Ödland - Thriller
diesem Zweck zum Gefreiten befördert hat, fungiert als Leibwache für die angetretenen Honoratioren.
Alle Regierungsmitglieder tragen eine schwarze Armbinde zum Zeichen der Trauer um Premierminister Issa Coulibaly, der bei der Explosion des Geiers, der ihn von Abidjan nach Hause bringen sollte, in der vergangenen Woche auf tragische Weise ums Leben kam. Noch immer kann man sich die Gründe für diese Explosion nicht erklären. Das Flugzeug war eben erst gewartet worden und hatte sich als durchaus funktionstüchtig erwiesen, doch kurz vor Beginn des Sinkflugs auf den Flugplatz von Ouaga, bei ruhigem, klarem Wetter - Bumm! Der Geier löste sich im wahrsten Sinn des Wortes in Luft auf. Niemand überlebte. Selbst die Blackbox wurde nicht wiedergefunden.
Auf der Straße drängen sich die gesündesten Einwohner von Kongoussi, die aus der Gerüchteküche oder über den Lokalsender La Voix des Lacs von der Ankunft erfahren haben. Viele von ihnen haben Eimer oder Kanister dabei, als ob der Lastwagen Wasser bringen würde und nicht bloß die Ausrüstung, um danach zu bohren.
Im staubigen Becken des ehemaligen Sees, das von zerstörten Zäunen und durchgeschnittenen Stacheldrahtbegrenzungen umgeben ist - irgendwann musste die überforderte Abteilung aufhören, das Gelände zu verteidigen -, ist eine provisorische Lagerstadt aus Zelten, Planen und an Ästen oder Pfosten notdürftig befestigten Decken entstanden, die man zwischen mehr oder weniger hohen Haufen aus rötlicher Erde errichtet hat. Beim leisesten Windstoß erhebt sich eine Staubwolke und sorgt dafür, dass alles mit einer gleichfarbigen Schicht bedeckt wird. Inmitten der ewigen Staubwolke graben noch immer einige Hundert arme Teufel, von denen viele von weit her kommen und alles im Stich gelassen haben, um nach Wasser zu suchen; sie opfern sich für einen unerreichbaren Traum.
Unter dem Zelt ist alles für eine einfache, aber offizielle Zeremonie vorbereitet. Yaméogo schlug vor, die Blaskapelle der Militärschule aufmarschieren zu lassen, doch Fatimata lehnte mit dem Argument ab, dass der Empfang mit einer Blaskapelle nach einer derartigen Reise möglicherweise etwas stressig wäre. Étienne Zebango hätte gern den roten Teppich ausgerollt, doch auch gegen diesen Ehrenbeweis hatte Fatimata etwas, weil die Abgesandten von SOS keine Staatschefs seien. Schließlich einigte man sich auf Liegestühle, kühle Getränke und einen Imbiss mit lokalen Spezialitäten. Alimatou Zebango hatte ihre liebe Not, die nötigen Zutaten auf dem Markt zu finden, ist mit ihrem Hirsebrei und der Okrasauce aber ganz zufrieden. Fatimata hat eine Begrüßungsrede vorbereitet, Claire Kando ein Expose über Ressourcen und Wasserbedarf, Keita einen Entwurf des zukünftigen Bewässerungssystems und Moussa einen Plan der Baustelle mit einem Querschnitt durch die zu durchbohrenden Erdschichten.
Laurie und Rudy haben ihr Kommen vom Satellitentelefon ihres Gastgebers aus angekündigt. Der amghar der Kel Cherifen beherbergte sie in seinem Biwak am Fuß des Mont Sounfal. Danach brauchten sie nur noch das Gebiet der Fulbe zu durchqueren und schätzten, Kongoussi am späten Nachmittag des Folgetages erreichen zu können, falls die Tuareg sie nicht für ein tindé oder den Besuch bei einem Ahnen zurückhielten, sie nicht auf der berüchtigten Straße zwischen Mopti und Gao angegriffen wurden und die Fulbe, die nach dem Tod ihrer Herden auf Bettelei angewiesen waren, sie nicht in einen Hinterhalt lockten. Laurie sprach selbst mit der Präsidentin; sie drückte sich zwar sehr höflich und gewählt aus, aber Fatimata spürte genau, wie erschöpft und entmutigt sie sein musste. Arme Kleine, dachte sie in einer mütterlichen Gefühlsregung. Wir sollten versuchen, ihr nach diesem Kraftakt einen möglichst herzlichen Empfang zu bereiten. Aus diesem Grund hat sie sich entschlossen, den Konvoi höchstpersönlich im Kreise ihrer Würdenträger auf der Straße nach Djibo zu erwarten und die Geschicke des Landes derweil in die Hände von Victor Kawongolo zu legen, der neben seiner Funktion als Verteidigungsminister vorübergehend auch die Aufgaben des Premierministers übernommen hat und für seine unbeugsame Rechtschaffenheit bekannt ist.
Die Stunden vergehen nur langsam. Die Gespräche ziehen sich hin, der solarbetriebene Kühlschrank surrt und gluckert, und langsam geht die Sonne unter. Moussa beschäftigt sich mit seinen Plänen, Claire mit ihren Zahlen, die Menschenmenge auf der Straße wappnet sich mit
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