Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder
Reisegefährtin gewesen wäre, hätte ich nur das Geschehene auslöschen können.
Danach kümmerte ich mich wieder um Odo, der immer noch stöhnte, aber kaum mehr unter Krämpfen litt. Er fragte abermals nach Romilda, und ich hielt mit der Wahrheit nicht mehr hinterm Berg. Dies bereute ich gleich, denn es regte ihn auf. Seine Lippen begannen wieder zu zittern, und seine Zähne schlugen aufeinander wie Hämmer. Als er sich wieder etwas beruhigt hatte, konnte ich ihm ein paar Auskünfte entlocken. Tatsächlich hatte er noch vor Beginn des Mahls Heiko, Rouhfaz und den Friesen entlassen. Wohin sie gegangen waren, wußte er nicht. Romilda selbst hatte die ersten Gänge aus der Küche geholt, darunter das für sie tödliche Garum. Später hatte Odo sie nicht mehr von seiner Seite gelassen, und der Knabe, der Helfer des Griffo, hatte die restlichen Speisen gebracht. Plötzlich waren Musikanten erschienen und hatten gefragt, ob sie aufspielen dürften. Dem Bischof Pappolus waren sie angeblich immer willkommen gewesen. Mit Odos Erlaubnis hatten sie eine Weile gespielt, dazu auch gesungen und getanzt. Überraschend waren sie dann aber verschwunden, ohne auf ihren Lohn zu warten. Odo hatte sie noch zurückrufen wollen, doch fast im selben Augenblick hatten bei Romilda das Brennen und die Krämpfe begonnen. Schließlich war mein Freund in die Küche gegangen – da aber war das Nest schon leer und der Vogel ausgeflogen.
„Ich begriff sofort“, sagte Odo. Er konnte nur im Flüsterton sprechen, und ich mußte mein Ohr an seinen Mund legen. „Auch bei mir ging es plötzlich los. Ich lief ins Zimmer zurück … da wälzte sich Romilda am Boden. Sie schrie … war nicht mehr ganz bei Verstand. Was tun? Das Gift mußte heraus … denn es gab keinen Zweifel, daß es Gift war. Ich versuchte es auf verschiedene Art … bei ihr und bei mir … aber nur mit halbem Erfolg …“
„Und wie hast du es schließlich bei dir geschafft?“
„Mir fielen die alten Römer ein. Die wußten ja, daß zum Fressen das Kotzen gehört. Eine Feder! Ich brauchte dringend eine Feder! Ich rannte hinaus … Gleich hinterm Haus ist ein Verschlag … doch das verdammte Geflügel wurde munter, ließ sich nicht fangen. Eine Gans floh in die Halle. Ich hinterher … Ich dachte: Du oder ich! Und warf mich auf sie, erwürgte das Vieh, riß eine Feder aus. Damit gelang es mir, ich erleichterte mich. Aber ich kam nicht mehr hoch … blieb liegen …“
„Doch warst du gerettet!“
„Dank Gott und der Gans. Sie ist eine Märtyrerin. Vollbrachte mit ihrem Opfertod eine christliche Tat. Ich lasse ihr eine Messe lesen …“
Wenig später – es mochte eine Stunde vor Mitternacht sein – war das Haus von geschäftigem Lärm erfüllt.
Nachdem Sallustus sie benachrichtigt hatte, waren Fulk und die Recken herbeigeeilt. Kurz darauf waren auch Heiko, Rouhfaz und der Türhüter aus einer Schenke, wo sie gewürfelt hatten, zurückgekehrt. Sie alle hatten tüchtig gezecht, doch rasch verflüchtigte sich ihre Trunkenheit. Sie durchstöberten das Haus und den Garten und schworen, sie würden den Koch und seine schändlichen Helfershelfer noch während der Nacht, vor dem ersten Hahnenschrei einfangen.
Der Friese zeigte sich als einer der Eifrigsten. Gleich stellte er fest, daß sowohl das Maultier als auch die beiden Säcke mit kostbarem Inhalt fort waren. Er fand auch die Gartenpforte entriegelt, durch die die Kumpane des Kochs erneut hereingekommen sein mußten. Der Türsteher kannte sowohl diese Männer als auch den Knaben, der öfter im Hause aushalf und ihnen vermutlich geöffnet hatte. Ebenfalls wußte er, wo die Musikanten zu nächtigen pflegten, welche – das war jetzt klar – den Lärm machen mußten, der die geräuschvolle Flucht ermöglichte. Teut erbot sich, unsere Leute zu führen, und Heiko wollte gleich aufbrechen. Ich gab dagegen zu bedenken, daß es wohl kaum gelingen werde, die Flüchtigen jetzt in der Nacht in einem Schlupfwinkel aufzuspüren. Und es seien ja auch die Torwachen verständigt worden. Da meinte Heiko, Torwächter seien bestechlich, noch aber sei Aussicht, den Koch in der Stadt zu fangen, weil er die schwere Kette erst loswerden müsse. Vielleicht werde er sogar einen der Schmiede aufsuchen, von denen es ja nicht viele gäbe. Dies leuchtete ein, und so stimmte ich zu, doch mahnte ich zur äußersten Vorsicht. Einem Unfreien, den nur der Henker erwarte, würde es auf einen Toten mehr oder weniger nicht ankommen.
Ich
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