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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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weit her!“ erwiderte ich, indem ich aufstand und im Zimmer umherwanderte. „Denn die Juden scheinen ja deine erklärten Feinde zu sein, sonst wüßtest du wohl nicht wortgetreu alle Gemeinheiten aufzuführen, die ihnen irgendwann nachgesagt wurden. Aber von Liebe zu ihnen finde ich keine Spur bei dir, nicht einmal von Achtung oder wenigstens Duldung. Was haben dir diese Leute getan, daß du sie so wütend begeiferst? Sind sie nicht nützlich, wenn sie Handel treiben, sich überall umtun, fremde Länder bereisen? Sie bringen ja nicht nur kostbare Ware, sondern auch wertvolle Kunde. So erfahren wir, was man woanders erfindet, entdeckt und was sonst noch Gutes geleistet wird. Sie verstehen die Sprache der Fremden, sie können uns Botschaften übermitteln. Wahrhaftig, Priester, mein Grisel im Stall ist weniger Esel als du, denn niemals würde er ein Geschrei erheben, nur weil ein Jude ein Jude ist! Und einer wie du will Bischof werden? Wie sollte König Karl, der die Juden schätzt und sich gern ihrer Dienste versichert, in dir nicht den dümmsten aller Esel erkennen? Wie sollte er sich dazu herbeilassen, zwischen zwei Eselsohren eine Bischofsmütze zu setzen? Doch sprechen wir nicht mehr von deiner Dummheit. Du hast auch noch andere Eigenschaften. Kommen wir auf den Kodex zurück. Sprechen wir jetzt von deiner Verschlagenheit!“
    „Warum beleidigt Ihr mich?“ sagte Sallustus mit bebender Stimme, nachdem ihn allmählich sein sanfter Gleichmut verlassen hatte. „Warum werft Ihr mich in den Staub? Welchen Verbrechens klagt Ihr mich an?“
    Ich trat vor ihn hin und packte ihn am Gewand.
    „Wer ist der Mann, an dessen Stelle der Jude im Kerker sitzt? Der am Abend des Mordes mit Romilda im Garten war? Der ins Haus ging, sobald Tobias den Bischof verlassen hatte? Dem du auf dem Fuße folgtest und der dann plötzlich verschwunden war – durch eine Tür, die der Jude verschlossen fand? Wer ist es? Woher kam er, und wohin ging er? Rede!“
    „Ich weiß nicht, was Ihr meint! Laßt mich los! Was für ein Mann?“
    „Einer im roten Mantel, schwarzhaarig, schnurrbärtig, der am Tage des Mordes vor und in der Kirche umherstrich!“
    „So einer ist mir nicht begegnet!“
    „Nein? Dieser Mann ist nicht vielleicht zu dir gekommen … mit einem Anliegen … weil er zum Beispiel auf der Flucht oder sonstwie in Ungelegenheiten war … geistlichen Trost brauchte … oder Geld …“
    „Das denkt Ihr Euch aus!“
    „Und du hast nicht vielleicht gedacht: Das ist ja der, den ich lange schon suche … ein Fremder, den niemand hier kennt … der Hilfe braucht und dafür zu einem Dienst bereit ist …“
    „Einem Dienst? Wovon sprecht Ihr?“
    „Von der Ermordung des Bischofs Pappolus, die dir in diesem Brief befohlen wird!“
    Ich zog das Pergament mit der halb ausgelöschten Schrift hervor und hielt es ihm unter die Nase.
    „Nun? Wer schreibt dir das hinter Mauern? Wen macht deine Ergebenheit zuversichtlich? Wer verlangt, nicht zu zögern, sondern zu handeln? Hier haben wir auch wieder ‚Gottes Hand‘ und die ‚Waffen des Teufels‘! Was mag das wohl für ein verdienstvolles Werk sein, das keine Sünde sein kann, gleichviel aber dafür gelten könnte? Und wie wolltest du Bischof werden, Pfaffe, damit dir die Schreiberin dieses Briefes ihr ‚hosianna‘ zurufen konnte?“
    „Ihr mißversteht das alles!“ stöhnte Sallustus. „Es ist ganz anders gemeint …“
    „Dieser Brief ist ein Aufruf zum Mord! Die Antwort auf eine Frage, die dich schon lange bewegte!“ Ich holte das Schreiben an den ‚homo sanctus‘ hervor. „Der in fleischlicher Sünde lebende Hirte … Beschmutzer des geistlichen Amtes … Soll man den Mißstand ‚mit allen Mitteln‘ bekämpfen? Auch mit dem letzten? Was antwortete der heilige Mann? Das es erlaubt sei?“
    „So wartet doch! Haltet ein! Laßt Euch das erklären! Das Schreiben der edlen Frau Fausta …“
    „Hattest du nicht gestern behauptet, sie habe sich nie aus dem Kloster gemeldet?“
    „Ja, denn ich hatte diesen Brief schon vergessen … den einzigen. Sie schrieb ihn im Zorn, gleich nach ihrem Fortgang. Ich trug deshalb Sorge, wie Ihr bemerkt, die Schrift zu löschen.“
    „Aber der Inhalt ließ dich nicht ruhen!“
    „Ich gestehe, der andere Brief … Ich litt Gewissensqualen, erst recht nach dem Tode des Knaben …“
    „An dem Pappolus völlig unschuldig war!“
    „Behauptet der Giftmischer …“
    „… den der Bischof für einen harmlosen Dieb hielt.

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