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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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behielt Rouhfaz und einen der Recken, letzteren als Wache, zurück und entließ die anderen. Unser kahlköpfiger Schreiber, der sich ein wenig auf die geheimen Kräfte der Pflanzen versteht, fand in der Küche Eibennadeln, Wurzeln von Bilsenkraut und Eisenhut und anderes, was genügt hätte, um ein Pferd zu töten. Die Mischung war offensichtlich so abgemessen, daß das Gift nicht unmittelbar, etwas später jedoch um so furchtbarer wirkte. So konnte die Flucht ins Werk gesetzt, eine rasche Verfolgung aber verhindert werden.
    Rouhfaz, der ein besserer Samariter als ich ist, übernahm nun die weitere Pflege meines Freundes. Einen mürrischen, schlaftrunkenen Arzt aus dem vicus, den Sallustus herbeigeholt hatte, schickte ich gleich wieder fort. Er war im Hauptberuf Walker und verlangte wahrhaftig fünfundzwanzig Denare, bevor er auch nur einen Blick auf den Kranken warf. Ich hatte nicht übel Lust, ihm von unseren Recken fünfundzwanzig Stockhiebe geben zu lassen, bezähmte mich aber.
    Sallustus brachte gleich mehrere alte Weiber mit, die unter Geseufze und Klagegeheul den letzten Dienst an der Toten versahen. Auch ein paar Chorherren fanden sich ein, schnatterten aufgeregt und warfen dabei unter häufigem Kreuzschlagen lüsterne Abschiedsblicke auf die Entseelte, deren weißes, üppiges Fleisch nach der Waschung noch einmal trügerisch schimmerte. Den Comes mußte Sallustus entschuldigen, weil ihm ‚nicht wohl‘ sei. Das ‚nicht wohl‘ betonte der kleine Priester eigenartig, als wollte er sagen: „Du verstehst schon!“ Er war jetzt außerordentlich beflissen, was bewies, daß er sich erkundigt hatte. Natürlich verstand ich, ließ es mir aber nicht anmerken, denn ich wollte zwischen ihm und mir keine neue Vertraulichkeit aufkommen lassen.
    Was gemeint war, zeigte sich kurz darauf, als ein Vicarius mit ein paar gräflichen Vasallen als Vertreter des Comes ins Haus platzte. Die edlen Herren waren so betrunken, daß sie glaubten, von uns, den Königsboten, zu einem späten Mahl geladen zu sein. Gleich setzten sie sich im Speisezimmer um den Tisch, langten nach den erkalteten Resten (das Garum war glücklicherweise schon abgeräumt) und riefen nach Wein. Nur mit Mühe konnte ich mir Gehör verschaffen. Als ich aber vom Tod der Romilda berichtete, brachen sie in Gelächter aus und hielten dies für einen guten Scherz von der Art, wie sie am Tisch des Pappolus üblich waren. So führte ich sie denn in den Raum, wo der Leichnam inzwischen aufgebahrt war. Nun begriffen sie, und es herrschte die größte Bestürzung. Einige brachen sogar in Tränen aus. Andere fluchten und drohten dem Mörder, und ich zweifle nicht, daß sie ihn auf der Stelle niedergemacht hätten, wäre er in der Nähe gewesen. Mit hängenden Köpfen zogen sie ab. Kurz darauf lärmten sie aber schon wieder auf dem nächtlichen Forum, wo zwei sich stritten und, von den anderen lebhaft angefeuert, mit Schwertern übereinander herfielen. Der Tod der Romilda war längst vergessen.
    Nach Mitternacht trat endlich Ruhe ein. Die alten Weiber verschwanden, nachdem sie entlohnt waren. Auch die Chorherren zogen ihre Matratzen der Nachtwache am Totenbett der Sünderin vor. Sallustus war oben in seiner Kammer verschwunden. Er hatte vorher gefragt, ob er sich zurückziehen dürfe.
    Noch einmal sah ich zu Odo hinein. Er fieberte etwas, verlangte aber schon wieder nach Wein. Ich brachte ihm einen Becher, den jedoch Rouhfaz unerbittlich zur Hälfte leerte, um den Rest mit Wasser aufzufüllen. Danach ließ ich mich im Speisezimmer auf dem Stuhl des seligen Bischofs nieder. Ich fand noch ein Stück Brot, das die letzten Gäste verschmäht hatten, und stillte damit meinen Hunger. Seit dem Morgen hatte ich nichts gegessen, aber ich dankte Gott mit einem Gebet, daß er mich in der Kirche zurückgehalten und vor dem schrecklichen Mahl bewahrt hatte. Denn zweifellos hätte ich in meiner Gier von dem Garum das meiste vertilgt. Noch am Tisch fielen mir die Augen zu, und so schlief ich mehrere Stunden. Die letzte Kerze war längst niedergebrannt, und graues Morgenlicht sickerte schon zum Fenster herein, als mich Schritte und Stimmen weckten.
    Sie brachten den Koch. Aneinander gefesselt wurden er und einer seiner Kumpane von Heiko in die Halle gestoßen. Griffo hielt trotzig den Krauskopf gesenkt und spie sogar aus, als ich ihm entgegentrat und ihn mit harten Worten ansprach. Fulk schlug ihm mehrmals dafür ins Gesicht. Ich ließ es geschehen, denn mein Zorn auf diesen Verbrecher

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