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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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als Mitglieder aufgenommen wurden.
    Pamela klingelt am Eingangstor. Eine Kamera richtet sich auf sie, dann kommt eine männliche Stimme aus den in die Torpfeiler eingelassenen Lautsprechern.
    »Sie wünschen?«
    »Guten Tag. Mein Name ist Pamela Hutchinson. Ich wohne in Eudora und möchte Ihnen gern einige kulturelle Angebote unterbreiten. Dürfte ich Ihnen zeigen, was ich mitgebracht habe?«
    »Ich kaufe nichts.«
    »Anschauen verpflichtet Sie zu nichts, Sir.«
    Mit einem leisen Klicken öffnet sich das Tor und gleitet auf gut geölten Schienen zur Seite. Pamela geht eine mit rosa Anti-Rutsch-Steinen gepflasterte Allee entlang, überquert eine große, geflieste Veranda und will gerade ein zweites Mal an der geschnitzten Eichentür klingeln, als sich diese wie von Zauberhand öffnet. Sie betritt ein mit rotem Samt ausgeschlagenes Vestibül, an dessen Wänden Bilder von nackten Körpern hängen. Nackte, wohin sie schaut, und zwar in allen nur möglichen lasziven Stellungen! Pamela reißt erschrocken die Augen auf. Herr im Himmel, wo ist sie da nur hingeraten?
    »Bitte hier entlang, gnädige Frau«, lässt sich die warme, kehlige Stimme des Mannes vernehmen. Durch eine Flügeltür mit geschliffenen Glasfenstern betritt Pamela ein sehr großes, mit viel Stil möbliertes Zimmer: schöne, alte Bücherregale, ein Teppich aus reiner Wolle, Ledersofas und tiefe, bequeme Sessel. Auch hier hängen Bilder, die allerdings noch sehr viel gewagter sind als die im Vestibül. Nein, nicht nur gewagter: Sie sind geradezu obszön. In einer beleuchteten Vitrine entdeckt Pamela eine Sammlung eindeutig als Sexspielzeug erkennbarer Objekte. Wie vor den Kopf geschlagen bleibt sie stehen. Der Mann erhebt sich aus einem hochlehnigen Sessel und kommt lässig auf sie zu. Er ist etwa fünfzig und trägt einen sehr eleganten, mit chinesischen Schriftzeichen bestickten Morgenmantel aus schwarzer Seide. Zwischen seinen Fingern hält er eine lange Zigarettenspitze, in der ein dünner Zigarillo steckt - Dinge, die in der gesamten Enklave strengstens verboten sind.
    »Nun, meine Dame, dann zeigen Sie mir doch bitte, was Sie an kulturellen Angeboten mitgebracht haben.«
    »Äh ... ich weiß nicht ...«
    Beunruhigt weicht Pamela einen Schritt zurück. Der Mann durchquert einen Lichtfleck, der durch eines der hohen Fenster ins Zimmer fällt. Pamela schlägt erschrocken eine Hand vor den Mund und erstickt einen kleinen Aufschrei. Sie kennt diesen Mann. An jenem schrecklichen Gewitternachmittag hat sie ihn in ihren Visionen gesehen. Ja, genau dieser Mann hat zusammen mit Anthony und einigen anderen Consuela die grässlichsten Dinge angetan! Und das alles hat sich hier in diesem Sündentempel abgespielt!
    »Aber Sie brauchen sich doch nicht zu fürchten, meine Liebe!«
    Er streckt ihr eine sorgfältig manikürte Hand mit lackierten Fingernägeln und einem goldenen Siegelring am Mittelfinger entgegen. Pamela bemüht sich nicht mehr, ihren Schrei zu ersticken. Blindlings dreht sie sich auf dem Absatz um, rennt hinaus ins Vestibül - und knallt gegen die fest verschlossene Tür. Der Mann tritt mit tröstend ausgebreiteten Armen auf sie zu.
    »Wovor haben Sie denn solche Angst, meine Beste? Ich tue Ihnen doch gar nichts!«
    »Lassen Sie mich gehen! Sie Monster! Sie Ausgeburt der Hölle!«
    »Immer mit der Ruhe, Pamela, immer mit der Ruhe...«
    Er kommt ihr so nah, dass er sie fast berührt. Mit voller Wucht schleudert sie ihm ihre Büchertasche ins Gesicht. Überrascht geht er zu Boden. Dabei entgleitet ihm eine kleine Fernbedienung. Die Tür!, denkt Pamela, reißt das Gerät an sich und drückt aufs Geratewohl irgendwelche Knöpfe. Und sie hat Glück. Mit leisem Klicken öffnet sich der schwere Eichentürflügel. Pamela hastet just in dem Moment hinaus, als der Mann sich mit blutender Nase aufrichtet.
    »Warten Sie, Pamela! So warten Sie doch!«
    Er läuft schneller als sie. Er wird sie einholen, ehe sie das Tor erreicht ... Hilf mir, Herr! Schenk mir Flügel!
    Und Gott erhört sie. Zwar schenkt er ihr keine Flügel, doch er lässt jemandem am Tor auftauchen, der ihrem Verfolger zuruft:
    »Lassen Sie sie zufrieden, Hartmann. Sie gehört zu uns.«
    Außer Atem und mit zitternden Knien erreicht Pamela das Tor. Vor ihr steht Bruder Ezechiel! Keuchend dreht sie sich um. Hartmann hat die Verfolgung aufgegeben und geht auf seine Haustür zu. Sein mit chinesischen Schriftzeichen bestickter, schwarzer Morgenmantel verschwindet im Halbschatten der Veranda.
    Pamela

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