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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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die Lippen.
    „Trink alles!“
    Er spuckte und gurgelte, aber dann schluckte er. Sein Körper bäumte sich auf und erschlaffte wieder.
    „Was ist hier passiert?“ schrie Sallustus, der plötzlich hinter mir stand. „Wer ist dieser Kerl? Und du, Bruder Lupus … was suchst du hier?“
    Es war keine Zeit für lange Erklärungen. Ich erhob mich und sagte in barschem Ton:
    „Was hier passiert ist? Wieder ein Mord! Und beinahe sogar noch ein dritter! Und der Mann hier am Boden ist Herr Odo von Reims, Vasall des Königs und unterwegs als sein Stellvertreter. Und auch ich, der Diakon Lupus, bin missus dominicus  … Königsbote! Wir sind heute in diesem Saustall eingetroffen. Im Auftrag des Königs sollen wir ausmisten. Aber man scheint uns daran hindern zu wollen!“
    „Was? Königsboten?“ rief er. „Und das soll ich glauben? In diesem Hause bestimme …“
    „In diesem Hause bestimmen jetzt wir! Denn wir haben es zu unserm Quartier erwählt. Unser Gefolge ist im Augenblick abwesend. Das hat sich der Mörder zunutze gemacht und …“
    „Du hast … Ihr habt mich also getäuscht!“
    „Hör zu, Pfaffe!“ sagte ich zornig, wobei ich ihn an seiner Stola packte. „Noch ist nicht sicher, wer von uns beiden den andern am meisten getäuscht hat! Ich bin voller Vorfreude, diese Frage zu prüfen. Wir werden dann feststellen, wer Gottes Hand beim Mord an Bischof Pappolus führte. Aber das kann erst morgen geschehen. Jetzt …“
    „Ihr habt mich ausgehorcht und mein Vertrauen mißbraucht!“
    „Schweig! Und höre, was ich dir jetzt sage!“
    „Laßt mich gehen! Ich muß zurück in die Kirche!“
    „Du wirst noch viel Zeit haben, Buße zu tun und die Knie zu beugen! Jetzt hältst du dich zu meiner Verfügung. Ich vertrete hier auch den Herrn Erzkaplan!“
    „Vielleicht auch den Papst? Ich will Eure Vollmacht sehen!“
    „Später. Übrigens wird dir der Comes Magnulf alles bestätigen. Zu dem nämlich wirst du jetzt eilen. Und ihm in unserem Namen sagen, er möge die Torwachen anweisen, den Koch Griffo, der auf der Flucht ist, auf keinen Fall durchzulassen! Sein Garum war heute besonders scharf. Die Romilda ist tot, Herr Odo noch immer in großer Gefahr. Wenn du mir früher gesagt hättest, was er mit Fischsoßen anrichtet …“
    „Konnte ich ahnen, daß er es wieder tat? Ihr wollt mich in die Sache hineinziehen …“
    „Du bist schon tief drin, mein frommer Büßer! Ich rate dir deshalb, mich nicht zu erzürnen. Wenn der Comes seine Befehle erteilt hat, soll er sich unverzüglich hierher verfügen. Geh! Nein, hilf mir zuerst, Herrn Odo zu Bett zu bringen!“
    Sallustus wagte keinen Widerspruch mehr. Wir hoben Odo auf und trugen ihn in eine der Schlafkammern. Nach meinen harschen Worten entbehrte es nicht der Peinlichkeit, den fast nackten Stellvertreter des Königs, der gekommen war, um einen Saustall auszumisten, in diesem Zustand zu sehen. Denn wie die Reste des Mahls, die noch unberührten auf dem Tisch und die halbverdauten auf dem Boden, untrüglich bewiesen, hatte er vorher tüchtig geschlemmt, und die Zweisamkeit mit der Bischofskebse ließ darauf schließen, was für ein Nachtgebet folgen sollte. Babel, mochte Sallustus denken, sie schicken uns wieder nur Hurer und Völlerer!
    Indessen hatte ich ihn doch nicht wenig beeindruckt. Plötzlich war er verstummt, und er zermarterte sich nun wohl seinen Karottenkopf darüber, was er mir alles anvertraut hatte und womit ich ihm einen Strick drehen konnte. Dies bewies mir, daß ich auf meiner Harfe die richtige Saite gezupft hatte. Obwohl ich so strenge Töne im allgemeinen nicht liebe, beschloß ich, mit der Melodie fortzufahren.
    Ich befahl ihm noch, unsere Leute, die beim Comes im Quartier lagen, zu verständigen, des weiteren einen Arzt zu rufen und einer frommen Frau die Sorge um den Leichnam anzuvertrauen. Damit entließ ich ihn vorerst.
    Noch einmal ging ich in das Speisezimmer und warf einen Blick auf die arme Unglückliche. Der kleine Hund war wieder bei ihr und leckte ihr das Gesicht. Ich überwand mich und streckte die Glieder der Toten, damit die Leichenstarre sie nicht wie ein zertretenes Insekt überraschte. Ich schloß ihr auch den Mund und die Augen. In der Truhe fand ich ein Tuch, das ich über sie warf. Dann betete ich, doch ohne Inbrunst. Denn ich war uneins mit Gott, der das gräßliche Ende des reizenden Geschöpfs nicht verhindert hatte. Und ich dachte, wie lieb mir jetzt Romilda als muntere, wenn auch nicht ungefährliche

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