Ödland - Thriller
chuck out all niggas
Volunteers to kill all our enemies
For the love of our mother country
The Soldiers of God, Volunteers for America
(© 2029 Holy Land Records, a D.L. label)
Der erste Auftrag, den die Göttliche Legion Pamela - oder besser: Schwester Salome - anvertraut, ist nicht besonders schwierig. Sie soll ihren Nachbarn und Freunden in der Enklave Eudora die Frohe Botschaft verkünden. Zu diesem Zweck hat man ihr einen Packen kostenloser Prospekte sowie einige kostenpflichtige Bücher und DVDs in die Hand gedrückt - Gott spricht zu mir und Die Errettung Amerikas durch Jesus von Moses Callaghan, Volunteers for America von den Soldiers of God, Das große Jubiläum, eine Aufzeichnung des jährlich stattfindenden Gründungsfestes der Legion, sowie Zeichen und Wunder, eine Videoaufzeichnung mehrerer von Callaghan bewirkter Wunder sowie »vertrauenswürdiger« Augenzeugenberichte von Erscheinungen bei Angehörigen der Sekte. Der Verkaufserlös, so hat ihr Robert Nelson oder Bruder Ezechiel erklärt, gehe in vollem Umfang an die Göttliche Legion, die das Geld dazu verwende, Kirchen und Schulen zu bauen, Krankenhäuser zu unterstützen und Bedürftigen zu helfen.
»Was soll ich tun, falls jemand Mitglied werden will?«, hat Pamela ihn gefragt.
»Dann schreiben Sie sich Namen und Adresse auf, damit wir sie überprüfen können. Ihr Glaube muss rein und ehrlich und ihr Lebenslauf absolut einwandfrei sein. Auf keinen Fall dürfen wir unseren heiligen Auftrag dadurch schänden, dass wir schwarze Schafe und Ausgeburten der Hölle in unsere Reihen aufnehmen.« Nelson machte an dieser Stelle eine andächtige Pause, als lausche er einer Stimme in seinem Innern, ehe er fortfuhr: »Und wo wir gerade von Ausgeburten der Hölle sprechen - falls Sie bei Ihren Besuchen Individuen antreffen, die besonders ausschweifend leben, sich mit Angehörigen minderwertiger Rassen paaren oder sich in anderer Weise widernatürlich verhalten, kurz, die den Versuchungen des Dämons erlegen sind, so sollten Sie ebenfalls Namen und Adresse notieren. Die Göttliche Legion wird sich dann bemühen, sie auf den Weg der Tugend zurückzuführen.«
»Wie wollen Sie das anstellen?«
»Um das zu erfahren, liebste Salome, gehören Sie unserer Organisation noch nicht lang genug an«, lautete Nelsons mit einem angedeuteten Lächeln geäußerte Antwort.
Und so macht sich Pamela mit einer großen, neutralen Umhängetasche auf den Weg durch ihr Viertel. Sie wandert über makellos saubere Gehsteige, transgene, ungesund grüne Rasenflächen und absolut unkrautfreie Kiesauffahrten. In ihrer unmittelbaren Nachbarschaft kennt man sie oder weiß zumindest, dass sie in der Enklave lebt, und empfängt sie daher einigermaßen zuvorkommend. Meist sind es Frauen, deren Ehemänner sich bei der Arbeit oder auf Geschäftsreisen befinden. Sie bieten Pamela Tee oder Kaffee an, lauschen geduldig ihrem Sprüchlein, werfen einen Blick auf den Prospekt, den sie später aufmerksam zu lesen versprechen, lehnen Bücher und DVDs höflich ab oder kaufen etwas »als kleine Spende«. Einige der Damen geben sich überrascht oder missbilligen sogar, dass Pamela der Sekte beigetreten ist, andere wiederum sind der Meinung, dass sie das Richtige getan habe, und machen ihr sogar Mut: »Jetzt bekommt Ihr Leben endlich einen Sinn«, »Besser, Sie tun so etwas als gar nichts«, oder auch: »Sie haben absolut recht: Die wahren Werte werden heutzutage nur noch mit den Füßen getreten.« Eine Nachbarin - die bigotte Rachel, die ständig in der Kirche hockt - scheint ganz besonders interessiert zu sein.
»Wie sind Sie Mitglied geworden? Kann ich der Organisation ebenfalls beitreten? Was muss ich dafür tun?«
»Ich werde mir Ihre Adresse notieren, dann wird sich jemand von der Göttlichen Legion mit Ihnen in Verbindung setzen. Wenn Sie sich zwischenzeitlich näher informieren möchten, kann ich Ihnen das Buch Gott spricht zu mir und die DVD Zeichen und Wunder empfehlen, die ausgesprochen aufschlussreich sind. Und Ihren Kindern könnten Sie Volunteers for America schenken. Vielleicht hilft die Musik dem Nachwuchs dabei, sich dem satanistischen Harsh zu entfremden.«
Im Gegensatz dazu zeigt sich Mrs. Fonda - Pamela hat ihren Namen auf dem Briefkasten gelesen - mehr als ablehnend. Obendrein riecht es in ihrem Wohnzimmer nach Zigarettenrauch, und Pamela hat sogar eine Kippe in einem Aschenbecher gesehen!
»Die Göttliche Legion? Haben Sie sich etwa dieser Bande von Verrückten angeschlossen?
Weitere Kostenlose Bücher