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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Unruhe unserer Gastgeber durfte uns nicht leichtsinnig machen. Odos zorniges Dreinschlagen bei unserer Ankunft, noch unter dem Eindruck des Willkürurteils, hatte zwar nicht seine Wirkung verfehlt, doch war es fraglich, ob diese anhielt. Das meiste, was mein Freund vorgebracht hatte, beruhte auf Annahmen. Ich fand, daß er viel zu unvorsichtig gewesen war. Es erschien mir jetzt geradezu als ein Fehler, so rasch und offen Partei genommen zu haben. Waren wir besser als die anderen Gerichtsherren, die fahrlässig und ohne gründliche Prüfung ihre Urteile fällten? Gewiß, wir konnten die Nachlässigkeit der Zeugenbefragung und die Höhe und Härte des Urteils beanstanden, in der Hauptsache aber, der Frage der Schuld, hatten wir keine andere Lösung. Wenn der Jude tatsächlich der Mörder war, wurde auch alles andere unerheblich. Der flammende Zorn der Christen des Comitats über die Tötung ihres Bischofs rechtfertigte die äußerste Strenge. Und konnte man sich dem Argument widersetzen, daß ein Ungläubiger etwas weniger Anspruch auf die Milde des christlichen Rechts habe?
    Während Odo dem fast verstummten Comes umständlich und mit Genuß erzählte, wie wir damals auch ohne seine Amtshilfe der Mönchsbande habhaft geworden waren, dachte ich nach. Das Ergebnis war, daß nur der Beweis der Unschuld des Kaufmanns unsere Glaubwürdigkeit erhalten konnte. Sonst waren wir nur lärmende Wichtigtuer, über die man im Stillen lachen konnte. Und denen man früher oder später vorwerfen würde, daß ein Irrtum im allgemeinen Geschwister hat. Odos Ungeduld, es dem Comes Magnulf zu zeigen, hatte uns in eine schwierige Lage gebracht.
    Wenn Beweise für die Unschuld des Juden vorhanden waren, mußte man sie im Hause des Bischofs finden. Ich warf deshalb die Frage auf, wo wir Quartier beziehen würden. Wie zu erwarten, bot uns der Comes sein Haus an, allerdings sichtlich ohne Begeisterung. Da gab ich listig zu bedenken, daß die Beherbergung von Königsboten an Orten mit geteilter Autorität geteilte Pflicht der Autoritäten sei, des Bischofs ebenso wie des Comes. Zwar sei nun der Bischof infolge der Abberufung in die ewige Seligkeit nicht mehr gegenwärtig, doch sei die Quartierpflicht damit nicht aufgehoben, weil sie das Amt, nicht die Person beträfe. Dazu nickte der Comes eifrig und fügte hinzu, daß infolge besagter Abberufung im Hause des Bischofs mehrere schöne Räume frei seien, bestens geeignet für hohe Gäste, so als habe der edle Pappolus sich eigens hinwegbegeben, damit jene in seinem Hause alle Bequemlichkeiten fänden. Wir beantworteten diesen eigenartigen Scherz mit mattem Gelächter, und der Comes beeilte sich, weitere Vorzüge des bischöflichen Hauses zu benennen: die Nähe der Kirche für die Andacht; die Beschaulichkeit des Gartens; die Sicherheit hinter den steinernen Mauern; schließlich drei vorzügliche Diener: den zuverlässigen Türhüter Teut, den kunst- und erfindungsreichen Koch Griffo, nicht zuletzt aber die Romilda, erfreulich anzusehen und vielseitig dienstbar. Dabei kniff der alte Lüstling bedeutsam ein Auge zu. Ich brauche wohl kaum zu bemerken, daß Odo nicht erst überzeugt werden mußte, sondern gleich ungeduldig zum Aufbruch drängte.
    Es wurde beschlossen, daß außer ihm und mir auch Heiko und Rouhfaz im Hause des Bischofs wohnen, die anderen drei aber beim Comes Quartier nehmen sollten. Dies begründeten wir mit einer Vorschrift, die wir rasch eigens dazu erfanden. Natürlich sollten Fulk und die Recken ein wachsames Auge auf Magnulf und die Vorgänge in seinem Hause haben.
    So glaubte ich, daß alles bestens geordnet sei. Wäre ich weniger schlau gewesen! Noch ahnte ich nicht, was ich uns – vor allem meinem Freund Odo – damit erspart hätte …

3
    Z wischen zwei Doppelsäulen, die den Eingang flankierten, betraten wir das Haus des Entseelten.
    Die Tür stand halb offen. Niemand empfing uns. Der Türhüter war nicht auf seinem Posten. Von einem schmalen Vestibül führten drei Stufen hinauf in die Halle. Dies war ein großer, kahler Raum mit einem schönen, wenn auch schon etwas schadhaften Mosaikfußboden und Marmorbänken an den Wänden. Über eine schmale Terrasse gelangte man in einen verwilderten Garten. Hühner und Gänse, die ungehindert von dort hereinspazierten, ergriffen bei unserem Eintritt die Flucht. Ein paar arg beschädigte Bildwerke, die heidnische Götter, aber vielleicht auch Vorfahren der Bewohner darstellen mochten, standen in einer Ecke herum. Ein kleines

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