Ödland - Thriller
eingeladen wird, kann das Programm schon fast auswendig hersagen.
Die letzte Nachricht ist eine SMS und besteht nur aus wenigen Worten:
»Hände weg von Burkina, sonst werden Sie es bereuen!«
Anthony kratzt sich am Kopf. Er ist eher neugierig als verärgert. Eine Drohung? Die seine Geheimoperation in Burkina Faso betrifft? Und die per Mail kommt?
Ich denke, ich sollte mit Cromwell darüber sprechen. Möglicherweise gibt es in seiner Organisation einen Maulwurf ...
Die Gnade Gottes
Ich lebte in Sünde mit einem verheirateten Mann, ich nahm Drogen, ich ging häufig in Bars und trank Alkohol - kurz: Ich war auf der schiefen Bahn. Eines Tages jedoch erschien mir Jesus auf der Toilette einer Bar, wo ich mir gerade einen Schuss setzen wollte, und sagte: »Das Leben in der Herrlichkeit Gottes oder der Tod in den Klauen des Teufels - du kannst wählen!« Und ich habe gewählt. Ich schloss mich der Göttlichen Legion an. Seither fühle ich mich um zehn Jahre jünger und habe keine Sorgen mehr.
Fallbericht von Jocelyn C., Houston, Texas
Pamela ist aufgeregt. Sie hat nur wenige Freunde und keine Erfahrung darin, Gäste zu empfangen, abgesehen von Rachel, ihrer frommen Nachbarin. Was Anthony angeht, so hat er es immer vorgezogen, seine Gäste in ein Restaurant in Lawrence einzuladen und manchmal auch in den Zweitwohnsitz nach Garden City, ehe dieser von Wilbur annektiert und später von einem Tornado zerstört wurde. Heute aber ist der große, lang erwartete Tag, an dem Pamela nicht weniger als elf Personen bei sich zu Hause begrüßen soll - die Hälfte des Führungsstabes der Göttlichen Legion, also sechs der zwölf Apostel, die Callaghan um sich geschart hat, die drei Konvertiten aus Eudora und natürlich Bruder Ezechiel. Wohl zum hundertsten Mal überprüft sie, ob alles in Ordnung ist, doch der Kaffee steht bereit, die Petits Fours sind hübsch auf silbernen Platten angeordnet, und ein von Pamela selbst gebackenes Brot liegt in eine makellos weiße Serviette eingewickelt in der Mitte des Tisches. Robert hat ihr versprochen, dass man bei ihr zu Hause kein Schaf schlachten würde; die drei neuen Auserwählten würden mit dem Reverend höchstpersönlich das Brot teilen und auf diese Weise aufgenommen werden. Der Fernseher ist auf Lord's Channel programmiert, den Sender der Göttlichen Legion, und stumm geschaltet. Tony Junior ist frisch gebadet und ganz in Weiß gekleidet, das Kruzifix hängt genau mittig justiert über dem Kamin - trotzdem rückt sie es noch einen Millimeter zurecht -, und das Videoüberwachungssystem ist abgeschaltet. Alles ist bereit, sie braucht nur noch zu warten. Zunehmend nervös trabt sie durch den Raum. Junior sitzt mit einem drohenden Lächeln auf den Lippen in seinem auf Hochglanz polierten Rollstuhl und stößt von Zeit zu Zeit unartikulierte Schreie aus.
»Weißt du, wer dich heute besuchen kommt, mein Liebling?« Pamela lächelt ihren Sohn an, kniet sich vor ihn hin und nimmt seine faltigen Hände in ihre. »Aber natürlich weißt du es. Wie dumm von mir! Du kannst ja meine Gedanken lesen.«
»Hi«, brabbelt Tony Junior und verzieht das Gesicht.
Die Türklingel läutet. Sie sind da! Mit klopfendem Herzen eilt Pamela zur Haustür. Aber es ist nur Bruder Ezechiel in Begleitung der drei neu aufzunehmenden Schäfchen. Es sind zwei Frauen - eine von ihnen ist Rachel - und ein sehr schüchterner, fast verlegener Mann. Ein wenig linkisch heißt Pamela sie im Haus des Herrn willkommen und überlässt es anschließend Bruder Ezechiel, ihnen zu erklären, was die Göttliche Legion genau tut, wen sie erwarten und was man von ihnen erwartet. Die drei hören zu, nicken, blättern in den Broschüren, die Pamela gut sichtbar auf dem Couchtisch ausgelegt hat, werfen ab und zu einen Blick auf den großflächigen Bildschirm des Fernsehers und beäugen ein wenig misstrauisch Tony Junior, der in seinem Rollstuhl freundlich vor sich hin sabbert. Pamela stellt ihnen ihren Sohn vor, ohne jedoch seine wahre Natur zu enthüllen; das würde Moses Callaghan übernehmen, falls er es zu tun wünschte.
Mit einer beachtlichen Verspätung auf den vereinbarten Zeitpunkt hört sie schließlich Reifen auf dem Kies der Auffahrt knirschen und Motoren im Hof surren. Auf ein Zeichen von Robert Nelson hin tritt Pamela auf die mit ionischen Säulen geschmückte Eingangsveranda hinaus, um ihrem Meister den Willkommensgruß zu entbieten.
Callaghans Auto ist leicht zu erkennen. Es handelt sich um einen weißen Cadillac, eine
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