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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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für sie die rächende Hand erhob und daß er nun Taten von ihr erwartet, damit nicht alles umsonst war. Es wird ihr ein Sporn sein! Hast du verstanden?“
    „Das habe ich. Aber seid Ihr dessen wirklich ganz sicher?“
    „Sie wird dir glauben, wenn du ihr mitteilst, daß es der Koch war, der ihn umgebracht hat. Natürlich im Auftrag seines Herrn. Sie haßte den burgundischen Schurken und rührte nie etwas an, was er zubereitet hatte. Sie wußte, im Garten, gleich hinter der Küche … dort gibt es ein Eckchen mit Höllenkräutern …“
    „Giftpflanzen?“
    „Bilsenkraut, Tollkirsche, Gartenschierling. Auch andere, welche vorsichtig beigemischt, eine kräftige Würze ergeben. Seine berühmten scharfen Soßen … wer ahnte schon, was alles darin war? Besonders das köstliche Garum, die Fischsoße … der Knabe Ansegisel war ganz verrückt danach …“
    Mir war, als erhielte ich einen Schlag.
    „Garum? Fischsoße?“ murmelte ich.
    Vermutlich wurde ich rot oder blaß, denn er fragte besorgt:
    „Was hast du, Bruder?“
    „Nichts! Doch erlaubt, daß ich Euch verlasse!“
    „Gehe mit Gott! Ich vertraue dir! Wirst du auch alles getreulich …“
    Ich hörte nicht mehr, was er mir nachrief. Mit Riesenschritten verließ ich die Kirche.

5
    I ch stürmte über das Forum und hinein in das Haus des Bischofs wie ein sarazenischer Kriegsknecht, der hinter einer christlichen Jungfrau her ist.
    In der Halle war es fast dunkel, nur vom Garten her kam etwas Dämmerlicht herein. Die Tür zum Speisezimmer war angelehnt, der helle Spalt zeigte an, daß drinnen eine Lampe oder Kerzen brannten. Es war aber so still, als sei niemand im Hause. Diese Stille war bedrückend, ja lähmend, und ich stoppte meinen eiligen Schritt, um einen Augenblick zu lauschen. Nichts. Keine Stimmen, auch keine Geräusche. Ein kalter Schauer überlief mich. Ich stand wenige Schritte vor der Tür, doch plötzlich schienen meine Füße Steine zu sein, so schwer, daß ich sie nicht einen Schritt weiterzuschleppen vermochte.
    Da vernahm ich auf einmal ein schwaches Stöhnen. Woher kam es? Ich spähte angestrengt in eine Ecke der Halle. Im Schatten bewegte sich etwas. Ich zwang mich, die Beine zu heben und machte zwei, drei Schritte dorthin. Mein Fuß trat auf etwas Weiches, Rundes. Viel fehlte nicht, und ich wäre darüber gestolpert. Nur mühsam konnte ich das Gleichgewicht halten. Als ich mich zitternd bückte, faßte ich in das Federkleid eines Vogels. Ich ertastete auch den Hals, den Schnabel … es war eine tote Gans.
    Wieder hörte ich aus der Ecke das Stöhnen. Im selben Augenblick polterte es. Kein Zweifel, dieses Geräusch war aus dem Speisezimmer gekommen. Ich fuhr auf und war schon im nächsten Augenblick an der Tür, die ich so heftig aufstieß, daß das Quietschen der Angeln wie ein gequälter Aufschrei klang. Ich stürzte bis zur Mitte des Zimmers und kam erst zum Stehen, als mein Bauch die Tischkante rammte.
    Halbvolle Becher, Schüsseln mit Speisen, von denen gekostet wurde. Auch verschütteter Wein, vermischt mit Erbrochenem. Die Reste eines Mahls, das ein jähes Ende nahm.
    Der hohe, geschnitzte Stuhl war umgestürzt. Zwischen ihm und dem Tisch, mit dem Kopf auf dem dunklen Fleck vom Blute des ermordeten Bischofs, verkrümmt und dabei wie erstarrt in einem krampfhaften Aufzucken lag ein Frauenleichnam.
    Es war Romilda.
    Ein Höllenfeuer mußte die Ärmste von innen verzehrt haben. Ihre Zunge hing heraus, als lechze sie nach Erquickung. Die weit aufgerissenen Augen zeugten schrecklich von der erduldeten Qual. Die Anmut der ebenmäßigen Züge war der Häßlichkeit einer verzerrten Grimasse gewichen. Der Körper, nur mit einem schleierdünnen Hemd bekleidet, hatte allen sündigen Reiz verloren, war nichts mehr als ein zerstörtes Gefäß, das seinen ekelhaften Inhalt auf sich selber und die Gegenstände der Umgebung vergossen hatte.
    Ein kleiner Hund strich schnüffelnd um die Tote herum. Er hatte einen Krug umgeworfen und damit das Gepolter verursacht, das ich gehört hatte. Ich empfand Mitleid mit ihm und versetzte ihm einen Fußtritt. Aufjaulend nahm er Reißaus.
    Wer hatte draußen in der Halle gestöhnt? Ich nahm eine Öllampe vom Tisch und ging wieder hinaus. Beinahe wäre ich abermals über die verendete Gans gestolpert.
    Ein zitternder, leise ächzender, fast nackter menschlicher Unglückshaufen lag in der Ecke im Schatten. Ich stellte die Lampe auf den Boden und kniete neben ihm nieder. Fest griff ich in das Haar des

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