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Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Homer
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Leichname sehe der Freier, und wer sie getötet.
    Also sprach sie und stieg hinab. Der Gehenden Herz schlug
    Zweifelnd, ob sie den lieben Gemahl von ferne befragte
    Oder entgegen ihm flög und Händ’ und Antlitz ihm küßte.
    Als sie nun über die Schwelle von glattem Marmor hineintrat,
    Setzte sie fern an der Wand im Glanze des Feuers, Odysseus
    Gegenüber, sich hin. An einer ragenden Säule
    Saß er, die Augen gesenkt, und wartete, was sie ihm sagen
    Würde, die edle Gemahlin, da sie ihn selber erblickte.
    Lange saß sie schweigend; ihr Herz war voller Erstaunens.
    Jetzo glaubte sie schon sein Angesicht zu erkennen,
    Jetzo verkannte sie ihn in seiner häßlichen Kleidung.
    Aber Telemachos sprach unwillig zu Penelopeia:
    Mutter, du böse Mutter von unempfindlicher Seele!
    Warum sonderst du dich von meinem Vater und setzest
    Dich nicht neben ihn hin und fragst und forschest nach allem?
    Keine andere Frau wird sich von ihrem Gemahle
    So halsstarrig entfernen, der nach unendlicher Trübsal
    Endlich im zwanzigsten Jahre zum Vaterlande zurückkehrt!
    Aber du trägst im Busen ein Herz, das härter als Stein ist!
    Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia:
    Lieber Sohn, mein Geist ist ganz in Erstaunen verloren,
    Und ich vermag kein Wort zu reden oder zu fragen,
    Noch ihm gerad ins Antlitz zu schaun! Doch ist er es wirklich,
    Mein Odysseus, der wiederkam, so werden wir beide
    Uns einander gewiß noch besser erkennen: wir haben
    Unsre geheimen Zeichen, die keinem andern bekannt sind.
    Sprach’s, da lächelte sanft der herrliche Dulder Odysseus,
    Wandte sich drauf zum Sohn und sprach die geflügelten Worte:
    O Telemachos, laß die Mutter, so lange sie Lust hat,
    Mich im Hause versuchen; sie wird bald freundlicher werden.
    Weil ich so häßlich bin und mit schlechten Lumpen bekleidet,
    Darum verachtet sie mich und glaubt, ich sei es nicht selber.
    Aber wir müssen bedenken, was nun der sicherste Rat sei.
    Denn hat jemand im Volk nur einen Menschen getötet,
    Welcher, arm und geringe, nicht viele Rächer zurückläßt,
    Flüchtet er doch und verläßt die Heimat und seine Verwandten;
    Und wir erschlugen die Stütze der Stadt, der edelsten Männer
    Söhne in Ithakas Reich. Dies überlege nun selber.
    Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen:
    Lieber Vater, da mußt du allein zusehen; du bist ja
    Unter den Menschen berühmt durch deine Weisheit, und niemand
    Wagt es, sich dir zu vergleichen von allen Erdebewohnern!
    Aber wir sind zu folgen bereit; und ich hoffe, du werdest
    Mut in keinem vermissen, so viel die Kräfte gewähren.
    Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus:
    Nun, so will ich denn sagen, was mir das beste zu sein dünkt.
    Geht nun erstlich ins Bad und schmückt euch mit festlichem Leibrock;
    Laßt dann die Weiber im Hause mit schönen Gewanden sich schmücken;
    Aber der göttliche Sänger entlocke der klingenden Harfe
    Melodien und beflügle den fröhlichhüpfenden Reigen:
    Daß die Nachbarn umher und die auf der Gasse vorbeigehn
    Sagen, wann sie es hören, man feire der Königin Hochzeit;
    Und damit nicht eher der Ruf von dem Morde der Freier
    Durch die Stadt sich verbreite, bevor wir das schattige Lustgut
    Fern auf dem Land erreicht. Dort wollen wir ferner bedenken,
    Welchen nützlichen Rat uns Zeus der Olympier eingibt.
    Also sprach er. Sie hörten ihm alle mit Fleiß und gehorchten,
    Gingen ins Bad und schmückten sich dann mit festlichem Leibrock.
    Auch die Weiber kamen geschmückt. Der göttliche Sänger
    Nahm die gewölbete Harf und reizte mit lieblichen Tönen
    Alle zum süßen Gesang und schönnachahmenden Tanze,
    Daß der hohe Palast ringsum von dem stampfenden Fußtritt
    Fröhlicher Männer erscholl und schöngegürteter Weiber.
    Und wer vorüberging, blieb horchend stehen und sagte:
    Wahrlich, ein Freier macht mit der schönen Königin Hochzeit!
    Konnte die böse Frau nicht ihres ersten Gemahles
    Hohen Palast bewahren, bis er aus der Fremde zurückkehrt?
    Also sprachen die Leute und wußten nicht, was geschehn war.
    Aber den edelgesinnten Odysseus in seinem Palaste
    Badet’ Eurynome jetzt, die Schaffnerin, salbte mit Öl ihn
    Und umhüllt’ ihm darauf den prächtigen Mantel und Leibrock.
    Siehe, sein Haupt umstrahlt’ Athene mit göttlicher Anmut,
    Schuf ihn höher und stärker an Wuchs und goß von dem Scheitel
    Ringelnde Locken herab, wie der Purpurlilien Blüte.
    Also umgießt ein Mann mit feinem Golde das Silber,
    Welchen Hephaistos selbst und Pallas Athene die

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