Odyssey 01 - In die Dunkelheit
drehte Milla das klobige Gewehr hin und her, um es aus unterschiedlichen Winkeln zu betrachten. »Die Waffe lässt sich nicht gut halten«, bemerkte sie. »Unsere Lasergewehre sind viel kleiner und handlicher.« Und man kann sie auch zu anderen Zwecken einsetzen, als andere Menschen abzuschlachten , dachte sie, während sie die Waffe anhob.
Stephanos zuckte die Achseln. »Man braucht ein Weilchen, sich daran zu gewöhnen, das ist alles. Die Waffe ist sehr gut austariert und außerordentlich zielgenau. Sie kommt ihnen deshalb ein bisschen groß vor, weil sie in erster Linie für Soldaten mit leichter Panzerung konstruiert wurde.«
Milla nickte, als Stephanos ihr zeigte, wie das Gewehr funktionierte, aber ihre Aufmerksamkeit ließ sofort nach, als sie in sein Gesicht blickte. Die meistens fröhliche Miene hatte sich verhärtet, geradezu versteinert, und wirkte trotz seines lockeren Tons sehr streng. Ohne Vorbedacht streckte Milla die Hand aus und hätte fast sein Gesicht berührt, aber Stephanos drehte es weg. Seine Augen schimmerten. Tränen?
»Steph?« Einen Moment lang war Milla verwirrt. Sie konnte die Emotionen, die sich in schnellem Wechsel auf seinem Gesicht abzeichneten, nicht deuten. Zögernd machte sie einen Schritt auf ihn zu und streckte die Hand nach seiner Schulter aus.
Als sie ihn berührte, zuckte er zusammen und wandte den Blick ab. Schließlich gab er ihr mit der Hand das Zeichen, ihn einen Augenblick in Ruhe zu lassen.
»Alles in Ordnung«, erklärte er schließlich, nachdem er tief Luft geholt hatte. Er ließ sie stehen und ging zum Steuerpult hinüber, um den Simulator auszuschalten. Danach eilte er an der verwirrten Milla vorbei, rammte das Gewehr in ein Gestell an der Wand und verließ wortlos den Raum.
Völlig durcheinander, aber auch verletzt starrte Milla ihm nach. Schließlich folgte sie seinem Beispiel und verließ den Trainingsraum.
Captain Weston stand in seinem Quartier am Schreibtisch. Den Stuhl hatte er weit von sich weggeschoben. Die obere Hälfte des Zimmers nahm eine riesige holografische Darstellung ein, die unzählige Sterne zeigte. Weston hatte bereits so lange auf die Sterne gestarrt, dass er meinte, sie auch ohne die Projektion erkennen zu können.
Eigentlich hatte er nie besonderes Interesse an Astronomie gehabt, auch nicht am Weltall an sich – und jetzt stand er hier und konnte nicht umhin, sich gründlich mit beidem zu befassen. Für ihn war das jetzt so lebenswichtig wie Sauerstoff für einen Ertrinkenden. Er sann immer noch über die holografische Darstellung nach, als es an der Tür läutete.
»Kommen Sie herein!«, sagte er so laut, dass es auch der Computer mitbekam und die Zahlenfolge für den Türöffner eingab.
Als sich Schritte näherten und vor dem Schreibtisch anhielten, blickte Weston auf. Als er sah, wen er vor sich hatte, nickte er. »Lassen Sie die Formalitäten, Commander.«
Commander Roberts lehnte sich nach hinten, um beiläufig die holografische Sternenkarte zu betrachten, ehe er das Wort ergriff. »Haben Sie sich schon mit den Koordinaten für unseren nächsten Sprung befasst, Sir?«
Westons Lippen zuckten, aber auf diese Frage war er schon vorbereitet gewesen. »Ich nehme an, Sie haben einen Vorschlag parat, stimmt’s, Commander?«
»Ich glaube nicht, dass uns irgendeine Wahl bleibt, Sir«, erwiderte Roberts unverblümt. »Es reicht, Captain. Zeit, nach Hause zurückzukehren.«
Weston seufzte, trat einen Schritt zurück und deutete auf die holografische Darstellung. »Erkennen Sie das, Commander?«
»Sir?« Einen Moment lang wirkte Roberts verwirrt, dann zuckte er die Achseln. »Das ist eine Sternenkarte, oder?«
»Ja, genauer gesagt zeigt die Darstellung eine Region des galaktischen Arms, in dem die Erde liegt«, erklärte Weston, griff mitten in die Holografie hinein und löste damit ein voreingestelltes Programm aus. »Genau … hier.«
Als am Rand der Karte, unmittelbar vor Roberts, ein strahlend blauer Punkt aufblinkte, sah er etwas interessierter hin.
»Die Angriffe, die wir selbst erlebt oder registriert haben, wurden hier , hier und dort durchgeführt«, sagte Weston, während drei weitere Punkte knallrot aufleuchteten. Einer davon lag ziemlich nahe an dem blauen Punkt, wie Roberts auffiel.
»Hier haben wir Milla gefunden«, fuhr Weston fort. »Fünfundvierzig Lichtjahre vom Sonnensystem entfernt. Und dieser Punkt hier … ist achtundfünfzig Lichtjahre von der Erde entfernt.«
Roberts nickte, als Weston auf den zweiten
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