Ödland - Thriller
Geduld, die Soldaten zerschmelzen fast in ihren Uniformen, und Fatimata, die den Horizont beobachtet, sieht nichts als die endlose Straße und wirbelnde Staubteufel. Irgendwann ist ein Auto mit dem Logo einer Mietwagenagentur in Abidjan vorbeigekommen. Der Fahrer war ein großer Schwarzer in dunklem Anzug und Sonnenbrille; außer ihm saßen noch vier weitere Typen im Auto, die irgendwie unruhig wirkten. Der große Schwarze, der ausschließlich Englisch sprach, erklärte, aus dem Norden gekommen zu sein, ohne genauere Angaben zu machen. Seither ist, abgesehen von ein paar Fußgängern und Radfahrern, niemand mehr vorbeigekommen. Die Straße nach Djibo wird kaum mehr befahren.
Während sich die Sonne orangefarben und aufgeblasen wie eine Lavakugel anschickt, hinter den kahlen Hügeln unterzugehen, erhebt sich auf der Straße ein neuerlicher, rötlicher Staubwirbel - noch weit entfernt zwischen den kahlen Hügeln. Fatimata, die auf einem der Liegestühle vor sich hingedöst hat, richtet sich abrupt auf. Der gesamte Führungsstab wendet sich aufmerksam der Straße zu. In die gelangweilte Menschenmenge kommt wieder Leben. Die Soldaten wachen aus ihrer Lethargie auf, reihen sich ins Glied ein und schultern ihre Waffen. Die Wolke wird größer und kommt näher. Schon bald ist das Rattern eines müden Motors zu hören. Und dann taucht am Ausgang der Kurve ein großer Lastwagen mit Anhänger auf, rot vom staubigen Laterit, die leicht eingedrückte Motorhaube mit einem Kuhfänger geschützt und mit zahllosen Einschlägen auf der Windschutzscheibe. Auf den Türen und den Seiten des Anhängers steht in großen Lettern: S AVE O UR S ELVES .
»Sie sind es!«
Der Ruf eilt von Mund zu Mund und breitet sich aus wie ein Lauffeuer. Die Menge wird unruhig und versucht, die Soldaten zu überrennen, um möglichst dicht an den Lkw zu kommen. Alle, die noch graben, hören auf, stellen Schaufeln und Pickel ab und rennen in Richtung Straße.
Als der Mercedes schließlich wenige Meter vor der Soldatenkette anhält, die sich bemüht, der drängenden Menschenmenge Herr zu werden, ergießt sich eine Horde rot verstaubter Zombies auf die Straße und rennt in wildem Durcheinander auf den Lastwagen zu. Die von beiden Seiten bedrängten Soldaten drohen, die Kontrolle zu verlieren. An der Spitze seiner Abteilung marschiert Abou, sekundiert von seinem Kumpel Salah, schnurstracks zum Lkw, stößt die aufdringlichsten Drängler mit dem Gewehrkolben zurück und macht den Insassen des Führerhauses ein Zeichen, auszusteigen. Die Militärs begleiten Laurie und Rudy, die wie versteinert wirken, zu dem Zelt auf dem Hügel. Hinter ihnen reißt die Kette der Soldaten, die auf der einen Seite von den Einwohnern von Kongoussi bedrängt und auf der anderen Seite von der wie entfesselt aus dem Seegelände auf die Straße stürmenden Menge vernichtet wird. Es kommt zu Tumulten. Es hagelt Schreie, Flüche und Schläge. Einige Schüsse sind zu hören. Die Menschenflut brandet gegen die Seiten des Lkw, dessen Türen glücklicherweise abgeschlossen sind. Allerdings nur die Türen, nicht jedoch der hinter dem Führerhaus angebrachte Wassertank. Er wird zum neuralgischen Punkt des Gerangels. Man brüllt, schreit sich an, versucht zuzugreifen und schmettert sich gegenseitig Eimer und Kanister ins Gesicht. Schnell ist der Tank leer. Das Wasser sprudelt, warm und abgestanden, aber so gut und so wertvoll! Anschließend muss der Ethanol-Tank dran glauben. Der Treibstoff mischt sich mit dem Wasser, das sich auf die Straße ergießt und sofort vom trockenen Staub aufgesogen und von Dutzenden von Eimern und weit geöffneten Mündern sehnsüchtig erwartet wird.
Von der Anhöhe aus beobachten Laurie und Rudy fassungslos den Tumult. Nachdem die Menschen die Soldaten zunächst überrannt hatten, hat sich die Abteilung rasch wieder gesammelt und neu aufgestellt. Jetzt umringen sie das Kampfgetümmel, das sie mit aller Gewalt und Kolbenstößen zu teilen versuchen, um den Lkw zu erreichen und Plünderungen vorzubeugen. Nachdem die Wasservorräte und das Ethanol erschöpft sind, beruhigen sich die Kampfhähne allmählich. Die Menge zerstreut sich. Diejenigen, denen es gelungen ist, ein paar Tropfen zu ergattern, nehmen die Beine in die Hand. Sie werden von denen verfolgt, die nichts abbekommen haben. Schon bald sind die Soldaten wieder Herr der Lage und umringen den Mercedes mit einem dreifachen Ring aus Uzis. Dass tatsächlich scharf geschossen wurde, beweisen einige liegen
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