Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder
drinsteht …“
„Herr Papp… Herr Pappolus hat mir die Freiheit geschenkt!“ stieß der Koch hervor. „Das steht da drin und … und alles andere. Hat's unterschrieben, und auch … auch zwei Zeugen … Herr Bob… Bobolenus und Herr …“
„Ein Testament also!“ sagte ich. „Das interessiert uns. Hole es her, wir wollen es sehen!“
„Aber weiß ich … weiß ich denn, wer ihr seid?“
„Das weißt du spätestens, wenn du hängst!“ schnauzte Odo. „Spute dich also!“
Der Koch verzichtete auf weiteren Widerspruch und rannte hinaus.
„Draußen steht schon das Maultier bereit“, sagte der Türhüter. „Das hat er auch geerbt, sagt er … hat's mit Säcken beladen. Jetzt sitzt er wohl auf und haut ab, ja.“
„So hindere ihn daran!“ befahl Odo. „Heiko, geh mit ihm!“
Rouhfaz folgte den beiden neugierig. Odo und ich blieben mit der Romilda allein.
„Ihr habt mich gerettet, Herr!“ säuselte sie und ergriff seine Hand, um sie zu küssen.
„Gerettet?“ Es war ihm peinlich vor mir, und er zog die Hand zurück. „Du glaubst, daß du wirklich in Gefahr warst?“
„Oh ja! Er wollte mich sogar zwingen, mit ihm zu gehen.“
„Wohin?“
„In seine Heimat, nach Burgund.“
„Eine freundliche Gegend.“
„Aber ich will nicht dorthin! Ich verabscheue ihn und seine Kumpane.“
„Was sind das für Männer?“
„Auch Burgunder. Sie wollen die Reise gemeinsam machen. Es sind schmutzige, ungeschliffene Kerle. Ich wäre ihnen hoffnungslos ausgeliefert.“
„Hat dieser Griffo Rechte auf dich?“
„Nicht die geringsten. Ein hoher Herr, den ich auf einer Reise begleitete, starb hier in diesem Hause. Er ließ mich mutterseelenallein zurück. Pappolus … der ehrwürdige Vater erbarmte sich meiner und nahm mich in seinen Haushalt auf.“
„Der andere war wohl auch ein Priester?“ fragte ich.
„Ein Erzbischof war er!“ sagte sie stolz. „Er wußte ein Mädchen von freier Geburt und guter Erziehung zu schätzen. Ich stamme aus Ostia bei Rom. Mein Vater war Klostervogt, starb aber früh. Ich wurde von Nonnen aufgezogen. Nun hat mich zweimal das gleiche Unglück getroffen … ich habe meinen Beschützer verloren. Soll ich deshalb verzweifeln und mich einem Koch ergeben? Nicht wahr, hoher Herr, wer Ihr auch seid … das werdet Ihr nicht erlauben …“
Die Rückkehr des Griffo in Begleitung der drei anderen erließ Odo zunächst die Antwort.
Der Koch ging stracks auf ihn zu und hielt ihm eine versiegelte Pergamentrolle hin. Odo nahm sie, erbrach das Siegel und gab ihm das Blatt zurück.
„Lies vor! Was steht da?“ sagte er, indem er so tat, als sei es ihm nicht der Mühe wert, ein so unbedeutendes Schriftstück zu lesen.
Daß auch der Koch nicht lesen konnte, versteht sich von selbst. Allerdings schien ihm der Inhalt des Schriftstücks bestens vertraut zu sein, denn ohne Zögern und Stottern, die Augen auf die Zeilen geheftet, trug er folgendes vor:
„In Ehrfurcht vor Gott dem Herrn verfüge ich, Pappolus, daß Griffo, Sohn des Tatto, aus Arles in Burgund, mein treuer Diener und Zubereiter der Speisen, nach meinem Tode die Freiheit erhält. Aus meinem Erbe soll ihm gehören …“
Nun kam eine Aufzählung vorwiegend kostbarer Gegenstände, darunter derer, die im Sack waren. Auch der silberne Handspiegel war dabei. Ein Zeichen Heikos gab uns zu verstehen, daß alles andere bereits verpackt und draußen dem Maultier aufgeladen war.
Der Vortrag des Kochs schien mir allerdings etwas zu lang zu geraten – für die wenigen Zeilen, die auf dem Blatt standen. Ich nahm es ihm daher aus der Hand und las etwas vor, das von dem Gehörten erheblich abwich. Es war nämlich, flüchtig hingekrakelt, nur dieser einzige Satz:
„In Ehrfurcht vor Gott dem Herrn verfüge ich, Pappolus, man möge nach meinem Tode dem Griffo, meinem Diener und Koch, einem üblen, unverfrorenen Spitzbuben, der mich hundertmal bestohlen hat, hundert Rutenstreiche verabfolgen.“
Es gab einen Augenblick der Verblüffung. Dann aber war das Gelächter nicht aufzuhalten. Odo ließ sich auf den Stuhl des Bischofs fallen und schlug sich die Schenkel. Romilda, die nicht mehr von seiner Seite wich, stieß ihren Finger nach dem Geprellten und quiekte vor Vergnügen. Teut grunzte in unverhohlener Schadenfreude.
Der Koch verzog seine Miene, als habe er Essig geschluckt, und fuhr gegen mich los:
„Das steht da nicht! Das hast du … hast du dir ausgedacht, Kerl! Wer ist dieser Mönch? Der Elende! Er will
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