr die Witwe unbeirrt fort, „so lange, bis es für das, was wir dort taten, zu kalt wurde. Und als der erste Schnee fiel, fand ich auch kaum noch einen Vorwand, um mich vom Hause zu entfernen. Rothari hatte mir zuletzt noch gesagt, daß seine Gemahlin im Sterben liege, daß ich in Ruhe abwarten solle und daß er im Laufe des Winters um mich anhalten werde. Ich wartete, aber nichts geschah. Frau Immina blieb am Leben, und man erzählte sogar, sie habe sich erholt. Sobald es Frühling wurde

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