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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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grüßte und buckelte schon von weitem. Als er sie erreicht hatte, küßte er ihren Mantel und hob die Arme zu Himmel, wohl überschwengliche Lobpreisungen ausstoßend. Da er dabei vor dem Pferd hin- und herrannte, gab ihm die Dame mit strenger Miene ein Zeichen, er möge zur Seite treten.
    Unten vor dem Haus hielt sie an. Mit scharfer Stimme erteilte sie den Dienern Befehle. Auf einmal hob sie den Kopf und blickte herauf. Ich hatte nicht mehr die Zeit, vom Fenster zurückzuweichen.
    O Himmel! Sie fraß mich mit diesem Blick. Und damit war mir der letzte Zweifel genommen.
    Die edle Fausta war heimgekehrt.

8
    S ie fuhr wie der Sturmwind herein und wirbelte alles durcheinander. Kaum hatte ihr Fuß die Halle betreten, schien das ganze Gebäude zu erzittern. Wie Peitschenschläge ertönten ihre Befehle, und ein hastiges Hin- und Hergerenne begann, so als sei ein Schwarm wilder Hummeln aufgescheucht worden. Sie selbst schritt von einem Raum zum anderen, und bis in den letzten Winkel des Hauses war ihr Schelten zu hören – über den Unrat, die Liederlichkeit, die Verschwendung, die Mißwirtschaft, den unnützen Prunk. Im Speisezimmer erregte sie sich darüber, daß der Teppich mit dem Blutfleck noch nicht entfernt war. Zwischendurch klatschten Ohrfeigen, die Mägde heulten auf. Ich eilte die Treppe hinunter und kam gerade noch rechtzeitig, um Rouhfaz und unsere Schreibstube vor dem Zorn der edlen Frau zu beschützen. Sallustus, der nicht von ihrer Seite wich, erklärte ihr bei meinem Eintritt, wir seien ‚Reisende‘, welche dem Mord an Pappolus nachspürten, obwohl der Schuldige längst verurteilt sei. Dabei grinste er hämisch, als ob er mir sagen wollte: Nun zeige mal, ob du den Mut hast, dich mit ihr anzulegen! Davon konnte jetzt in der Tat keine Rede sein. Bevor ich etwas erklären konnte, wurde ich angefahren und niedergeredet. Dies sei keine Herberge, rief die zurückgekehrte Hausherrin, und wir sollten nur unsere Siebensachen packen und schleunigst verschwinden. Lange genug sei das Haus der Tummelplatz falscher Frommer und windiger Brüder gewesen. Sie werde nun dafür sorgen, daß unter diesem Dach wieder echte Frömmigkeit, Anstand und Sitte einkehrten.
    Nicht besser als mir erging es Odo. Gut erholt, vom Reiten erhitzt, trat er lärmend ins Haus und rief nach Wein, doch was er zu schlucken bekam, war reine Galle. Die edle Frau Fausta rauschte ihm entgegen und ließ ein Gewitter von Worten los, die alle wiederzugeben mir peinlich wäre. Es mag genügen, daß sie ihn einen Trunkenbold und Radaubruder nannte. Die Zeiten aber seien vorbei, schrie sie, da Leute seines Schlags in ihrem Hause krakeelen, sich mästen, besaufen und vergnügen könnten. Der Gastgeber solcher Ausschweifungen sei tot, für seine Kumpane sei hier kein Platz mehr. Er möge sich aus dem Staube machen oder sie würde ihn von ihren Knechten hinauswerfen lassen.
    Odo war von diesem Unwetter so überrascht, daß er wahrhaftig wie begossen dastand. Auch Heiko und Fulk, die hinter ihm in die Halle traten, bekamen ihr Teil von der Dame. Ohne zu bedenken, daß ihre Heerschar nur aus dem Maultiertreiber, dem kleinen Priester und vielleicht noch dem Teut bestand, der aber eher zu unserer Partei neigte, drohte sie allen mit Hinauswurf. Möglicherweise verließ sie sich darauf, daß wir dem Dauerregen spitzer Wortpfeile, von denen sie einen unerschöpflichen Vorrat in ihrem Köcher hatte, nicht lange standhalten würden. Der selige Bischof mußte in dieser Hinsicht eine bemerkenswerte Widerstandskraft besessen haben. Wir standen noch verlegen im Kreise und wußten nicht, was zu tun sei, als zu unserem Glück die Ankunft eines Besuchers den Zorn der Fausta auf diesen lenkte.
    Es war der Comes. Diesmal erschien er an der Spitze von fünf, sechs Gefolgsleuten, zweifellos um seinem Auftritt Gewicht zu geben. Zwei der Männer schleppten eine Truhe von mäßiger Größe. Mit der strahlenden Miene eines Triumphators krückte der Comes in die Halle. Kaum aber sah er Fausta, erschrak er heftig und stand wie vom Donner gerührt.
    „Wie? Du bist es, Nichte? Ist das möglich? Bist du über die Klostermauer gesprungen?“
    Fausta fuhr gegen ihn los wie ein feuerspeiender Drache.
    „Ach, sieh da, unser alter Gockel! Der Wüsteste der Wüstlinge, der Maßloseste der Säufer, der Habgierigste der Diebe! Von allen im Comitat der Schlimmste, deshalb ja auch Comes! Nennst du mich Nichte, alter Gauner? Wer gibt dir das Recht dazu? Wir sind nicht verwandt! Weder

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