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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Daß die Stunde gekommen sei, welche die wahren Christen im Comitat immer herbeigesehnt hatten! Daß es nun wichtig sei, keine Zeit zu verlieren! Daß sie alles, was möglich sei, unternehmen solle, um herzukommen und ihr Erbe zu retten!“
    „Will es ihr denn auch jetzt jemand streitig machen?“
    „Der Comes selber! Er hat überraschend entdeckt, daß er mit Unibert und Pappolus verwandt war. Auch einige seiner Herzensfreunde … alle sind plötzlich Onkel und Vettern! Wie hungrige Wölfe werden sie sich auf Häuser, Wiesen, Wälder, Äcker, Bauern, Knechte und Vieh stürzen! Andere Erben gibt es nicht … die edle Fausta hat als einzige Anspruch. Man wird ihr verschweigen, was geschehen ist … wenn sie es aber erst irgendwann in der Zukunft erfährt, wird es zu spät sein. Deshalb eile, um Christi willen, Bruder! Ich würde ja selbst die Reise machen, aber du weißt, ich kann jetzt nicht fort. Vielleicht hat man mir eigens aus diesem Grunde die Pflichten des Bischofsamts aufgeladen. Aber der Herr hat dich gesandt! Mach dich gleich morgen auf den Weg! Übrigens sollst du es nicht für Gotteslohn tun. Ich werde dir aus der Schatulle, wo ich die Gelder der Bußpflichtigen aufbewahre, einen Solidus für Wegzehrung und einen zweiten zur Belohnung geben!“
    Er sprang auf und wollte in die Sakristei gehen. Ich hielt ihn zurück.
    „Behaltet das Geld!“
    „Nimm wenigstens ein paar Denare …“
    „Ihr braucht sie zu besseren Zwecken! Für die Armen … die Witwen und Waisen …“
    Es war, als durchzucke ihn bei diesen Worten ein Schauder. Er drehte sich langsam zu mir um und legte mir die Hand auf die Schulter.
    „Du weist diese Gabe zurück, Bruder. Du nimmst keinen Obolus von dem, was den Armen gehört. Willst du aber wissen, wer von mir fünfzig Solidi fordert … fast alles, was ich besitze?“
    „Fünfzig Solidi?“
    „Zuzüglich der Verpflichtung, ein ganzes Jahr Bußfasten unentgeltlich für ihn abzuleisten?“
    „Wer könnte so etwas von Euch verlangen?“
    „Immer denselben Namen muß ich dir nennen: der Comes Magnulf! Dafür will er ein Wort für mich beim König einlegen … zugunsten meiner Ernennung zum Bischof. Wahrhaftig, so weit ist es gekommen! Bezahlen muß der Gerechte den Ungerechten, damit er den Platz erhält, der ihm zukommt! Die Waffen des Teufels muß er ergreifen, um Gottes Herrschaft zu erkämpfen! Dabei bin ich nicht einmal sicher, daß er mich nicht betrügen will. Vielleicht will er sich nur etwas von dem Geld zurückholen, das er mir für die vielen Messen und Psalmen geben mußte. Denn was sind für den Prasser schon fünfzig Solidi? Wird ihm ein anderer für das Amt nicht das Dreifache, Fünffache bieten? Eile, Bruder! Eile zum Kloster der drei Marien! Gottes Heerscharen werden gestärkt, wenn die edle Fausta zurückkehrt. Im Kloster verkümmert ihr streitbarer Geist – hier wird er gebraucht! Hier wird sie eine der Reichsten und Mächtigsten sein! Sie wird die Posaune blasen, und Babel wird fallen!“
    In einem Anfall von Begeisterung umarmte er mich. Dann blickte er auf zu den kleinen Fenstern unter dem Kirchendach, durch die nur noch Dämmerlicht hereinfiel.
    „Es ist spät. Ich muß an den Altar zurück. Muß heute noch vierzig Psalmen schaffen. Du könntest mir zwanzig abnehmen, Bruder, das würde Gott wohlgefällig sein …“
    „Verzeiht!“ sagte ich erschrocken. „Ich bin sehr müde. Habe heute schon viele Meilen zurückgelegt.“
    „Es ist nicht recht, auf dem Wege zum Herrn die Meilen zu zählen!“ sagte er verweisend.
    Glücklicherweise bestand er nicht auf seinem Vorschlag.
    „Gehe in Frieden! Hast du ein Nachtquartier?“
    „Ich habe eines.“
    „Geh! Und denke an dein Versprechen!“
    Er gab mir ein Zeichen, mich zu entfernen. Ich grüßte ihn und begab mich zum Ausgang. Wundern wird er sich, dachte ich, in welchem Quartier er mich wiederfindet!
    Noch war ich nicht an der Kirchentür, als mir der kleine Priester nachrief:
    „Warte, Bruder!“
    Mit raschen Schritten folgte er mir und holte mich ein.
    „Wenn du dich schon auf den weiten Weg machst“, sagte er, „sollst du nicht nur eine halbe, sondern die ganze Botschaft übermitteln! Sage der edlen Fausta die volle Wahrheit über den Tod ihres Sohnes. Ich wagte sie in meinem Brief nicht auszusprechen – aus Sorge, er könne in falsche Hände geraten. Vielleicht hat sie ihn wirklich nie erhalten. Sage ihr unverhüllt, daß er ermordet wurde! Dies wird ihr die Gewißheit geben, daß Gott

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