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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Unibert, mein toter Gemahl, noch ich selbst hatten jemals einen Halunken wie dich in unserer Familie! Ich nannte dich früher einmal ‚Onkel‘, weil ich dich für ein lustiges Alterchen hielt, weil ich nicht ahnte, was du wirklich bist. Oh, ich weiß, warum dir an dieser Verwandtschaft liegt. Das Erbe! Du willst einen fetten Anteil. Die Urkunden hast du vielleicht schon gefälscht. Aber du wirst nichts bekommen. Nichts, nichts! Keine Wiese, keinen Wald, keinen Acker, kein Haus! Auch keinen Bauern, kein Pferd, keine Kuh, kein Schaf, keine Ziege! Mir gehört alles … ich habe unanfechtbare Rechte. Auf meine Mitgift, den Brautschatz, die Morgengabe {15} , mein Wittum {16} , auf mehrere Schenkungen meines Gemahls! Ihr glaubt, eine Frau habe nichts zu erben! Ihr hofftet vielleicht, Ihr wäret mich los, ich würde mein Leben im Kloster vertrauern. Oh nein! Ich werde euch gierigen Teufeln nicht einen Mansus {17} von meinem Gut überlassen! Doch ich mußte dazu nicht über die Mauer springen. Die ehrwürdige Mutter Marcovefa, die Äbtissin des Klosters der drei Marien, hatte Verständnis, als die Nachricht von Pappolus' Tode eintraf. Sie erlaubte mir, schon am nächsten Morgen …“
    „Wann habt Ihr denn diese Nachricht erhalten?“ rief ich, nachdem ich tief Luft geholt hatte, dazwischen.
    Die edle Frau blickte mich an wie einen Hahn, der miaut. Ihr Mund mit den spitzen Zähnen stand offen. Ihre Augen waren zu Schlitzen verengt. Eigentlich war ihr Gesicht recht hübsch, aber es hatte entschieden etwas Wölfisches.
    „Wie kommt dieser dreiste Lümmel dazu, mir Fragen zu stellen?“ sagte sie endlich scharf, wieder an den Comes gewandt. „Wer ist das?“
    „Der Diakon Lupus, edle Frau“, antwortete ich anstelle des Magnulf. „Nach Auskunft des Priesters Sallustus liegt das Kloster der drei Marien siebzig römische Meilen {18} von hier entfernt. Wann habt Ihr die Nachricht erhalten und – um eine weitere Frage hinzuzufügen – wer überbrachte sie Euch?“
    Abermals zögerte die Dame. Das Wortgewitter war plötzlich verstummt. Sie nestelte unruhig an ihrem Gürtel. Dann warf sie stolz den Kopf in den Nacken und sagte zu Magnulf:
    „Was geht diesen Mönch an, wann und wie ich die Nachricht erhielt? Was tun alle diese Männer hier? Sie haben in meinem Haus nichts zu suchen. Ich verlange, daß man sie auf der Stelle hinauswirft!“
    „Verzeiht, edle Frau, das wäre vielleicht übereilt!“ sagte nun Odo, der seine Sprache endlich wiederfand. „Denn wir würden uns glücklich schätzen, Eure Gäste zu sein. Mein Name ist Odo, ich stamme aus Reims, bin Vasall des Königs. Gemeinsam mit dem Diakon Lupus bin ich als missus dominicus unterwegs, als Königsbote. Die Männer, die Ihr dort seht, sind unser Gefolge. Wir sind hier, um für Recht und Ordnung zu sorgen.“
    Bei dem Wort ‚Königsbote‘ konnte Fausta einen Überraschungslaut nicht unterdrücken. Einen Augenblick schien sie zu überlegen, welche Haltung sie einnehmen sollte. Dann dehnte sie die Schultern, die ohnehin bemerkenswert breit waren, reckte das Kinn, strich mit einer vornehmen Geste ihr blondes Haar zurück und sagte:
    „Ah, Ihr seid Königsboten? Vortrefflich! Da seid Ihr wahrhaftig am richtigen Ort! Hier ist es sehr schlecht bestellt um Ordnung und Recht, das habt Ihr hoffentlich schon bemerkt. Es gibt eine Menge zu tun für Euch. Aber könnt Ihr mir auch beweisen, daß Ihr die Wahrheit sagt?“
    „Nichts leichter als das“, erwiderte ich und gab Rouhfaz ein Zeichen. „Wir werden Euch unsere Vollmacht zeigen. Ihr seid ja imstande, sie zu lesen.“
    „Woher wißt Ihr das?“ fragte sie überrascht.
    „Nach dem Zeugnis des Priesters Sallustus habt Ihr ihm einen Brief geschrieben.“
    „Daran erinnere ich mich nicht!“
    „Auch ich erinnerte mich nicht!“ stammelte der Priester beflissen. „Jetzt hört Ihr, daß Ihr im Irrtum wart. Jemand anders schrieb mir den Brief …“
    „Nun, das ist ja schon eine Weile her“, lenkte ich ein. „Doch die Erinnerung an ein Ereignis von gestern oder vorgestern wird so schnell nicht erloschen sein. Ich bitte Euch um Verzeihung, edle Frau, weil ich so hartnäckig bin. Ein Bischof wurde ermordet, und als Königsboten geht uns das an. Die Antwort, die Ihr mir geben werdet, ist wichtig. Wer überbrachte Euch die Nachricht – und wann?“
    „Wenn Euch so sehr daran liegt, sollt Ihr Auskunft erhalten“, sagte sie gnädig. „Schon einen Tag nach der Tat – es war gegen Abend – erreichte unser

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