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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Stretchlimousine mit einem Kreuz aus massivem Silber auf der Motorhaube und dunkel getönten Scheiben, deren Kennzeichen GOD 999 lautet. Der goldfarbene Buick der Apostel wirkt dagegen fast proletenhaft.
    Der Chauffeur der Stretchlimousine öffnet den Schlag. Callaghans hochgewachsene Gestalt windet sich heraus, entfaltet sich und geht mit langen Schritten auf die Marmorstufen der Veranda zu. Pamela beginnt zu zittern. Der Meister ist in Zivil. Er trägt einen einfachen, silberdurchwirkten Anzug, einen Stetson aus weißem Leder und purpurfarbene Cowboystiefel. Mit den knallblauen Augen, die tief in den Höhlen seines scharf geschnittenen Gesichts liegen, wirft er Pamela einen Blick zu, der sie fast ohnmächtig werden lässt. Er legt ihr eine große, knorrige Hand auf die Schulter und schenkt ihr ein Raubtierlächeln.
    »Der Friede Gottes sei mit dir, Schwester Salome. Dies ist also deine bescheidene Bleibe.« Er mustert die Zwölfhundert-Quadratmeter-Villa mit blasiertem Blick. »Wie ich gehört habe, wohnt hier die Gnade Gottes.«
    Wie geblendet und mit zugeschnürter Kehle bejaht Pamela die Frage mit einem heftigen Kopfnicken, ehe sie den Weg freigibt und Callaghan eintreten lässt. Seine Apostel folgen ihm. Vier von ihnen haben den Körperbau, den dunklen Anzug und die Ausbeulung unterhalb der Achsel, die typisch für Leibwächter sind.
    »Wo ist er denn, der junge Gesandte des Herrn?«, donnert Callaghan mit seiner Stentorstimme.
    Umgeben von seinem Areopag, den er um einen guten Kopf überragt, steht er breitbeinig mitten im Wohnzimmer. Dabei übersieht er völlig die Achtung und Ehrerbietung, die ihm die drei von seiner Statur beeindruckten Neulinge entgegenbringen.
    »Hier entlang, Meister ... äh, Reverend«, weist ihm Pamela mit bebender Stimme den Weg.
    Sie trippelt neben dem Riesen her und führt ihn zu Juniors Rollstuhl, der wie immer vor dem Fernseher steht.
    »Nun, junger Mann? Stimmt es, dass Gott mit dir spricht?«
    Tony hebt die Augen zum Gesicht des Reverends. Sein Mund verzieht sich zu einem geisterhaften Grinsen.
    »Äh ... der Junge kann nicht sprechen«, interveniert Pamela. »Er ... äh ... wie soll ich sagen ... er kommuniziert über den Geist. Durch Bilder!«
    »Aha. Ja, dann wollen wir mal sehen!« Moses hockt sich vor Tony hin und hakt den hellen Blick in die grauen, trüben Augen des Jungen. »Los, Kleiner. Schick mir ein Bild.«
    Einen Augenblick lang geschieht gar nichts. Robert Nelson fixiert Tony mit einer fast schmerzhaften Intensität, als wolle er sagen: »Enttäusche mich nicht!« Pamela ringt die Hände. Sie wagt kaum, sich vorzustellen, was geschehen würde, wenn Junior nichts täte und sich einfach damit begnügen würde, zu sabbern und Callaghan anzustarren, wie es oft die Art missglückter Klons ist. Das Treffen wäre verpatzt, und für ihre Karriere in der Göttlichen Legion würde es wohl einen herben Rückschlag bedeuten.
    Plötzlich zuckt Moses mit aufgerissenen Augen zusammen. Sofort scharen sich seine Leibwächter um ihn. Alle haben eine Hand unter dem Sakko. Einer der beiden anderen Apostel zieht eine Minicam aus der Tasche.
    »Oh, oh!«, stöhnt Callaghan mit gerunzelter Stirn. »Das hast du wirklich gesehen?«
    »Hi«, quietscht Tony.
    Der Reverend streckt den Kopf noch ein Stück weiter vor und starrt unverwandt in die Augen des Jungen, um sich sofort wieder stöhnend zurückzuziehen und den Kopf in den Händen zu vergraben. Über das holografische Feld des Fernsehers flimmern bunte Streifen; der Bildschirm erlischt. Alle Anwesenden verspüren eine Art elektrischer Spannung, als wäre unmittelbar neben ihnen ein Blitz eingeschlagen. Einer der Leibwächter wird nervös und zieht seine Waffe, weiß aber nicht, wohin er sie richten soll.
    »Könnte mir mal jemand erklären, was hier vor sich geht?«, fragt Rachel in klagendem Tonfall.
    »Ruhe!«, zischt Nelson sie mit zusammengebissenen Zähnen an.
    Rachel bekommt es mit der Angst zu tun. Hastig verlässt sie das Zimmer. Man hört, wie die Eingangstür hinter ihr ins Schloss fällt, doch niemand achtet darauf. Alle konzentrieren sich auf das intensive, stumme Zwiegespräch zwischen Tony und Callaghan. Der Reverend ist inzwischen auf die Knie gefallen. Er schwitzt, und die Augen treten ihm aus den Höhlen, doch er lässt nicht locker. Junior schneidet Grimassen wie ein Affe und zeigt seine gelblichen Zähne.
    »Oh!«, ruft Moses. »Ich sehe es. Jetzt sehe ich es!«
    »Tony«, mahnt Pamela, »bitte tu dem Reverend nicht

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