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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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weh!«
    »Er tut mir nicht weh, Schwester Salome«, presst Callaghan mit erstickter Stimme hervor. »Er zeigt mir ... den Weg ...« Plötzlich wirft er sich nach hinten und stößt mit verkrampften Händen und zusammengepressten Kinnladen einen lauten Schrei aus. »Jaaaa! Der Weg des Herrn!«
    »Reverend? Geht es Ihnen gut?«, erkundigt sich der Apostel mit der Minicam besorgt.
    Moses streift ihn mit einem zerstreuten Blick. Weil sie nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen, drängen die Leibwächter die Anwesenden ein Stück zurück. Dabei richtet einer von ihnen zufällig seine Waffe auf Tony. Sofort stößt er einen gellenden Schrei aus und lässt die Pistole auf den Teppich fallen.
    »Verdammt, meine Hand! Das tut tierisch weh!«
    Callaghan richtet den Blick zunächst auf den Mann, der sich das Handgelenk hält und mit schmerzverzerrtem Gesicht die schlaffen Finger schüttelt, und dann auf Tony, dessen durchdringende Augen ihn fixieren. Er versteht. Ein bösartiges Lächeln umspielt seine Lippen.
    »Das ist gut! Sehr gut sogar!« Er steht auf, streckt die Hand aus und fährt Junior durch die spröden Haare. »Junger Mann, ich glaube, wir verstehen uns perfekt. Wir beide, wir werden eine fruchtbare Unterhaltung führen.«
    Junior stößt einen lauten Seufzer aus, wobei er einige Speicheltröpfchen versprüht. Der Kopf sinkt ihm auf die Brust. Verblüfft betrachtet der Leibwächter seine Hand und bewegt die Finger: Sie sind völlig in Ordnung. Er hebt die Pistole auf und verstaut sie unter dem Jackett.
    »Was hat er mit Ihnen gemacht, Reverend?«, fragt der unruhige Apostel, ein kleiner Mann mit Glatze und Brille, der ein wenig wie ein Buchhalter aussieht. »Und was hat er Ihnen gesagt?«
    »Es waren ... sehr persönliche Dinge«, antwortet Callaghan ausweichend.
    »Aber es ist doch Gott, der durch ihn spricht, oder?«, will Nelson wissen.
    Der Reverend betrachtet ihn blinzelnd, als ob er ihn nicht kenne oder die Frage nicht verstanden hätte.
    »Wie? Ach so, ja, ja natürlich! In diesem kleinen Kopf ist unser Herr zu Hause.« Erneut fährt er mit der Hand durch Tonys verstrubbelten Schopf. »Gewiss lebt er auch in uns anderen, das dürfen wir nie vergessen. Und er übermittelt an jeden von uns seine Botschaften. Er spricht unsere Seelen an, denn er weiß alles und sieht alles.« Moses streckt die Arme in die Höhe. Sie berühren beinahe die Zimmerdecke. »O Herr, erlöse uns von dem Übel, erlöse uns von der Sünde und zeige uns den Weg in dein Licht, damit dein tausendjähriges Reich endlich anbrechen kann. Wir, die Armee der Gerechten, wir hören auf dich, o Herr. Wir gehorchen dir, und wir dienen dir. Geheiligt werde dein Name, und dein Reich komme, wie im Himmel, so auf Erden.«
    »Amen«, fallen die hingerissen lauschenden Anwesenden ein.
    »Du«, ruft Callaghan und weist mit seiner klauenartigen Hand auf Tony, »du wirst von jetzt an unser Sprachrohr sein, denn Gott offenbart sich durch dich.«
    »Aber er kann doch nicht sprechen«, wendet Pamela leise ein.
    »Er spricht zu mir. Ich werde weitergeben, was er mir sagt. Unwissendes Weib, ist dir denn immer noch nicht klar, dass du dem Heiligen Geist selbst das Leben geschenkt hast? Oh! Die Wege Gottes sind unergründlich, doch er hat mir die Gnade gewährt, sie zu erkennen. Die Göttliche Legion ist der bewaffnete Arm des Herrn, und dieser Knirps hier ist ihr oberster General.«
    Erneut werden Pamelas Knie weich. Was sie hier erlebt, übersteigt all ihre Hoffnungen und verwegensten Träume. O Gott, würde sie den Anforderungen überhaupt genügen? Denn wenn Tony der Heilige Geist ist, dann muss sie ... ja, sie muss die Jungfrau Maria sein. Natürlich! Sie hat Tony auf die Welt gebracht, ohne zuvor den körperlichen Akt zu vollziehen! Oh! Herr im Himmel - es ist also wahr! Ihr wird schwindelig. Alles ringsum beginnt sich zu drehen. Sie sinkt in Nelsons bereitwillig ausgestreckte Arme.
    »Fassen Sie sich, Schwester Salome. Alles wird gut gehen, Sie werden schon sehen.«
    »Mein Gott, Bruder Ezechiel, ich weiß nicht, ob ich das kann ... ob ich das schaffe...«
    Callaghans große Pranke legt sich erneut auf ihre Schulter.
    »Aber gewiss doch, Schwester Salome - du schaffst es, du kannst es, und du musst es tun. In deinem Haus wohnt der Heilige Geist. Von heute an wirst du ihm dein ganzes Leben weihen, jede deiner Handlungen und jeden deiner Gedanken. Du wirst aus diesem Haus, das ebenso heilig ist wie der Stall von Bethlehem, einen Schrein machen. Kein

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