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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Aber sein Amtsbruder, der ihm die letzte Beichte abnahm, ließ Milde walten. Dazu hatte er auch Grund. Am Abend vor der Beichte waren die beiden Gäste des Comes gewesen. Und hatten dort dieselben Sünden begangen.“
    Ich erinnerte mich der ‚Symposien‘, von denen mir seinerzeit der Comes im Zustand der Trunkenheit selber erzählt hatte. Bei einem dieser Gelage hatte ein Bischof einen Lustdiener, den wir später als Pater Diabolus verfolgten, zum Priester geweiht. War Pappolus dieser Bischof gewesen?
    „Ich verstehe“, sagte ich teilnahmsvoll, „daß solche Zustände einen Frommen empören müssen.“
    „Empören?“ rief er. „Erschüttern! Entsetzen!“ Er durchbohrte mich mit einem Verschwörerblick und fuhr, seine Stimme dämpfend, fort: „Du bist fremd hier, Bruder, und ohne Vorurteile. Ich glaube, du bist auch reinen Herzens. Deshalb will ich aufrichtig zu dir sein. Vielleicht werde ich dich sogar bitten, einen Auftrag zu übernehmen. Hier gibt es nämlich keinen, zu dem ich genügend Zutrauen hätte. Alle sind Heuchler, Betrüger, Ehrabschneider! Kann ich mit deiner Verschwiegenheit rechnen?“
    Er rückte nahe an mich heran und blies mir den Atem ins Gesicht. Nachdem ich die Frage tapfer bejaht hatte, räusperte er sich und führte folgendes aus:
    „Du mußt wissen, bis vor drei Jahren gab es hier noch einen Bischof Eustasius. Das war ein Hirte von solcher Frömmigkeit, daß einmal zu Weihnachten, als er feierlich in die Kirche einzog, aus seinem Bischofsstab frisches Grün sproß. Wahrhaftig, er war ein Muster an christlicher Tugend! Höchstens einmal im Monat betrank er sich, und das Weibervolk rührte er überhaupt nicht mehr an, denn er wußte, wie schädlich das für die Gesundheit ist, und er wollte sein gottgeweihtes Leben nicht früher als nötig beenden. So starb er hochbetagt als Achtzigjähriger, und genau im Augenblick seines Hinscheidens hörte man drei Posaunenstöße vom Himmel – zum Zeichen, daß alles zu seinem Empfange bereit sei. Was mich betrifft, so war ich jahrelang, schon als Subdiakon, sein treuer Helfer gewesen, und ich hatte durch ihn auch die Priesterweihe empfangen. In der letzten Zeit, als er bereits sehr schwach war, hatte ich alle Pflichten für ihn übernommen. So war es natürlich, daß er in mir seinen Nachfolger sehen wollte. Noch auf dem Totenbett empfahl er mich!“
    „Und dennoch überging man Euch?“
    „Schnöde und schamlos! Damals war ein gewisser Unibert ein mächtiger Mann in der Stadt. Vasall des Königs war er, Besitzer herrlicher Güter. Sein Stadthaus, das größte und prächtigste weit und breit, steht hier auf dem Alten Forum …“
    „Ist es etwa das Haus, wo der Mord geschah?“
    „Das ist es! Pappolus nämlich war der ältere Bruder des Unibert. Damals lebte er unten in Burgund, wo er das letzte Salland der Familie verfraß und als Chorherr seinen Schafen den Meßwein wegsoff. Den wünschte sich Unibert nun hierher, zur Gesellschaft, denn er war ihm als Freßsack und Saufaus ganz ebenbürtig … kein Wunder, kamen sie doch aus demselben Mutterschoß. So wurde nun gegen mich ein Komplott geschmiedet. Der Comes war leicht gewonnen, dem war ich als lästiger Mahner zuwider. Der wünschte sich einen Bischof, der an seinen Gelagen teilnahm und dafür später im Beichtstuhl nachsichtig war. Auch das Weitere war ein Kinderspiel. Unibert streute Geld aus, und alles, was Stimme hatte, schrie: ‚Nieder Sallustus, wir wollen Pappolus!‘ Worauf sich Magnulf und Unibert selbst nach der Pfalz begaben. Auch dort verteilten sie ihre Geschenke, und natürlich wurde ihr Kandidat berufen. Bei der Rückkehr brachten sie ihn gleich mit, und noch bevor er sein erstes Hochamt feierte, gab es ein Festmahl, daß sich die Tische bogen und eine Orgie, daß die Kaninchen erröteten. Ich sage nur: Babel, Bruder, Babel!“
    Sallustus bekreuzigte sich mehrmals.
    „Und wie versah er nun sein Amt?“ fragte ich.
    „Darauf gibt es nur eine Antwort: jammervoll! Wenn er die heilige Messe zelebrierte, vergaß er gewöhnlich zu kommunizieren, das heißt er vergaß es mit Absicht, damit er rasch fertig wurde. Meistens aber mußte ich zelebrieren, und er schlief dabei ein. Hinterher wurde er munter und ging in die Sakristei und würfelte dort und machte Geldgeschäfte. Ein Wechsler im Tempel! Das meiste verdiente er mit Priesterweihen. Sagte einer von seinen Zechkumpanen: ‚Höre, Pappolus, ich habe da einen Tölpel von Unfreiem, der wäre mir ein bequemer Pfaffe …

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