Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Odyssey 01 - In die Dunkelheit

Odyssey 01 - In die Dunkelheit

Titel: Odyssey 01 - In die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evan Currie
Vom Netzwerk:
dabei davon ausgegangen, dass wir den Ostblock dazu bewegen können, seine Waffen mal nicht auf uns, sondern woandershin zu richten.«
    Roberts zuckte zusammen, da er vergessen hatte, die Flotte des Ostblocks in seine Berechnungen einzubeziehen. Allerdings war sie so schwach, dass sie das Blatt nicht wenden würde. Die Schiffe des Blocks waren nicht mit reaktionsfähiger Panzerung ausgestattet und würden unter derart heftigem Laserbeschuss wie Streichholzheftchen in Flammen aufgehen. Dennoch nickte er und akzeptierte die Korrektur.
    »Nein, Commander, ich glaube, ich werde unverzüglich einen anderen Kurs einschlagen müssen«, erklärte Weston nach kurzem Zögern, sah auf die Uhr und berichtigte sich. »Aber erst, nachdem wir in diesem Sternsystem eine letzte Pflicht erfüllt haben. Kommen Sie, Commander, ich erkläre Ihnen unterwegs, was ich vorhabe.«
    Mit gesenktem Kopf und tief in Gedanken verloren streifte Milla durch das zweite Habitat, als sie plötzlich gegen etwas Massives prallte und zu Boden stürzte.
    »Ach du meine Güte … Tut mir leid.«
    Der Mann, mit dem sie zusammengestoßen war, machte große Augen. »Miss Chans, alles in Ordnung bei Ihnen?«
    Bei genauerem Hinsehen erkannte Milla Dr. Palin. »Ja, Docteur, mir ist nichts passiert. Entschuldigung, ich habe gar nicht auf den Weg geachtet.«
    »Ist schon gut, meine Liebe …«, bei dem Wort Liebe wurde Palin rot, »ich meine, Miss Chans. Mir ist ja auch nichts passiert.« Palin musterte sie neugierig. »Wieso streifen Sie so geistesabwesend durch die Gänge?«
    »Ich hatte gerade ein sehr seltsames Gespräch mit Commander Michaels. Erst hat er mir etwas gezeigt, doch dann war er plötzlich mit den Gedanken woanders und verhielt sich distanziert. Leider weiß ich nicht, warum«, erwiderte Milla, unsicher, ob sie irgendetwas falsch gemacht hatte.
    Palin sah sie ernst an. »Ja, wissen Sie’s denn nicht? Ich dachte, Sie hätten das Gefecht auf der Brücke miterlebt?«
    »Das habe ich auch«, sagte Milla noch verwirrter als zuvor.
    Palin wirkte fast verlegen. »Commander Michaels hat im Gefecht ein Mitglied seines Teams verloren. Die Pilotin hat ihren Kampfjäger direkt ins feindliche Schiff gelenkt, um die Odyssey zu retten.«
    Auf Millas Gesicht zeichnete sich Bestürzung und plötzliches Begreifen ab. In diesem Moment wurde ihr zugleich klar, dass sie eigentlich Ähnliches wie Stephanos oder noch Schlimmeres hätte empfinden müssen. Hatte sie nicht selbst einen Verlust zu verkraften? Den Verlust ihres Schiffs, ihrer Flotte, die Zerstörung von zwei Kolo­nien? Lange Zeit blieb sie einfach stehen und fragte sich dabei, wieso sie nichts empfand. Warum hatte sie seit ihrer Rettung die ganze Zeit über nichts empfunden? Wie ist das möglich? Ich habe Hunderttausende meines Volkes, meine Schiffskameraden und meinen Kapitän verloren, und trotzdem trauere ich nicht? Und dieser Mann, Stephanos, der sich einen Krieger nennt, ist durch den Tod einer einzigen Kameradin so sehr am Boden zerstört, dass er gegen Tränen ankämpft? Millas Schweigen zog sich in die Länge. Was sagt das über ihn aus? Und, vielleicht noch wichtiger, was sagt das über mich aus?
    Palin, der nicht wusste, wie er auf Millas plötzliches Verstummen reagieren sollte, räusperte sich. »Auf dem Aussichtsdeck wird gleich eine Gedenkfeier für die gefallene Pilotin stattfinden. Vielleicht möchten Sie daran teilnehmen.«
    Milla blickte sich um, als suchte sie die Antwort auf ihre unausgesprochenen Fragen irgendwo in ihrer Umgebung. Schließlich sah sie Dr. Palin an. »Ja, ich glaube, ich würde gern teilnehmen – falls ich dabei nicht störe.«
    »Nein, Sie stören sicher nicht. Ich werde Sie nach oben begleiten.«
    Zusammen mit Palin ging Milla zum Hauptfahrstuhl. Als sie auf dem Aussichtsdeck ankamen, sahen sie, dass viele Menschen schweigend rings um einen Sarg standen. Alle Augen waren auf die Mitte des Raums gerichtet.
    Captain Weston und Commander Stephanos hatten Haltung angenommen und den riesigen Panoramafenstern, die Ausblick auf den offenen Raum boten, den Rücken zugewandt. Als Milla näher zu der Menschengruppe trat, hörte sie, wie Weston mit leisen Worten das Gefecht schilderte, in dem die Pilotin gefallen war. Jeder an Bord, sagte er, stehe in ihrer Schuld. »Lieutenant Samantha ›Flare‹ Clarke hat ihr Leben dafür gegeben, ihre Kame­raden zu verteidigen, und dadurch nicht nur ihre Staffel ­gerettet, sondern auch ihr Schiff und die Überlebenden der Zivilisation in

Weitere Kostenlose Bücher