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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Niemals traute er ihm einen Mord zu! Oder hätte er ihm sonst ein Testament übergeben, in dem er ihm hundert Rutenstreiche vermachte?“
    „Davon wußte ich nichts.“
    „Mag sein. Doch es beweist, wie unrecht du hattest. Du schürtest den Haß in deiner Seele. Du fühltest dich zum Richter berufen. Was antwortete dir der heilige Mann?“
    „Ich habe das Schreiben nie abgesandt.“
    „Weil du Angst hattest, daß er dich von der Missetat abhalten könnte, die du in deinem frommen Wahn, deiner Treue zu jener unerbittlichen Frau und deinem Eifer, dich dem Himmel verdient zu machen, längst in deinem Herzen beschlossen hattest!“
    „Ich hätte es niemals gekonnt!“ schrie Sallustus und schlug die Hände vor das Gesicht.
    „Nein“, sagte ich und nahm wieder in der Ecke im Armstuhl Platz, wo ich vor seinem Atem und den anderen Dünsten, die er ausströmte, etwas geschützt war. „Du konntest es nicht, und deshalb suchtest du einen Vollstrecker!“
    „Gott ist mein Zeuge …“
    „Wir wollen uns auf irdische Zeugen beschränken. Der Koch ist ein Schurke, aber sein Zeugnis ist unwiderlegbar. Auch wenn ich seinen Worten nicht trauen wollte … seine Tat macht es über jeden Zweifel erhaben. Er versuchte, Herrn Odo umzubringen, weil er ihn für den Mann hielt, der am Abend des Mordes mit Romilda im Garten war. Den Mann im roten Mantel. Deinen Vollstrecker!“
    „Ich kenne den Mann nicht! So glaubt mir doch!“
    „Ich glaube dir, wenn du die Wahrheit sprichst!“
    „Ihr wollt die Wahrheit ja gar nicht hören!“
    „Warte! Gleich wirst du dich wieder erinnern. Ich helfe dir. Wie war das? Hast du vielleicht auch den Kuppler gespielt?“
    Der Karottenkopf wurde dunkelrot.
    „Den Kuppler?“ schrie er.
    „Es langweilte Romilda, dem Bischof den Rücken zu kraulen und ihm die Läuse abzusammeln. Ab und zu ließ sie ein schmuckes Herrchen zur Gartentür ein. Hast du die beiden miteinander bekannt gemacht?“
    „Ich weiß nichts …“
    „An diesem Abend wurde sie aber enttäuscht. Der Liebhaber hielt seinen Gürtel geschlossen, so sehr sie ihn auch bedrängte.“
    „Himmel, was laßt Ihr mich da hören …“
    „Er wartete nur darauf, daß der Jude herauskam … der von euch ausersehene Sündenbock. Auch du hast gelauert … in der Gasse …“
    „Ich versah einen Kranken!“
    „Das ging schnell. Und du warst pünktlich zurück, um gleich nach dem Mörder ins Haus zu eilen. Nicht einmal die Zeit für ein Vaterunser verging. Bezahlte nun der Gerechte den Ungerechten, nachdem der seine Arbeit getan … den schlafenden Bischof ermordet hatte? Nahm er den Schlüssel vom Gürtel des Toten, um mit Hilfe des kleinen Tricks, der ihm wohlbekannt war, die von Teut verschlossene Tür zu öffnen, damit der andere hinausschlich – über das stille, leere Forum, wo sich wegen der Hochzeit im vicus nur ein paar Katzen herumtrieben? Eilte dann der Gerechte zurück in das Speisezimmer, um den Schlüssel wieder an den Gürtel zu hängen? Entdeckte er auf dem Tisch den Kodex mit der den Juden entlastenden Quittung? Ließ er den rasch in seiner Tasche verschwinden, um ihn später in seiner Kammer unter dem Stroh zu verstecken? Stimmte er dann erst sein Mordgeschrei an?“
    Während ich alle diese Fragen stellte, hatte Sallustus unentwegt heftig den Kopf geschüttelt. Jetzt erstarrte er plötzlich mit offenem Munde. Seine Augen weiteten sich, als habe er durch das Fenster unten auf dem Forum etwas Unerhörtes entdeckt. Sein Mund wurde breiter und breiter – und verzog sich zu einem beseligten Grinsen. Hastig schlug er dreimal das Kreuz. Mit einem Aufschrei machte er kehrt, rannte zur Tür, riß sie auf, stieß unseren Recken, der dort als Wache am Türpfosten lehnte, zur Seite und stürzte die Treppe hinunter.
    Ich sprang auf und trat an das Fenster.
    Auf dem Platz gab es einen Auflauf. Die Leute begafften eine Frau, die auf dem Rücken einer Fuchsstute, in einen faltenreichen Mantel gehüllt, langsam einherritt. Ihr langes, blondes, streng gescheiteltes Haar war von einem breiten, mit glänzenden Steinen besetzten Stirnband gehalten. Gerade aufgerichtet saß sie im Sattel, hochmütige Blicke um sich werfend. Ein kaum merkliches Nicken ihres Kopfes war die Antwort auf Grüße, die man ihr zurief.
    Hinter ihr führte ein bewaffneter Knecht ein mit Gepäck beladenes Maultier. Zwei Mägde, die Säcke und Körbe schleppten, mühten sich, Schritt zu halten.
    Jetzt sah ich unten den Sallustus auf die Reiterin zustürmen. Er

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