Odyssey 01 - In die Dunkelheit
hereinströmenden Informationen Schritt zu halten. Milla hingegen bemühte sich verzweifelt darum, Titualar Saraf zu beruhigen, die soeben ihren ersten Sprung erlebt hatte.
Weston achtete kaum auf das Gespräch in seinem Rücken. Der Wortwechsel zwischen Saraf und Milla vollzog sich so schnell, dass die Übersetzungsprogramme sowieso nicht mehr mitkamen. Hin und wieder vernahm er Schimpfwörter oder Phrasen, die bei manchem auf der Brücke ein Grinsen auslösten. »Ekelhaft«, »unnatürlich« und »wahnsinnig« zählten dabei zu den Favoriten des Brückenstabs.
Nach der durch den Sprung bedingten kurzen Auszeit fütterten die Sensoren die Terminals auf der Brücke wieder mit Echtzeit-Informationen, die der guten Laune des Stabs schnell ein Ende bereiteten.
Commander Roberts kommentierte die Daten als Erster. »Sir, wir empfangen Werte, die auf Spuren eines Feuergefechts in diesem Sternsystem hinweisen.«
»Geben die Werte Aufschluss über die Identität der Beteiligten?«
»Ja, zum einen handelt es sich um das Schiff der Drasins, auf das wir schon früher gestoßen sind. Die zweiten Werte ähneln den geschätzten Parametern der zerstörten Flotte, die wir gefunden haben.«
Millas Aufmerksamkeit wandte sich den Gesprächen und Berichten zu, die von allen Seiten über die Brücke drangen.
»Stellen Sie die Positionen fest, und wählen Sie einen Kurs, bei dem wir das Gefecht ungefährdet beobachten können.«
»Ja, Captain.«
Milla trat mit angespanntem Gesicht vor. » Beobachten ?«
Weston, der sich halb zu ihr umdrehte, entdeckte einen Anflug von Empörung in ihrer Miene. »Ja, beobachten. Das hier ist nicht unser Krieg, Ithan Chans. Falls wir den Kampf vermeiden können, werden wir es auch tun.«
Titualar Saraf, die neben Milla stand, starrte mit kreidebleichem Gesicht auf den Bildschirm. Der Einfall der Drasins in eine der Kernwelten kam ihr schlimmer als ein Albtraum vor. Das war Armageddon.
»Da draußen kämpfen und sterben Männer und Frauen, Captain Weston! Menschen!«
»Ihre Armee?«
»Selbstverständlich.«
»Dann ist es Ihre Aufgabe und nicht die unsere, dort zu kämpfen und auch zu sterben, wenn es unvermeidlich ist«, erwiderte er mit ausdrucksloser Stimme, wenn auch mit innerlichem Zähneknirschen. Seine Antwort gefiel ihm genauso wenig wie Milla, aber er hatte keine andere Wahl.
Milla war so aufgebracht, dass sie Weston fast angebrüllt hätte. »Aber bei Port Fuielles haben Sie doch auch gegen die Drasins gekämpft!«
»Da haben wir uns verteidigt. Die Drasins haben uns eine Schlacht aufgezwungen. Höchstwahrscheinlich deswegen, weil sie die Odyssey für eines Ihrer Schiffe gehalten haben. Das hier ist eine völlig andere Situation.«
Milla suchte gerade nach einer Erwiderung, doch da lenkte Commander Roberts Westons Aufmerksamkeit wieder auf das Gefecht.
Auf dem vierten Planeten des Sternsystems saß eine Gruppe Uniformierter in einem Bau, den man mit gutem Willen als »Bunker« hätte bezeichnen können. Wie erstarrt blickten die Männer auf einen Bildschirm und erlebten das Drama mit, das sich über ihren Köpfen entfaltete. »Captain Duclos hat die Drasins angegriffen, Sir!«, meldete ein Techniker.
Sein Vorgesetzter, ein auffällig kleiner, vornehmer Mann in einer makellosen, goldenen Uniform, die genauso geschnitten war wie die aller Versammelten, knurrte kurz, um zu zeigen, dass er verstanden hatte, wandte den Blick aber nicht vom Schirm. Admiral Rael Tanner war nominell verantwortlich für die Abwehrsysteme – oder dessen kümmerliche Reste.
»Was ist mit dem dritten Schiff?«, fragte er und blickte kurz auf.
Der Techniker runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Wir wissen noch immer nichts darüber, Sir. Es kreist in großem Abstand um das Gefecht.«
»Wahrscheinlich ein Frachter«, meinte der Admiral mit Blick auf das Schiff. »Diese Leute sollten besser ihr Heil in der Flucht suchen.«
»Äh … ja, Sir. Aber … Wo sind die überhaupt hergekommen?«
Gute Frage. Das Schiff war buchstäblich aus dem Nirgendwo aufgetaucht, inmitten einer Flut von Tachyonen, die jeden Sensor im System hatten aufglühen lassen. Aber wer oder was dieser Neuankömmling auch sein mochte: Derzeit spielte er keine wichtige Rolle.
Tanner hatte einen Freund da draußen, der sein Leben dafür opferte, ihnen hier unten ein paar weitere Minuten Zeit zu verschaffen.
»Es ist vorbei, Sir. Das Schiff der Drasins hält jetzt auf den Planeten zu.«
Wie der gesamte Brückenstab blickte
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